Entscheidungsstichwort (Thema)
"Berliner Testament" als Formulierung in einem gemeinschaftlichen Testament
Leitsatz (amtlich)
Ungeachtet des nicht eindeutigen Inhalts des Begriffs "Berliner Testament" kann die Formulierung in einem gemeinschaftlichen Testament, man wolle den "Restbesitz durch ein Berliner Testament vererben" dahingehend ausgelegt werden, dass sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Vollerben und die gemeinsamen Kinder zu gleichen Teilen als Schlusserben beim Tod des überlebenden Ehegatten einsetzen, wenn sich die Eheleute vorher rechtlich hatten beraten lassen und ein Notar ihnen einen Entwurf übersandt hatte, der die gegenseitige Erbeinsetzung und die Schlusserbeinsetzung der Kinder zum Inhalt hatte.
Normenkette
BGB §§ 2065, 2084, 2247, 2267, 2269-2270
Verfahrensgang
AG Geestland (Aktenzeichen 10 VI 407/21) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 22.222,22 EUR.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
I. Es sind die Tatsachen für festgestellt zu erachten (§ 352 e Abs. 1 Satz 1 FamFG), die erforderlich sind, der Beteiligten zu 1 den von ihr mit notarieller Urkunde vom 8. Juni 2021 beantragten Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweist.
Der Erblasser ist nicht im Wege gesetzlicher Erbfolge von seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1, und den drei gemeinsamen Kindern, den Beteiligten zu 2 bis 4, beerbt worden, sondern aufgrund gemeinschaftlichen Testaments vom 11. Februar 2021 allein von der Beteiligten zu 1.
1. Der am 25. Mai 1948 geborene und am 31. März 2021 verstorbene Erblasser war seit dem 1. Dezember 1971 mit der am 18. September 1953 geborenen Beteiligten zu 1 verheiratet. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, der am 28. April 1972 geborene Beteiligte zu 2, der am 27. Dezember 1979 geborene Beteiligte zu 3 und der am 12. März 1974 geborene Beteiligte zu 4.
Der Erblasser und seine Ehefrau besprachen am 31. August 2020 mit dem Notar U. A. eine Testamentserrichtung, der ihnen mit Schreiben vom 11. Januar 2021 (Bl. 7 f. d. A.) einen Urkundsentwurf übersandte (Bl. 9-13 d. A.). Dieser Entwurf sah vor, dass die Eheleute sich gegenseitig zum alleinigen Vollerben des erstversterbenden Ehepartners einsetzen und sie ihre drei Söhne als Schlusserben zu gleichen Teilen bestimmen. Die getroffenen Verfügungen sollten "bindend" sein, wobei der länger lebende Ehepartner berechtigt sein sollte, die Schlusserbfolge in vollem Umfang innerhalb der gemeinschaftlichen Abkömmlinge (Kinder und Kindeskinder) abzuändern. Ferner waren eine Pflichtteilsklausel und Bestimmungen zum Anfechtungsrecht nach § 2079 BGB und zur Beerdigung / Grabpflege vorgesehen.
Mit eigenhändig geschriebener und unterschriebener Erklärung vom 11. Februar 2021 (Bl. 3 der Testamentsakten 10 IV 340/21 Amtsgericht Geestland), die die Beteiligte zu 1 mitunterzeichnete, bestimmte der Erblasser:
"H. W. H. H. und K. geborene E. wollen unseren Restbesitz durch ein Berliner Testament vererben.
Hochachtungsvoll"
Es folgt zunächst die Unterschrift des Ehemanns, darunter die Unterschrift der Beteiligten zu 1.
Am 31. März 2021 verstarb der Erblasser.
Mit Schreiben vom 21. April 2021 (Bl. 1 der Testamentsakten) reichte der Notar das Testament beim Nachlassgericht ein.
2. Die Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments vom 11. Februar 2021 ergibt, dass der Erblasser und seine Ehefrau, die Beteiligte zu 1, sich gegenseitig als alleinige Vollerben eingesetzt und beim Tod des überlebenden Ehegatten die drei gemeinsamen Kinder, die Beteiligten zu 2 bis 4, als Schlusserben zu je 1/3 bestimmt haben.
a) Die Eheleute haben das gemeinschaftliche Testament formwirksam errichtet, indem es der Ehemann eigenhändig geschrieben und unterschrieben und die Ehefrau diese Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet hat (§ 2247 Abs. 1, § 2267 Satz 1 BGB).
b) Diese Erklärung der Eheleute ist mit Testierwillen erfolgt. Es handelte sich nicht nur um einen Entwurf.
Zwar haben die Eheleute ihre gemeinsame Erklärung nicht mit einer Überschrift wie "Testament" o. ä. versehen und die Formulierung "Hochachtungsvoll" könnte darauf hindeuten, dass die Erklärung an den Notar übersandt werden sollte, um mit ihm einen Termin für die Beurkundung des "Berliner Testaments" zu vereinbaren.
Doch hat das Amtsgericht den Testierwillen der Eheleute am 11. Februar 2021 zutreffend festgestellt.
Zum einen kann ein gemeinschaftliches Testament bei Einhaltung der oben genannten Formvorschriften auch in einem Brief an einen Dritten enthalten sein (Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Auflage 2022, § 2247 Rn. 5).
Zum anderen ergibt sich der Wille der Eheleute durch diese Erklärung ein gemeinschaftliches Testament zu errichten, aus der Anhörung der Beteiligten zu 1 durch das Amtsgericht. Sie hat erklärt, ihr Ehemann habe trotz der gemeinsamen Absicht zum Notar A. zu gehen, das "Testament vom 11.02.2021" errichtet und zu ihr gesagt, "er möchte, dass wir abgesichert sind", "falls etwas dazwischen kommt".
Obwohl die Beteiligte zu 1, deren gesetzlicher Erbteil nach dem Erblasser nur 1/2 ...