Leitsatz (amtlich)
Bei Bestellung des Jugendamtes zum Vormund ist das Familiengericht an die vom Sozialrecht vorgegebenen örtlichen Zuständigkeitsregeln gebunden.
Die Bestellung eines örtlich nicht zuständigen Jugendamtes zum Vormund ist auch aus Kindeswohlgründen nicht zulässig (Anschluss OLG Karlsruhe, 22.12.2016, 5 WF 191/16, entgegen OLG Schleswig, 18.02.2016, 14 UF 12/16).
Verfahrensgang
AG Celle (Beschluss vom 08.11.2017; Aktenzeichen 8 F 8152/17) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Jugendamtes des Landkreises A. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Celle vom 8. November 2017 geändert. Unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Celle vom 26. Oktober 2017 wird das Jugendamt des Landkreises A. aus der Vormundschaft für den Jugendlichen E. B., geb. am ... 2001, entlassen und das Jugendamt des Landkreises V. zum neuen Vormund bestellt.
Gerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Der Beschwerdewert beträgt EUR 1.000,-.
Gründe
I. Das als Vormund tätige Jugendamt wendet sich gegen einen Beschluss, durch den seine Entlassung und die Bestimmung eines anderen Jugendamtes als Vormund aufgehoben worden ist.
Der am 24. Oktober 2001 geborene Jugendliche ist Angehöriger des Staates Eritrea. Er reiste ohne Begleitung seiner in Eritrea verbliebenen Eltern Mitte 2016 über Italien nach Deutschland ein, wo er sich zunächst im Erstaufnahmezentrum in Bremen, sodann ab August 2016 im Flüchtlingsheim in V. aufhielt. Leistungen der Jugendhilfe erbringt das Jugendamt des Landkreises V.. Von dort zog er kurz darauf in eine Einrichtung in N., Landkreis A.. Mit Beschluss vom 14. Oktober 2016 stellte das Amtsgericht - Familiengericht - Norden das Ruhen der elterlichen Sorge für den betroffenen Jugendlichen fest und bestimmte das Jugendamt des Landkreises A. zum Vormund.
Der betroffene Jugendliche wechselte im Oktober 2017 dauerhaft in eine Einrichtung in C.. Das Amtsgericht - Familiengericht - Celle hat daraufhin durch Beschluss vom 26. Oktober 2017 auf Antrag des Jugendamtes des Landkreises A. dieses aus der Vormundschaft entlassen und das Jugendamt der Stadt C. zum Vormund bestimmt. Nachdem das Jugendamt der Stadt C. dem Amtsgericht mitgeteilt hatte, dass ein vom Gericht angenommenes Einverständnis zur Übernahme der Vormundschaft weder erklärt worden noch vorhanden sei, hat das Amtsgericht - Familiengericht - Celle durch Beschluss vom 8. November 2017 den Beschluss vom 26. Oktober 2017 von Amts wegen aufgehoben. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Jugendamtes des Landkreises A., der auf traumatische Fluchterfahrungen des betroffenen Jugendlichen verweist und deshalb der Meinung ist, nur eine ortsnah zum Wohnort des Jugendlichen geführte Vormundschaft entspreche dessen Wohl.
II. Die zulässige Beschwerde des Jugendamtes des Landkreises A. ist im Ergebnis begründet. Zwar hat es bei der Aufhebung des Beschlusses vom 26. Oktober 2017, durch den das Jugendamt der Stadt C. zum Vormund bestellt worden ist, zu verbleiben, weil das Jugendamt der Stadt C. nicht zur Führung der Vormundschaft berufen ist. Das Jugendamt des Landkreises A. ist aber als Vormund zu entlassen und das nach § 88 a Abs. 4 Nr. 3 SGB VIII örtlich zuständige Jugendamt des Landkreises V. zum Vormund zu bestellen.
1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Antrag des Landkreises A., infolge des Wohnortwechsels des Jugendlichen aus der Vormundschaft entlassen zu werden. Dieser Antrag ist begründet, weil die Änderung des gewöhnlichen Aufenthaltes jedenfalls dann einen Entlassungsgrund begründet, wenn sich die Zuständigkeit des Jugendamtes nach § 87 c Abs. 3 SGB VIII bestimmt (vgl. Spickhoff, in: Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 1791 b Rz. 11). Vorliegend richtet sich die örtliche Zuständigkeit zwar nach der für unbegleitete Flüchtlinge geltenden Vorschrift des § 88 a SGB VIII und hängt damit (anders als die Zuständigkeit nach § 87 c SGB VIII) nicht vom gewöhnlichen Aufenthalt ab. Im vorliegenden Fall kann der Landkreis A. aber in entsprechender Anwendung des § 87 c Abs. 3 SGB VIII die Entlassung begehren. Dies folgt daraus, dass der Landkreis A. allein aufgrund des gewöhnlichen Aufenthaltes des Jugendlichen zum Vormund bestellt worden ist (obwohl bereits im Oktober 2016 die spezielle Zuständigkeitsregelung des § 88 a Abs. 4 SGB VIII für unbegleitete Flüchtlinge galt). Nachdem nunmehr der Grund für die Bestellung entfallen ist, ist das Jugendamt des Landkreises A. aus der Vormundschaft zu entlassen, schon um nicht einen der sozialrechtlichen Zuständigkeitsregelung ohnehin nicht entsprechenden Zustand trotz Wegfalles seiner einzigen Rechtfertigung aufrecht zu erhalten.
2. Hat das Amtsgericht - Familiengericht - Celle daher mit Beschluss vom 26. Oktober 2017 den Landkreis A. zutreffend aus der Vormundschaft entlassen, so ist die Beschwerde gegen die diesen Beschluss aufhebende Entscheidung begründet. Zu Unrecht hat das Amtsgericht - Familiengericht - ...