Leitsatz (amtlich)
1. Der vergütungsrechtliche Heimbegriff nach § 5 Abs. 3 VBVG ist grundsätzlich eigenständig zu bestimmen. Dies schließt es aber nicht aus, bei der Auslegung des § 5 Abs. 3 VBVG bestimmte Erfahrungssätze anzuwenden, die an die heimrechtliche Qualifikation der von dem Betroffenen bewohnten Einrichtung anknüpfen. Heime i.S.v. § 1 Abs. 1 HeimG sind regelmäßig auch Heime i.S.v. § 5 Abs. 3 VBVG.
2. Für die Beurteilung, ob ein Heimaufenthalt i.S.v. § 5 Abs. 3 VBVG vorliegt, kommt es nicht auf den Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme der von dem Einrichtungsträger ggü. dem Bewohner zu erbringenden Leistungen an, sondern auf eine abstrakte Betrachtungsweise, die sich auf die typische Lebenssituation eines Bewohners der betreffenden Einrichtung bezieht.
3. Ein Heimaufenthalt i.S.v. § 5 Abs. 3 VBVG ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil sich der Einrichtungsträger ein Kündigungsrecht für den Fall einer außergewöhnlichen Steigerung des Betreuungsbedarfes beim Bewohner vorbehalten hat (Vorlage an den BGH gem. § 28 Abs. 2 FGG wegen Abweichung von OLG Dresden FamRZ 2006, 499 f.).
Normenkette
VBVG § 5 Abs. 3; HeimG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 26.11.2008; Aktenzeichen 92 T 95/08) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluss der 58. Zivilkammer des LG Hannover vom 26.11.2008 wird dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I. Für die mittellose Betroffene ist seit Januar 2007 eine rechtliche Betreuung mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge eingerichtet. Die Beschwerdeführerin wurde zur Berufsbetreuerin für die Betroffene bestellt. Die Betroffene lebt in den Diakonischen Werken H. im Haus L., einer vollstationären Einrichtung der Eingliederungshilfe.
Vertragliche Grundlage für den Aufenthalt der Betroffenen im Haus L. ist ein "Betreuungsvertrag gem. § 4 HeimG" vom 12.10.1991. Neben der Gestellung einer geeigneten Unterkunft in Wohnpflege oder Wohngruppen einschließlich Heizung und Beleuchtung, Reinigung der Räume und Versorgung mit warmem und kaltem Wasser hatte der Träger der Einrichtung nach dem Leistungskatalog des Betreuungsvertrages folgende Leistungen und Dienste bereitzuhalten: Medizinischpflegerische Betreuung, Vollverpflegung, Gestellung von Bettwäsche, Beschaffung und Reinigung von persönlicher Kleidung, Mitbenutzung von Gemeinschaftseinrichtungen, Betreuung in der Freizeit und Teilnahme an Gemeinschaftsveranstaltungen, Beratung und Unterstützung bei der Besorgung von persönlichen oder amtlichen Angelegenheiten, ärztliche Versorgung im Rahmen öffentlicher Hilfen durch angestellte oder frei praktizierende Ärzte. Die Leistungen des Einrichtungsträgers sollen einem sich verändernden Gesundheitszustand des Bewohners anpassen (§ 1 Abs. 4 des Betreuungsvertrages). Sofern sich der Gesundheitszustand des Bewohner so verändert, dass dem Einrichtungsträger eine sachgerechte Betreuung nicht mehr möglich ist, besteht für den Einrichtungsträger das Recht zur fristlosen Kündigung des Betreuungsvertrages aus wichtigem Grund (§ 7 Abs. 5 lit. a, Abs. 6 des Betreuungsvertrages).
Die Betroffene bewohnt innerhalb der Wohngruppe im Haus L. eine abgetrennte Wohneinheit. Ihre Wäsche wird durch Mitarbeiter der Diakonie gereinigt bzw. in pädagogischen Übungen mit ihr gemeinsam gewaschen. Auch die Reinigung der Wohneinheit wird gemeinsam mit Personal der Einrichtung durchgeführt. Ihre Mahlzeiten nimmt die Betroffene überwiegend in ihrer eigenen Wohneinheit ein.
Sie besucht tagsüber den Bereich der Tagesförderung und nimmt regelmäßig an kulturellen Angeboten der Einrichtung teil. Im Falle ihrer Erkrankung ist eine durchgehende Betreuung zu Tages und Nachtzeiten durch Mitarbeiter der Diakonie gewährleistet.
Die Beschwerdeführerin hat für den Zeitraum vom 13.1.2007 bis zum 12.1.2008 die Festsetzung einer pauschale Betreuervergütung in einer Gesamthöhe von 2.261,25 EUR beantragt. Das Vormundschaftsgericht hat durch Beschluss vom 21.7.2008 die der Beschwerdeführerin zustehende Vergütung auf 1.407 EUR festgesetzt. Im Übrigen hat es den Vergütungsantrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Betroffene ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim habe und die Beschwerdeführerin deshalb nur nach den Zeitansätzen gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 VBVG zu vergüten sei. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin die Festsetzung ihrer Vergütung nach den erhöhten Zeitansätzen des § 5 Abs. 1 Satz 1 VBVG erstrebt, hat das LG durch Beschluss vom 26.11.2008 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom LG zugelassene sofortige weitere Beschwerde.
II. Der Senat hält das gem. § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel in der Sache für unbegründet.
1. Das LG hat ausgeführt, dass die von der Betroffenen bewohnte Einrichtung in vergütungsrechtlichem Sinne als Heim einzustufen sei. Die Betroffenen sei durch den Betreuungsvertrag vom 12.10.1991 i...