Leitsatz (amtlich)
Bei einem Teilfreispruch sind gezahlte Pflichtverteidigergebühren nur im anteiligen Verhältnis von Freispruch zu Verurteilung auf die zu erstattenden Wahlverteidigergebühren anzurechnen.
Tenor
Die dem Angeklagten aufgrund des Urteils der 2. großen Strafkammer des Landgerichts ....... vom 4. November 2003 aus der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen werden auf 320,86 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs seit dem 4. März 2004 festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Angeklagte nach einem Wert von 542,84 EUR zu tragen. Die Beschwerdegebühr wird jedoch um drei Fünftel ermäßigt. In diesem Umfang hat die Landeskasse auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Beschwerdeverfahren zu tragen.
Gründe
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten am 4. November 2003 wegen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt, ihn im Übrigen vom Vorwurf des schweren Bandendiebstahls in vier Fällen freigesprochen. Im Umfang der Freisprechung hat das Landgericht die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse auferlegt.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 3. März 2004, bei Gericht eingegangen am 4. März 2004, hat der Angeklagte beantragt, seine notwendigen Auslagen hinsichtlich des Freispruchs gegenüber der Landeskasse auf 542,84 EUR festzusetzen. Er ist der Auffassung, er könne jeweils vier Fünftel der entstandenen Gebühren zuzüglich Umsatzsteuer verlangen abzüglich gezahlter Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 645 EUR.
Das Landgericht - Rechtspfleger - hat den Antrag entsprechend der Stellungnahme des Bezirksrevisors mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen, weil die auf den Freispruch entfallenden Auslagen nach der so genannten Differenztheorie zu ermitteln und um die gezahlten Pflichtverteidigergebühren gemäß § 100 BRAGO zu kürzen seien. Da sich die fiktiven ausscheidbaren Kosten vorliegend auf 557,50 EUR errechneten und die gezahlten Pflichtverteidigergebühren von 645 EUR diesen Betrag überstiegen, seien keine ausscheidbaren Auslagen festzusetzen.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der sofortigen Beschwerde, mit der er weiterhin die Festsetzung gemäß Antrag vom 3. März 2004 begehrt.
II.
Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
1.
Im Ausgangspunkt schließt sich der Senat der Auffassung des Landgerichts - Rechtspflegers - und des Bezirksrevisors an, wonach bei einem Teilfreispruch der Erstattungsanspruch nach der Differenzmethode zu berechnen ist (so die ganz herrschende Meinung, vgl. nur Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., Rdnr. 2 zu § 464 d m.w.N.). Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht im Falle einer Anklage nur wegen der abgeurteilten Tat von Mittelgebühren gemäß § 84 Abs. 1 BRAGO in Höhe von 177,50 EUR, gemäß § 83 Abs. 1 Satz 2 BRAGO in Höhe von 355 EUR und gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO in Höhe von 190 EUR ausgegangen ist, sodass sich zu den vom Verteidiger bestimmten angemessenen Gesamtgebühren von 340 EUR, 650 EUR und 290 EUR eine Differenz von insgesamt 557,50 EUR an ausscheidbaren, auf die Freisprüche entfallenden Kosten ergibt.
2.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts - Rechtspflegers - und des Bezirksrevisors ist der Erstattungsanspruch nach § 100 Abs. 1 Satz 2 BRAGO jedoch nicht um die aus der Staatskasse gezahlten Pflichtverteidigergebühren in voller Höhe zu kürzen. Dies erscheint nicht sachgerecht, weil die Pflichtverteidigergebühren sowohl den verurteilenden als auch den freisprechenden Teil betreffen (ebenso OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999, 64; LG Offenburg StV 1995, 309 f.; vgl. auch Löwe/Rosenberg/Hilger, StPO 25. Aufl. § 465 Rdnr. 42 a. E.).
Die Gegenauffassung (HansOLG Hamburg Rechtspfleger 1999, 413 f.; SaarlOLG Rechtspfleger 2000, 564 f.) wird insbesondere dem Grundgedanken des § 465 Abs. 2 StPO nicht gerecht, nach dem der Angeklagte von allen Mehrkosten einschließlich seiner eigenen notwendigen Auslagen freigestellt werden soll, die durch den Anklagevorwurf, der sich nach erfolgtem Freispruch als unberechtigt erwiesen hat, veranlasst worden sind. Denn regelmäßig übersteigen die für das gesamte Verfahren berechneten Pflichtverteidigergebühren den nach der - landeskassenfreundlichen - Differenzmethode für den freizusprechenden Teil ermittelten fiktiven Erstattungsanspruch. Im Ergebnis würde deshalb die Auslagenentscheidung des Gerichts in diesen Fällen regelmäßig leer laufen. Ebenso würde die von § 100 Abs. 1 BRAGO beabsichtigte Gleichstellung des Pflichtverteidigers mit dem Wahlverteidiger in diesen Fällen gerade nicht erreicht.
Der Wortlaut des § 100 Abs. 1 Satz 2 BRAGO steht der hier vertretenen Auslegung jedenfalls nicht entgegen. Die Gesetzesformulierung, der Anspruch entfällt insoweit, als die Staatskasse Gebühren gezahlt hat, lässt gerade offen, ob damit schlechthin alle gezahlten Gebühren gemeint sind oder nur jene, die auf den freisprechenden Teil entfallen (vgl...