Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfreiheit der Anhörungsrüge im Verfahren nach dem Gerichtskostengesetz
Leitsatz (amtlich)
Für die Anhörungsrüge nach § 69a GKG fallen wie für das Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nach § 66 GKG keine Gerichtsgebühren an; insbesondere ist Nr. 1700 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu 3 3 Abs. 2 GKG nicht einschlägig.
Normenkette
GKG § 69a; GKG-KV Nr. 1700
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Beschluss vom 12.06.2012; Aktenzeichen 2 O 223/11) |
Tenor
Auf die Erinnerung des Kostenschuldners vom 25.6.2012 werden die Schlusskostenrechnung der Kostenbeamtin des OLG Celle vom 3.5.2012 und die darauf beruhende Kostenrechnung des LG Lüneburg vom 12.6.2012 (Kassenzeichen ...) aufgehoben.
Die Entscheidung ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Mit Beschlüssen vom 17.4.2012 hatte der Senat in den Verfahren 2 W 64/12 und 2 W 65/12 über die nach § 69a GKG erhobenen Gehörsrügen des Antragstellers entschieden und als unzulässig verworfen, ohne eine Kostenentscheidung zu treffen. Mit Schlusskostenrechnung vom 3.5.2012 hat die Kostenbeamtin des OLG Celle für die Gehörsrügen gem. Nr. 1700 der Anlage 1 zu
§ 3 Abs. 2 GKG (im Folgenden: KV-GKG) jeweils eine Gebühr von 50 EUR und für Zustellungskosten 3,50 EUR angesetzt, insgesamt also 103,50 EUR. Dem entsprechend ist dem Antragsteller vom LG Lüneburg die Kostenrechnung vom 12.6.2012 (Kassenzeichen ...) über 103,50 EUR übersandt worden. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25.6.2012 Erinnerung eingelegt.
Die Erinnerung des Kostenschuldners hat in vollem Umfang Erfolg und führt zur Aufhebung der Schlusskostenrechnung der Kostenbeamtin des OLG Celle vom 3.5.2012 und der Kostenrechnung des LG Lüneburg vom 12.6.2012 (Kassenzeichen ...). Die Kostenbeamtin des OLG und ihr folgend der Bezirksrevisor des OLG verkennen, dass ein Gebührentatbestand, nach dem der Antragsteller Kosten für die Gehörsrügen zu tragen hätte, nicht existiert.
§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 2 GKG bestimmen, dass Kosten nur in den genannten Fällen nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG erhoben werden können. Das Kostenverzeichnis regelt daher, ob und welche Kosten für den fraglichen Vorgang entstehen. Ist ein Vorgang im Kostenverzeichnis nicht geregelt können auch keine Gebühren erhoben werden. Für Gerichtskosten gilt ein Analogieverbot (vgl. BSG NZBau 2010, 777).
Insofern hat die Kostenbeamtin des OLG übersehen, dass das Kostenverzeichnis zum GKG einen Gebührentatbestand, nach dem im Falle der Verwerfung oder Zurückweisung einer Gehörsrüge nach § 69a GKG Kosten anfallen können, nicht vorsieht. Die von der Kostenbeamtin in Bezug genommene Nr. 1700 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG betrifft einen im Streitfall nicht einschlägigen Sachverhalt. Dort ist geregelt, dass im Falle der Verwerfung oder Zurückweisung einer Gehörsrüge nach § 321a ZPO auch i.V.m. einzelnen konkret bezeichneten Gesetzen eine Festgebühr i.H.v. 50 EUR zu zahlen ist. Im Streitfall hat der Antragsteller indes keine Gehörsrüge nach § 321a ZPO eingelegt, sondern eine Gehörsrüge nach § 69a GKG. Das Ausgangsverfahren war ein Erinnerungsverfahren nach § 66 Abs. 1 GKG und damit ein Verfahren, dass sich nicht einmal nach der ZPO richtete. Der Gesetzgeber hat ganz bewusst davon abgesehen, einen allgemeinen Tatbestand zu schaffen, nach dem in allen Fällen der Verwerfung oder Zurückweisung von Gehörsrügen Kosten zu zahlen sind. Vielmehr hat der Gesetzgeber für jedes einzelne Verfahren wegen der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs im Kostenverzeichnis geregelt, ob Kosten anzusetzen sind, so etwa in Nr. 5200 KV-GKG für die Verfahren vor den VG nach § 152a VwGO und Nr. 6400 KV-GKG für die Verfahren vor den FG nach § 133a FGO. Nachdem das Gesetz im Kostenverzeichnis Kosten für ein erfolgloses Verfahren nach § 69a GKG nicht vorsieht, können auch keine Kosten angesetzt werden.
Deshalb hat der BFH in seinem Beschluss vom 11.1.2006 mit Recht für die Verfahren vor den FG entschieden, dass für eine Anhörungsrüge gegen die Entscheidung über eine Kostenerinnerung keine Gerichtskosten entstehen, weil Nr. 6400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG für § 69a GKG im Gegensatz zu § 133a FGO keinen Kostentatbestand vorsieht (BFH/NV 2006, 956). Für die Zivilgerichtsbarkeit kann nichts anderes gelten (vgl. auch Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, Gerichtskostengesetz, Gesetzüber Gerichtskosten in Familiensachen, Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz,
2. Aufl., GKG Rz. 69a Rz. 4; a.A. und nicht überzeugend Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., § 69a GKG Rz. 49, der ohne jede Begründung Nr. 1700 KV-GKG direkt anwendet).
Eine Kostenlast für Verfahren nach § 69a GKG wäre auch systematisch nicht nachvollziehbar. Erhebt ein Kostenschuldner nach § 66 Abs. 1 GKG Erinnerung gegen einen Kostenansatz und legt er gegen den seine Erinnerung zurückweisenden Beschluss erfolglos Beschwerde ein, sind nach § 66 Abs. 8 GKG beide Verfahren gerichtsgebührenfrei, obschon der Kostenschuldner in beiden Verfahren unterlegen...