Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch der Eigentümerin eines Ponys gegen den Betreiber eines Pony-Pensionshofs wegen einer Verletzung ihres Ponys; Feststellung von schadensursächlichen Pflichtverstößen des Betreibers im Zusammenhang mit der Integration des Pferds der in die bei ihm eingestellte Herde
Normenkette
BGB §§ 688, 695
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 07.03.2023; Aktenzeichen 5 O 15/21) |
Tenor
Der Senat erwägt, die Berufung der Klägerin gegen das am 7. März 2023 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen seit Zugang dieses Beschlusses.
Der Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung am 24. Januar 2024 wird aufgehoben.
Der Wert des Streitgegenstands für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 7.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 ZPO, unter denen der Senat die Berufung des Beklagten nach pflichtgemäßem Ermessen im schriftlichen Verfahren zurückweisen soll, dürften vorliegen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung ist auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich und eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Schließlich hat die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1 1. Alt., 546 ZPO) beruht noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).
Das Landgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen und einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen einer Verletzung ihres Ponys im Oktober 20.. verneint. Insbesondere sind keine schadensursächlichen Pflichtverstöße des Beklagten im Zusammenhang mit der (Re-) Integration des Pferds der Klägerin in die bei ihm eingestellte Herde ersichtlich.
Im Einzelnen:
1. Soweit die Klägerin die vom Landgericht angenommene Beweislastverteilung beanstandet und meint, dass sich der Beklagte hinsichtlich einer schuldhaften Pflichtverletzung entlasten müsse, weil der von den Parteien geschlossene "Pferdepensionsvertrag" (vgl. Bl. 11 ff. Bd. I d.A.) als Verwahrungsvertrag einzustufen sei, dringt er hiermit nicht durch.
a) Die rechtliche Einordnung von Pferdepensions-, Einstell- oder Ausbildungsverträgen ist umstritten.
aa) Teile der obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der Literatur unterstellen einen Pensionsvertrag dem Verwahrungsrecht (etwa OLG Hamm, Urteil vom 13.05.2004 - 24 U 22/04 -, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28.06.2006 - 13 U 138/05 -, juris; OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 04.01.2011 - 12 U 91/10 -, juris; Henssler, Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2023, § 688 Rn. 58; Schlinker, BeckOGK, Stand: 01.10.2023, § 688 BGB Rn. 62; a.A. Häublein, NJW 2009, 2982 ff. (echter Mischvertrag); Rieble, in: Staudinger, BGB, Stand: 31.07.2021, Vor § 688 Rn. 49 (Geschäftsbesorgungsvertrag)), wobei bisweilen betont wird, dass es sich um einen typengemischten Vertrag mit miet-, kauf- und dienstvertraglichen Elementen handele. Demgegenüber ist der BGH von der Anwendung mietvertraglicher (BGH, Urteil vom 20.06.1990 - VIII ZR 182/89, NJW-RR 1990, 1422) oder dienstvertraglicher Regelungen (BGH, Urteil vom 12.06.1990 - IX ZR 151/89, juris) ausgegangen (offengelassen in BGH, Urteil vom 02.10.2019 - XII ZR 8/19, NJW 2020, 328 Rn. 15 f.).
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist der Schwerpunkt des konkret geschlossenen Vertrages mit den darin getroffenen Vereinbarungen maßgeblich; die schematische Zuordnung von "Pferdepensionsverträgen" im Allgemeinen zu einem bestimmten Vertragstypus wie etwa dem Verwahrungsvertrag ist abzulehnen. Eine entsprechende Einstufung folgt insbesondere nicht ohne Weiteres aus der Übernahme von Obhut und Pflege des Pferdes, wie sie auch im Streitfall vorgesehen war (vgl. hier die Verpflichtung des Beklagten zur Einstreu der Liegehalle, zum Füttern und Tränken der Pferde, zum "Absammeln" des Auslaufs etc., § 1 Nr. 4 des "Pferdepensionsvertrags", Bl. 11 Bd. I d.A.).
Das Wesen des Verwahrungsvertrages liegt vielmehr darin, dass der Hinterleger, der die zu verwahrende Sache übergibt, seine Sachherrschaft an der übergebenen Sache aufgibt (vgl. Schlinker, in: BeckOGK, Stand 01.10.2023, § 688 BGB Rn. 10; Sprau, in: Palandt, BGB, 83. Auflage 2024, § 688 Rn. 1). Es muss dabei zugleich eine Hauptpflicht des Verwahrers (hier: des Stallbetreibers) sein, gerade für die Sicherheit und Erhaltung der eingestellten Tiere zu sorgen (vgl. nur Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2023, § 688 Rn. 7).
Eine solche Hauptpflicht ist bei der Verwahrung von Pferden, die aufgrund ihrer Konstitution und der eigenen Tiergefahr immer das Risiko einer Verletzung...