Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsgebühr bei Verzicht auf Versorgungsausgleich
Leitsatz (redaktionell)
Die Vereinbarung des Verzichts auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs läßt eine Einigungsgebühr entstehen, wenn hierdurch eine rechtliche Unsicherheit über den Ausgleichsberechtigten beseitigt worden ist.
Normenkette
RVG-VV § 11; ZPO § 278 Abs. 4
Gründe
I. Zwischen den Parteien war ein Scheidungsverfahren anhängig, in dem sowohl der ASt. als auch dem Ag. Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten bewilligt worden war. Die im Rahmen des Versorgungsausgleichs (VersAusgl)-Verfahrens eingeholten Auskünfte ergaben für die ASt. bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund monatliche Anwartschaften von 57,28 EUR. Zusätzlich bestand für sie eine private RV mit einem ehezeitlichen Deckungskapital von 382,31 EUR, das umgerechnet monatliche Anwartschaften von 1,75 EUR ergab. Dem standen aufseiten des Ag. bei der DRV Braunschweig-Hannover monatliche Rentenanwartschaften von 45,87 EUR sowie angleichungsdynamische Anwartschaften i.H.v. monatlich 10,04 EUR gegenüber.
Im Verhandlungstermin v. 24.8.2006 schlossen die Parteien folgenden "Vergleich": "Beide Parteien verzichten endgültig auf die Durchführung eines VersAusgl und nehmen diesen Verzicht gegenseitig an." Diese Vereinbarung wurde daraufhin durch Beschluss des AG gem. § 1587o BGB genehmigt und in dem anschließend verkündeten Urteil festgestellt, dass ein VersAusgl nicht stattfindet.
Durch Beschluss v. 1.9.2006 wurde auf Antrag der jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung festgesetzt. Den Ansatz einer von den Anwälten jeweils beantragten Einigungsgebühr i.H.v. 85 EUR zzgl. Mehrwertsteuer für den Abschluss der Vereinbarung bezüglich des VersAusgl lehnte die Urkundsbeamtin ab. Den hiergegen eingelegten Erinnerungen beider Verfahrensbevollmächtigter hat der Familienrichter des AmtsG durch Beschluss v. 29.12.2006 mit der Begründung abgeholfen, dass nicht nur eine, sondern beide Parteien auf etwaig zustehende Anwartschaften verzichtet hätten, zumal wegen der unklaren Bewertung der Ostanwartschaften offen gewesen sei, welche der Parteien ausgleichsberechtigt sein würde.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das AmtsG die Beschwerde zugelassen. Daraufhin hat die Bezirksrevisorin beim LG nach Übersendung der Akten am 18.1.2007 das zugelassene Rechtsmittel am 24.1.2007 eingelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der "Vergleich" tatsächlich einen einseitigen Verzicht beinhalte und deswegen eine Einigungsgebühr nicht rechtfertigen könne.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 RVG-VV sind gegeben. Die Einigungsgebühr nach dieser Vorschrift entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.
Nach zutreffender Ansicht des AG haben die Parteien durch den "Vergleich" eine rechtliche Unsicherheit beseitigt, weil gegenwärtig nicht festgestellt werden kann, welche Partei ausgleichsberechtigt und welche ausgleichsverpflichtet ist. Die ASt. hat nach Auskunft der DRV Bund gesetzliche Rentenanwartschaften von 57,28 EUR erworben. Zusätzlich hat sie im Rahmen einer privaten RV aus dem mitgeteilten Deckungskapital von 382,31 EUR umgerechnet monatliche Rentenanwartschaften von 1,75 EUR erlangt. Damit verfügt sie über Gesamtanrechte von 59,03 EUR.
Dem stehen aufseiten des Ag. nach der Auskunft der DRV Braunschweig-Hannover gesetzliche Anwartschaften von 45,87 EUR sowie zusätzlich angleichungsdynamische Anwartschaften von 10,04 EUR gegenüber. Im Hinblick auf diese Ostanrechte des AGg. kann gegenwärtig wegen fehlender Angleichung der Lebensverhältnisse in den neuen Bundesgebieten weder eine entsprechende Umrechnung stattfinden noch der VersAusgl durchgeführt werden. Dies wäre nach § 2 I S. 1 VAÜG ausnahmsweise nur dann möglich, wenn nur angleichungsdynamische Anwartschaften zu berücksichtigen wären oder die Partei mit den werthöheren angleichungsdynamischen Anrechten auch die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anrechte erworben hat oder wenn schließlich die ausgleichsberechtigte Partei bereits eine Rente erhält. Diese alternativen Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor. Vor diesem Hintergrund kann ein VersAusgl und in dessen Rahmen die Umrechnung der Ostanwartschaften des AGg. erst dann vorgenommen werden, wenn sich die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern denjenigen der alten Bundesländer angeglichen haben, werden. Demgemäß kann gegenwärtig nach zutreffender Ansicht des AG nicht festgestellt werden, welche Partei insgesamt höhere Anwartschaften erlangt hat und deswegen ausgleichsverpflichtet ist, zumal die Gesamtanwartschaften beider Parteien nach den bisherigen Auskünften nur geringfügig differieren. Dur...