Normenkette
BGB § 133
Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 9 T 138/01) |
AG Buxtehude (Aktenzeichen 9 VI 224/00) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde, an das LG zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 16.000 Euro.
Gründe
Die weitere Beschwerde ist begründet.
I. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Die Annahme des LG, der Erblasser sei bei Errichtung des Testaments vom 23.9.1997 und dessen Ergänzung vom 8.10.1998 durch das am 1.5.1986 errichtete gemeinschaftliche Testament mit seiner am 22.3.1992 vorverstorbenen Ehefrau gehindert gewesen, den Beteiligten zu 1) zu seinem Alleinerben zu bestimmen, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Die Auslegung des Testamentes vom 1.5.1986, welche das LG vorgenommen hat, dass nämlich die Beschränkung eines Kindes, das nach dem Tode des erstverstorbenen Ehegatten den Pflichtteil verlange, auf den Pflichtteil auch nach dem überlebenden Ehegatten für die Schlusserbeinsetzung der Kinder (der drei Beteiligten) entspr. der gesetzlichen Erbquote spreche, auch wenn das Testament ausdrücklich nur die wechselseitige Alleinerbeinsetzung der Ehegatten enthalte, lässt wesentliche Tatsachen unberücksichtigt (zur eingeschränkten Nachprüfbarkeit der Auslegung: Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 12. Aufl., § 27 FGG Rz. 48). Das LG hat bei seiner Annahme, die Testierenden hätten die Befreiung von der Bindung an die Erbeinsetzung ihrer Kinder, welche wie diese selbst in dem voraufgegangenen gemeinschaftlichen Testament vom 18.4.1986 enthalten war, aufgegeben, weil sie ihnen wie die umfangreichen Teilungsanordnungen in dem früheren Testament im nachhinein als zu kompliziert erschienen sei, außer Acht gelassen, dass die Testierenden, nach Augenschein mit demselben Schreibwerkzeug, das der Erblasser für das Testament vom 1.5.1986 verwandte, ein leeres Blatt mit der Überschrift „Ergänzung zum Testament vom 1.5.1986” (in Hülle Bl. 32 d.A. 9 IV 182/01 AG Buxtehude) angelegt haben. Dieses könnte dafür sprechen, dass die Testierenden sich auf ihre wechselseitige Erbensetzung erst einmal beschränken und Kinder, die nach dem Erstversterbenden den Pflichtteil verlangten, unter eben dieser aufschiebenden Bedingung enterben wollten (§ 158 Abs. 1, § 1938 BGB). Es könnte indessen dagegen sprechen, dass die Testierenden ihre Kinder zu Schlusserben bestimmen wollten, obwohl sie solches im Gegensatz zu dem Testament vom 18.4.1986 nicht zu Papier gebracht haben.
Das Schreiben des Erblassers vom 30.8.1995 (Bl. 51 d.A.) ist kein zwingendes Indiz dafür, dass bereits im Testament vom 1.5.1986 eine Schlusserbeinsetzung erfolgt ist. Denn es bleibt die Möglichkeit, dass der Erblasser der Beteiligten zu 2), die mangels anderweitiger Anordnung seine gesetzliche Erbin war, im Vorgriff auf ihr gesetzliches Erbrecht schon zu Lebzeiten etwas zuwenden wollte.
Jedenfalls ist zu bedenken, dass das bedingte Setzen einer Person auf den Pflichtteil nicht mit deren Erbeinsetzung verbunden sein muss, sondern sich in bedingter Enterbung erschöpfen kann (vgl. auch den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2), Lübbert, NJW 1988, 2706 [2708]). Die Enterbung setzt nämlich nicht denknotwendig die Erbeinsetzung voraus, weil sie auch das gesetzliche Erbrecht betreffen kann, und wenn sie ausdrücklich mit der Beschränkung auf den Pflichtteil gekoppelt ist, sogar betreffen muss. Treffen die Ehegatten nämlich keine Schlusserbeinsetzung, wird der überlebende Ehegatte von seinen gesetzlichen Erben beerbt; und pflichtteilsberechtigt sind kraft Gesetzes nur Personen, die zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören.
II. Sollte des LG nach erneuter Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass der Erblasser nicht aus Rechtsgründen gehindert war, den Beteiligten zu 1) als Alleinerben einzusetzen, wird es sich mit dem Vorbringen des Beteiligten zu 3) (etwa S. 2 des Schriftsatzes vom 15.2.2001 – Bl. 93 d.A.) zu befassen haben, aus welchem dieser die Testierunfähigkeit des Erblassers bei Errichtung des Testamentes vom 23.9.1997 ableiten möchte.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 Hs. 1 KostO. Den Wert des Nachlasses hat der Senat unter Berücksichtigung des sich in Testamentsakten befindenden Wertermittlungsbogens auf 140.000 DM geschätzt. Davon war maßgebend das Interesse des Beteiligten zu 1), das in der Differenz dieser 140.000 DM abzgl. des Pflichtteils der Beteiligten zu 2) und 3) zu dem Drittel dieses Wertes besteht, welches der Beteiligte zu 1) auch als gesetzlicher Erbe erhielte, abzgl. eines Drittels wegen der beschränkten Funktion des Erbscheins (nur Legitimationspapier).
Fundstellen
Haufe-Index 1104113 |
OLGR-CBO 2003, 63 |