Leitsatz (amtlich)
1. In der Regel genügt zur Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer, dass der Gegenstand schlagwortartig bezeichnet wird.
2. Eine Balkonsanierung betrifft regelmäßig das Gemeinschaftseigentum und kann von der Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich beschlossen werden.
3. Die Entscheidung, die Fassade im Bereich der Balkone mit weißer Farbe zu streichen, beeinträchtigt das Recht des nichtzustimmenden Wohnungseigentümers nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus und muss deshalb nicht einstimmig ergehen.
Normenkette
WEG § 22 Abs. 1, §§ 14, 23 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 27.09.2002; Aktenzeichen 4 T 33/02) |
AG Hannover (Aktenzeichen 70 II 102/02) |
Tenor
Die weitere sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 27. September 2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten der weiteren sofortigen Beschwerde und die insoweit entstandenen außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegner.
Gegenstandswert der weiteren sofortigen Beschwerde: 3.000 EUR.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft … in ….
Am 8. Februar 2001 wurde zu TOP 3 beschlossen, sämtliche Balkone der Anlage zu sanieren. In dem Protokoll zur Wohnungseigentümerversammlung ist zu diesem Beschlusspunkt festgehalten, dass der Sanierungsbedarf der Balkone bereits im April des Vorjahres diskutiert worden sei. Nach einer Inaugenscheinnahme habe festgestellt werden müssen, dass sämtliche Balkonkragplatten Putz- und Betonabplatzungen aufwiesen und das die Moniereisen rosten würden. Im Hinblick auf den Umfang der Sanierung wurde u. a. festgelegt, dass der Begehbelag auf den Balkonen aus lose verlegten Betonplatten hergestellt werden solle. Ferner, dass die Sanierungsarbeiten aus der Instandhaltungsrücklage zu finanzieren sei und von den Wohnungseigentümern eine Sonderzahlung erbracht werden müsse. Der Beschluss wurde bei nur einer Enthaltung ohne Gegenstimmung angenommen.
Die Antragstellerin war mit anwesend.
Nachdem die Arbeiten begonnen und die Stemmarbeiten auf den Balkonen durchgeführt waren, stellte das ausführende Bauunternehmen in Frage, dass die lose Verlegung von Betonplatten aufgrund der geringen Höhe zu den Türschwellen der Balkontüren technisch möglich sei. Deshalb wurde die Balkonsanierung erneut auf die Tagesordnung gesetzt. In der Einladung zur Eigentümerversammlung vom 11. März 2002 ist unter TOP 3 als Beschlussthema die ‚Sanierung der Balkone … – Auftragsabwicklung, Umfang- und Finanzierung’ genannt.
Zu dem vorgesehenen TOP 3 beschloss die Wohnungseigentümergemeinschaft die Verlegung von Fliesen bzw. Klinkerplatten im fest verlegten Mörtelbett. Ferner wurde festgelegt, ‚dass im Zuge der Sanierungsarbeiten ein weißer Anstrich der Balkon-Innenwände’ erfolgen solle. Der vorangegangene Erstbeschluss zur Balkonsanierung wurde ‚ansonsten bestätigt’.
Am 4. Juli 2002 hat das Amtsgericht das Begehren der Antragstellerin, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11. März 2002 zu TOP 3 für ungültig zu erklären, zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die dagegen von der Antragstellerin eingelegte sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Dagegen wiederum wendet sich die Antragstellerin mit ihrer weiteren sofortigen Beschwerde, wobei sie zur Begründung ihr Vorbringen vor dem Amts- und dem Landgericht wiederholt und vertieft. Aus der Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung vom 11. März 2002 sei nicht ersichtlich gewesen, dass der bestandskräftige Beschluss vom 8. Februar 2001 abgeändert werden sollte. Da die vorherige Beschlussfassung bestätigt worden sei, habe die Wohnungseigentümergemeinschaft erneut über die Frage der Balkonsanierung beschlossen, womit die Bestandskraft des Erstbeschlusses aufgehoben worden sei.
Die durchgeführten Baumaßnahmen seien nicht mit den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung in Einklang zu bringen. Ihre zuvor verlegten, hochwertigen Fliesen seien zerstört und durch minderwertige ersetzt worden, wogegen sie Bodenbelege über die Instandhaltungsrücklagen mit zu finanzieren habe, wo zuvor noch keine vorhanden gewesen seien. Die Entscheidung zur Farbauswahl des Fassadenanstriches im Bereich der Balkone sei eine bauliche Veränderung gewesen, die nur einstimmig hätte beschlossen werden können.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29, 22 FGG statthafte Beschwerde ist auch zulässig.
a) Der Antragstellerin fehlte nicht das notwendige Rechtschutzbedürfnis, auch wenn sie den Beschluss zum TOP 3 vom 11. März 2002 zugestimmt hätte, was sie bestreitet. Denn das Anfechtungsrecht dient auch den Interessen der Gemeinschaft an einer ordnungsgemäßen Verwaltung und nicht nur der Verfolgung von persönlichen Interessen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 43 Rn. 102).
Der jeweils betroffene Wohnungseigentümer kann auch nicht daran gehindert sein, einer besseren Erkenntnis nach Beschlussfassung nachzugehen und einen nicht rechtmäßigen...