Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § Abs. 3; Zpo § 261 Abs. 3 Nr. 2; ZPO § 281 Abs. 2 S. 5; GVG § 23 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 4 O 122/02) |
AG Hannover (Aktenzeichen 517 C 10842/02) |
Nachgehend
Tenor
Das AG wird als das zuständige Gericht bestimmt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
Das OLG Celle ist zur Bestimmung der Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berufen. Das AG H. war als das zuständige Gericht zu bestimmen, denn der Verweisungsbeschluss des LG H. vom 19.7.2002 entfaltet gem. § 281 Abs. 2 S. 5 ZPO Bindungswirkung.
I. Amts- und LG streiten über ihre sachliche Zuständigkeit.
Mit Mahnbescheidsantrag vom 3.1.2002 hat der Kläger eine Hauptforderung aus verschiedenen Rechnungsbeträgen geltend gemacht i.H.v. 5.397,19 Euro.
Dieser Antrag wurde der Beklagten am 7.3.2002 zugestellt, die am 26.3.2002, beim AG eingegangen am 28.3.2002, hiergegen Widerspruch eingelegt hat. Dessen ungeachtet erging am 4.4.2002 Vollstreckungsbescheid entspr. dem Mahnbescheidsantrag. Nachdem die Beklagte am 19.4.2002, eingegangen beim AG am 22.4.2002, auf den bereits erhobenen Widerspruch hinwies, hat das AG den Rechtsstreit an das LG ‚ das als Abgabegericht im Mahnbescheidsantrag angegeben war, abgegeben, wobei die Akten beim LG am 26.4.2002 eingegangen sind.
Mit Klagbegründung vom 10.7.2002 (Bl. 28 GA) beantragte die Klägerin nunmehr nur noch Verurteilung i.H.v. 5.397,19 Euro abzgl. am 6.1.2002 gezahlter 1.984,99 Euro und abzgl. am 24.1.2002 gezahlter 3.158,62 Euro sowie i.Ü. den Rechtsstreit für erledigt zu erklären, sodass der begehrte Zahlungsbetrag nur noch einen Rest von 253,58 Euro ausmacht.
Nach Hinweis der Berichterstatterin beim LG vom 15.7.2002 (Bl. 53 GA), dass das LG sachlich nicht mehr zuständig sei, beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 18.7.2002 (Bl. 49 GA) Verweisung zum AG, dem die Beklagte ausweislich des Vermerks der Berichterstatterin vom 19.7.2002 (Bl. 48a GA) zugestimmt hat.
Daraufhin verwies die 4. Zivilkammer des LG mit Beschluss vom 19.7.2002 (Bl. 50 GA) den Rechtsstreit an das AG, das sich durch Beschluss vom 29.7.2002 (Bl. 56 GA) indes nicht für zuständig hält, die Übernahme der Sache ablehnt und den Kompetenzkonflikt dem OLG Celle zur Entscheidung vorgelegt hat.
II. Das AG war als das zuständige Gericht zu bestimmen, weil der Verweisungsbeschluss des LG gem. § 281 Abs. 2 S. 5 ZPO Bindungswirkung entfaltet.
Insoweit kann dahinstehen, ob, wie das AG meint, eine Verweisung durch das LG gem. §§ 700 Abs. 2, 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO an sich nicht mehr zulässig war. Hiergegen spricht, dass der „wirtschaftliche Streitwert” bereits im Januar 2002 durch zwei Zahlungen der Beklagten auf eine Hauptforderung von lediglich 253,58 Euro gemindert worden ist, lange vor der Zustellung des Mahnbescheidsantrages, die überhaupt erst am 7.3.2002 erfolgt ist, wobei verfahrensfehlerhaft am 4.4.2002 auch noch Vollstreckungsbescheid ergangen ist, und damit ein Titel, der noch über die gesamte Höhe des ursprünglichen Betrages geht, obwohl bereits am 28.3.2002 Widerspruch von der Beklagten gegen den Mahnbescheid beim AG H. eingegangen ist (vgl. Bl. 6 und 7 GA).
Zutreffend weist die Kammer in ihrem Verweisungsbeschluss vom 19.7.2002 darauf hin, dass der für die Begründung der sachlichen Zuständigkeit maßgebliche Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Eingang der Akten bei dem Abgabegericht ist, vorliegend also Eingang bei dem LG, hier der 26.4.2002.
Die weitere Begründung des LG ist aber unzutreffend, da es für die Frage der sachlichen Zuständigkeit nicht darauf ankommt, wann die geleisteten Zahlungen, die den Kläger veranlasst haben, später den Klagantrag entspr. zu reduzieren, vorgenommen wurden, sondern wann der Klagantrag tatsächlich reduziert wurde, vorliegend also erst mit Schriftsatz des Klägers vom 10.7.2002 (Bl. 28 GA), also lange nach Eingang der Akten bei dem Prozessgericht, dem LG. Zu diesem Zeitpunkt ist aber eine Veränderung des Streitwertes für die sachliche Zuständigkeit gem. § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ohne Relevanz, sodass das LG sachlich zuständig war und an sich den Rechtsstreit nicht an das AG hätte verweisen dürfen.
Gleichwohl entfaltet der Verweisungsbeschluss jedenfalls Bindungswirkung, da der Ausnahmefall einer „willkürlichen” Verweisung nicht vorliegt. Hier beruht die Verweisung – jedenfalls auch – auf den übereinstimmenden Anträgen beider Parteien. Eine Verweisung infolge übereinstimmender Anträge der Parteien ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Senats i.d.R. nicht willkürlich (vgl. z.B. OLG Celle v. 15.2.2000 – 4 AR 7/00, OLGReport Celle, 2000, 224; 4 AR 3/02; 4 AR 6/02; 4 AR 8/02 und 4 AR 54/02).
Grundlage der Bindungswirkung ist § 281 Abs. 2 Nr. 5 ZPO, wonach der Verweisungsbeschluss für das Gericht, an welches verwiesen worden ist, bindend ist. § 281 Abs. 2 Nr. 5 ZPO ist dahin ehend zu verstehen, dass grundsätzlich auch fehlerhafte Verweisungen bindend sind. Der Gesetzgeber will hiermit langwierige Streitigkeiten der...