Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Abänderung eines Vergleichs zwecks Unterhaltsbefristung
Leitsatz (amtlich)
1. Auch nach der Entscheidung BGHZ 186, 1 (Urt. v. 26.5.2010 - XII ZR 143/08, FamRZ 2010, 1238 = NJW 2010, 2349), die auch auf das neue, für seit dem 1.9.2009 eingeleitete Verfahren geltende Verfahrensrecht anzuwenden ist, reicht allein die im Vorverfahren nicht thematisierte Geltendmachung des Befristungseinwands nach § 1578b Abs. 2 BGB nicht aus, um die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Verfahrens auf Abänderung eines Vergleichs nach § 239 FamFG zu erfüllen. Dieses ist vielmehr nur eröffnet, wenn der Antragsteller tatsächliche oder rechtliche Änderungen geltend macht, die im Falle ihres Zutreffens eine Abänderung des Titels rechtfertigen, also nach den materiell-rechtlichen Regeln über die Störung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) begründen.
2. Zur Beachtlichkeit bislang nicht berücksichtigter Alttatsachen im Unterhaltsabänderungsverfahren.
Normenkette
FamFG § 239 Abs. 1 S. 2; BGB § 1578b Abs. 2, § 313 Abs. 1, § 1578b Abs. 2 S. 1; ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 05.08.2011; Aktenzeichen 606 F 805/11) |
Tenor
Der Antragsteller wird darauf hingewiesen, dass seine Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 5.8.2011 nach vorläufiger Beurteilung durch den Senat keinen Erfolg haben dürfte.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Abänderung nachehelichen Ehegattenunterhalts.
Die Beteiligten sind rechtskräftig geschiedene Ehegatten. Ihre am 19.12.1997 geschlossene Ehe blieb kinderlos; beide Ehegatten haben jedoch jeweils aus erster Ehe je zwei volljährige Kinder. Nach der im September 2006 erfolgten Trennung wurde die Ehe auf den der Antragsgegnerin am 14.3.2008 zugestellten Antrag des Antragstellers durch Urteil des AG - Familiengericht - Burgwedel vom 4.11.2008 geschieden (41 F 36/08); die Rechtskraft hinsichtlich des Scheidungsausspruchs trat noch am selben Tage ein.
In der mündlichen Verhandlung des Scheidungsverfahrens vom 4.11.2008 schlossen die Beteiligten hinsichtlich der von der Antragsgegnerin erst im Termin anhängig gemachten Folgesache Nachehelicher Ehegattenunterhalt folgenden Vergleich:
Der Ehemann zahlt beginnend ab Rechtskraft der Ehescheidung an die Ehefrau nachehelichen Ehegattenunterhalt i.H.v. monatlich 321 EUR jeweils zum 3. eines jeden Monats im Voraus.
Die Parteien gehen bei dieser Einigung von den gegenseitigen Rentenansprüchen aus und einem Zuverdienst der Ehefrau i.H.v. monatlich 140 EUR. Insoweit versichert die Ehefrau, dass sie keinen höheren Zuverdienst als 140 EUR derzeit erzielt.
Beide Ehegatten bezogen zu diesem Zeitpunkt bereits Altersrente, der Ehemann eine solche aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 935,96 EUR sowie eine Betriebsrente der Versorgungseinrichtung der Ü. e.V. von 689,33 EUR, die Ehefrau eine gesetzliche Rente i.H.v. 695,94 EUR sowie eine Betriebsrente der S. Schuhhandelsgesellschaft mbH von 19 EUR. Aus einer Tätigkeit als Betreuerin erzielte sie den vorgenannten Zuverdienst von monatlich 140 EUR. Durch den im Scheidungsurteil geregelten Versorgungsausgleich wurden der Ehefrau sodann zugunsten ihrer gesetzlichen Rente im Wege des Splitting in Entgeltpunkte umzurechnende Anwartschaften von 44,49 EUR monatlich sowie im Wege des erweiterten Splitting von 20,33 EUR monatlich übertragen.
Mit seiner am 18.2.2011 bei dem AG - Familiengericht - Hannover eingegangenen verfahrenseinleitenden Antragsschrift begehrte der Antragsteller nunmehr erstmalig eine Befristung dieses titulierten Ehegattenunterhalts zum Ende des laufenden Monats Februar 2011, hilfsweise zu einem angemessenen späteren Zeitpunkt. Er bezog sich hierbei ausdrücklich auf die Entscheidung des BGH v. 26.5.2010 - XII ZR 143/08 - (FamRZ 2010, 1238), wonach ein Prozessvergleich, in dem die Parteien erstmals nachehelichen Ehegattenunterhalt regelten, mangels ausdrücklicher Bestimmungen zu einer Befristung im Zweifel dahingehend auszulegen sei, dass die Parteien eine spätere Befristung offen halten wollten. Eine dahingehende Abänderung des Vergleichs sei insoweit auch ohne eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und ohne Bindung an den Vergleich möglich. Die Antragsgegnerin habe auch keine ehebedingten Nachteile erlitten, denn beide Beteiligten seien während der kinderlosen Ehe, die für beide Ehegatten jeweils bereits die zweite Ehe gewesen sei, auch weiterhin bis zum Renteneintritt ihrer Berufstätigkeit nachgegangen. Hinsichtlich der Ehezeit habe die Antragsgegnerin im Übrigen bereits durch den Versorgungsausgleich an seinen höheren Einkünften partizipiert. Auch der Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität gebiete hier keine längere Unterhaltszahlung, denn er habe der Antragsgegnerin seit Rechtskraft der Scheidung bereits 2 ¼ Jahre nachehelichen Unterhalt gezahlt.
Die Antragsgegnerin vertrat demgegenüber die Auffassung, das Abänderungsbegehren sei bereits unzulässig, weil eine Änderung der dem Vergleich zugru...