Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässiges Teilurteil bei auf der Zahlungsstufe auf einen Teilbetrag beschränktem Zugewinnausgleichsbegehren im Rahmen eines Stufenantrages
Leitsatz (amtlich)
1. Bezieht sich der begehrte Zugewinnausgleichsanspruch nicht auf den Endstichtag der Zustellung des Scheidungsantrages gem. § 1384 BGB, sondern auf einen durch gesonderte Entscheidung bereits rechtskräftig festgestellten Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung der Zugewinngemeinschaft gem. § 1386 BGB, kann er nicht im Rahmen des Scheidungsverbundes geltend gemacht werden (Anschluss an OLG Düsseldorf, Urt. v. 4.2.2002 - 2 UF 211/01 - FamRZ 2002, 1572 f. = juris - noch zum alten Verfahrensrecht).
2. Der vor dem 1.9.2009 fälschlich als Folgesache im Rahmen eines Scheidungsverbundes geltende gemachte vorzeitige Zugewinnausgleichsanspruch nimmt am Rechtswechsel des Verbundes teil, wenn für das bis dahin erstinstanzlich nicht abgeschlossene und den Versorgungsausgleich mitumfassende Verbundverfahren ab dem 1.9.2010 gem. Art. 111 Abs. 5 FGG-ReformG das zum 1.9.2009 in Kraft getretene Verfahrensrecht nach dem FamFG maßgeblich geworden ist.
3. Ist der Zugewinnausgleichsanspruch durch einen Stufenantrag insgesamt rechtshängig geworden, kann auf der Zahlungsstufe nicht allein über einen (hier: offenen) Teilantrag befunden werden. Zur Vermeidung eines unzulässigen Teilurteiles bedarf es einer instanzbeendenden Entscheidung über den gesamten Ausgleichsanspruch (Bestätigung OLG Celle vom 28.6.2011 - 10 UF 50/11 - BeckRS 2011, 16987 = juris = FamRZ 2011, 1968 [Ls] = FamFR 2011, 355 [Ls] = FamRB 2011, 1 [Ls] = FD-RVG 2011, 320883 [Ls]). Dies kann namentlich erfolgen durch eine Rücknahme des weiter gehenden Anspruches oder durch die - auf Widerantrag des auf Ausgleich in Anspruch Genommenen ausgesprochene - Feststellung, dass dem Ausgleichsbegehrenden (auch) keine weiter gehenden Ausgleichsansprüche zustehen.
Normenkette
BGB § 1386; ZPO §§ 254, 301, 538 Abs. 2; FamFG § 117 Abs. 2, § 137 Abs. 2; FGG-ReformG Art. 111 Abs. 5
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 17.02.2012; Aktenzeichen 615 F 4341/06) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers und die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 17.2.2012
- im Ausspruch zum vorzeitigen Zugewinnausgleich gem. § 1386 BGB aufgehoben und das Verfahren insoweit als selbständiges Verfahren zur weiteren Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das AG zurückverwiesen
- sowie im Kostenpunkt dahin geändert, dass die Kosten des Verbundverfahrens - das heißt ohne den vom Senat abgetrennten Antrag zum vorzeitigen Zugewinnausgleich - zwischen den beteiligten Eheleuten gegeneinander aufgehoben werden.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 95.00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Durch den nur im Ausspruch zum Güterrecht und im Kostenpunkt angefochtenen Beschluss des AG vom 17.2.2012 ist die am 2.7.1990 geschlossene Ehe der Beteiligten auf den am 25.9.2006 zugestellten Scheidungsantrag hin geschieden worden; die Folgesache Versorgungsausgleich war zuvor abgetrennt worden. Zugleich hat das AG den Ehemann zur Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages i.H.v. 61.931,97 EUR verpflichtet.
Dabei war die durch die Eheschließung begründete Zugewinngemeinschaft der Beteiligten bereits durch das in dem gesonderten Verfahren AG Hannover 615 F 3760/06 GÜ ergangene rechtskräftige Teilurteil vom 15.12.2006 mit Wirkung für den 16.8.2006 als Zeitpunkt der Zustellung des dortigen Klageantrages beendet worden. Den im genannten Vorverfahren im Wege der Stufenklage zugleich betriebenen Zahlungsantrag, zu dessen Vorbereitung der Ehemann in dem besagten Teilurteil bereits rechtskräftig zur Auskunftserteilung verurteilt worden war, hatte die Ehefrau in jenem Verfahren in einem Termin am 9.3.2007 zurückgenommen.
Bereits am 27.2.2007 hatte die Ehefrau einen - unverändert auf den Stichtag 16.8.2006 bezogenen - Zugewinnausgleichsanspruch ebenfalls in Gestalt einer Stufenklage im vorliegenden Scheidungsverbund eingebracht, der alsbald rechtshängig wurde. Nach Abschluss der ersten beiden Stufen hat die Ehefrau mit Schriftsatz vom 17.4.2009 für die Zahlungsstufe sodann - ganz ausdrücklich als "Teilklage" bezeichnet und begründet - den Antrag über einen (Teil-) Betrag von 130.000 EUR angekündigt, der in der Folgezeit in den wiederholten Terminen - so auch im abschließenden Termin vom 27.1.2012 - ausdrücklich so gestellt wurde. Der Ehemann hatte seinerseits neben Zurückweisung des Antrages der Ehefrau zum Güterrecht auch ausdrücklich widerbeantragt festzustellen, dass der Ehefrau (insgesamt) kein Zugewinnausgleichsanspruch zusteht.
In den Gründen bezüglich der güterrechtlichen Entscheidung wird ausdrücklich der Charakter des von der Antragsgegnerin auf der Zahlungsstufe gestellten Antrages als Teilanspruch wiedergegeben. Im Übrigen ergeben sich auch weder aus den Gründen des Beschlusses noch aus der differenzierten Herleit...