Entscheidungsstichwort (Thema)
Erinnerung des Angeklagten gegen den Kostenansatz
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestimmungen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO sind im Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 66 GKG nicht anwendbar.
2. Ist in einem (Teil)Einstellungsbeschluss nach § 154 Abs. 2 StPO die gebotene Kostenentscheidung unterblieben, fehlt es an der Grundlage für den Kostenansatz zu Lasten des Angeklagten; die Kosten fallen insoweit der Landeskasse zur Last.
3. Im Erinnerungsverfahren nach § 66 GKG sind Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer mit Kosten verbundenen Ermittlungsmaßnahme grundsätzlich nicht nachzuprüfen; etwas anderes gilt nur dann, wenn die Maßnahme gänzlich unhaltbar war und einen offensichtlichen Gesetzesverstoß darstellte.
4. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 JBeitrO ist die Einwendung der Aufrechnung im Erinnerungsverfahren nach § 66 GKG unzulässig, wenn die Gegenforderung des Kostenschuldners weder anerkannt noch rechtskräftig festgestellt ist.
Normenkette
GKG § 66; ZPO §§ 114, § 114 ff.; StPO § 154 Abs. 2, § 464a Abs. 1 Sätze 1-2; JBeitrO § 8 Abs. 1 S. 2
Tenor
1. Das Verfahren wird dem Senat übertragen.
2. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Kostenrechnung der Staatsanwaltschaft Hannover vom 21. Mai 2012 um weitere 4.665,72 Euro gekürzt und die vom Verurteilten zu erstattenden Kosten des Verfahrens auf insgesamt 24.158,05 Euro festgesetzt werden.
3. Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.
4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die 3. große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim hat den Beschwerdeführer mit Urteil vom 1. September 2008 (21 KLs 5524 Js 70277/99), rechtskräftig seit dem 4. März 2009, wegen Betruges in zwei Fällen unter Einbeziehung der durch Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 25. April 2005 (15 KLs 5524 Js 78292/98) erkannten Strafen und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt. Nach mehrfacher Änderung des Kostenansatzes ist dem Beschwerdeführer schließlich eine Kostenrechnung der Staatsanwaltschaft Hannover vom 21. Mai 2012 über insgesamt 28.999,77 Euro gestellt worden. Dieser Betrag setzte sich aus folgenden Positionen zusammen:
1. Auslagen für Zustellungen (KV Nr. 9002-1) |
49,00 Euro |
2. Auslagen für Zeugenentschädigung (KV Nr. 9005) |
2.416,15 Euro |
3. Auslagen für Dolmetscherentschädigung (KV Nr. 9005) |
4.665,72 Euro |
4. An Rechtsanwälte zu zahlende Beträge (KV Nr. 9007) |
19.981,65 Euro |
5. Beträge, die inländischen Behörden, öffentlichen Einrichtungen oder Bediensteten als Ersatz für Auslagen zustehen (KV Nr. 9013) |
1.887,25 Euro. |
Gegen diesen Kostenansatz hat der Beschwerdeführer am 23. Mai 2012 Erinnerung eingelegt. Des Weiteren hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Erinnerung und die "Freigabe der ohne Rechtstitel beschlagnahmten Vermögenswerte". Schließlich hat er die Aufrechnung mit Gegenforderungen erklärt.
Auf die Erinnerung hat die 3. große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter mit Beschluss vom 22. Juni 2012 die Kostenrechnung um 176,00 Euro auf 28.823,77 Euro gekürzt, weil darin unter Position 5 zu Unrecht Auslagen in Höhe von 82,00 Euro für die Beschaffung einer Datenfestplatte durch die Staatsanwaltschaft Hannover und mangels Stundennachweises in diesem Verfahren nicht ansatzfähige Reisekosten des Sachverständigen R. in Höhe von 94,00 Euro enthalten waren.
Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung hat das Landgericht mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt, weil die Staatsanwaltschaft ohnehin eine Mahnsperre bis zur Entscheidung über die Erinnerung angeordnet hatte. Die Anträge auf "Freigabe der ohne Rechtstitel beschlagnahmten Vermögenswerte" und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Landgericht als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seiner Beschwerde vom 7. Juli 2012. Er hält seine Anträge und Einwendungen aufrecht. Außerdem beantragt er die "Rückverweisung" der Sache an das Landgericht "mit der Maßgabe", ihm "Beratungshilfe nach dem BerHG zu gewähren".
Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. 1. Der Einzelrichter hat das Verfahren gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache dem Senat übertragen.
2. Die beantragte "Rückverweisung" der Sache an das Landgericht "mit der Maßgabe", dem Beschwerdeführer "Beratungshilfe nach dem BerHG zu gewähren", kommt nicht in Betracht. Die Bewilligung von Beratungshilfe ist nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung und unterliegt daher auch nicht der Überprüfung durch das Beschwerdegericht. Abgesehen davon wird gemäß § 1 Abs. 1 BerHG Beratungshilfe nur für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens gewährt. Dies ...