Leitsatz (amtlich)
1. Formelhafte "Begründungen" bei Festsetzung der Nachlasspflegervergütung, die ungeprüft die Angaben im Festsetzungsantrag übernehmen, genügen nicht den Anforderungen des § 38 Abs. 3 Satz 1 FamFG.
2. In einem Fall ungenügender Begründung kann eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG erfolgen.
3. Ein Stundensatz in Höhe von 75 EUR für einen Nachlasspfleger, der nicht Rechtsanwalt ist, kann allenfalls ganz ausnahmsweise in Betracht kommen.
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 29.01.2018; Aktenzeichen 59 VI 4340/17)) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts vom 29. Januar 2018 werden aufgehoben.
Dem Amtsgericht wird aufgegeben, über einen Vergütungsantrag des Beteiligten zu 2 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Dem Amtsgericht wird weiter aufgegeben, die Nachlasspflegschaft aufzuheben.
Gründe
Die Beschwerde, mit der die Beteiligte zu 1 sich gegen die vom Amtsgericht festgesetzte Vergütung für die Tätigkeit des Beteiligten zu 2 als Nachlasspfleger wendet, ist in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet.
I. 1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1, der Alleinerbin, bedarf der Auslegung. Die Beschwerde richtet sich in erster Linie, wie insbesondere das Schreiben der Beteiligten zu 1 vom 27. Dezember 2017 an das Nachlassgericht zeigt, gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Januar 2018. Die Beteiligte zu 1 wehrt sich ersichtlich aber auch gegen die Bestellung des Nachlasspflegers gemäß Beschluss vom 29. August 2017 mit der Begründung, diese sei von Anfang an nicht erforderlich gewesen. Allerdings scheidet eine rückwirkende Aufhebung der Nachlasspflegschaft gemäß § 47 FamFG ohnehin aus. Nach dieser Vorschrift ist eine wirksam gewordene gerichtliche Entscheidung, durch die jemand die Befugnis erhält, als Vertreter für einen anderen rechtsgeschäftlich tätig zu werden, wie hier der Beteiligte zu 2 gemäß § 1960 BGB, zwar aufzuheben, wenn sich erweist, dass die Voraussetzungen der Bestellung nicht oder nicht mehr vorliegen. Die Aufhebung erfolgt aber nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung ex nunc (vgl. OLG Jena, 6 W 541/12, Beschluss vom 22. Mai 2013, zit. nach juris; Bahrenfuss-Rüntz, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 47 Rn. 7; s. a. OLG Frankfurt, 20 W 417/92, Beschluss vom 1. Dezember 1992, zit. nach juris). Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 legt der Senat daher dahin aus, dass sie sich, entsprechend dem zutage getretenen Willen der Beteiligten zu 1, gegen die Vergütungsfestsetzung richtet.
2. Die Vergütungsfestsetzung durch das Amtsgericht kann keinen Bestand haben.
Nach § 1915 Abs. 1 Satz 2, § 1836 Abs. 1 BGB richtet sich die Höhe der Vergütung des Berufspflegers eines Nachlasses, der - wie vorliegend - werthaltig und nicht mittellos ist, nach den für die zu führenden Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte.
Das Amtsgericht hat es versäumt, im angefochtenen Beschluss zu den vorgenannten Kriterien Feststellungen zu treffen. Der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts vom 29. Januar 2018 enthält keine Begründung.
Weder der Vergütungsantrag noch der die Vergütung festsetzende Beschluss verhalten sich zu den Voraussetzungen des § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Qualifikation des Beteiligten zu 2 ist für den Senat (und vermutlich auch für die Beteiligte zu 1) nicht erkennbar. Diese Prüfung wird nicht bereits dadurch gegenstandslos, dass der Beteiligte zu 2 die Nachlasspflegschaft berufsmäßig führt. Auch über die Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte verhalten sich weder der Antrag noch der die Vergütung festsetzende Beschluss.
Die Festsetzung einer Stundenvergütung von 75 EUR gemäß dem Antrag des Beteiligten zu 2 für die Zeit vom 30. August 2017 bis zum 20. November 2017 ist ohne Begründung geblieben. Ob überhaupt ein solcher Stundensatz ausnahmsweise in Betracht kommt, lässt der Senat offen. Vorliegend ist jedenfalls die Nachlasspflegschaft nicht als schwierig, sondern eher als einfach einzuschätzen, so dass eine Vergütung von 75 EUR pro Stunde von vornherein ausscheidet.
Der Antrag begegnet auch weiteren Bedenken. So wird ein zeitlicher Aufwand von 3 Stunden und 40 Minuten für die "1. vorläufige Schlussrechnung" und für "Nachlassbearbeitung" angesetzt. Das Erstellen der Schlussrechnung aber ist eine eigene Angelegenheit des Nachlasspflegers und nicht vergütungsfähig. Was es mit "Nachlassbearbeitung" auf sich haben soll, bleibt gänzlich unklar.
Daneben kann der Senat nicht erkennen, warum für den Zeitraum bis 20. November 2017 die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorgelegen haben sollen. Bereits am 1. September 2017, unmittelbar nach der Bestellung des Beteiligten zu 2 als Nachlasspfleger, erhielt das Amtsgericht die Mitteilung des Pflegeheimes, dass die Erblasserin eine Schwester gehabt habe; Name und Adresse werden dort genannt. Dem Beteiligten zu 2 ist ausweislich einer handschriftlichen Ver...