Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahren ohne Versicherungsschutz: Strafbarkeit einer Fahrt zu anderen als Zulassungszwecken bei vorläufiger Deckungszusage für Zulassungsfahrten
Leitsatz (amtlich)
Besteht eine vorläufige Deckungszugsage auch für Zulassungsfahrten nach H.3.1 AKB 2008, so erfüllt eine Fahrt vor der Zulassung des Fahrzeugs zu anderen als Zulassungszwecken nicht den objektiven Tatbestand des § 6 Abs. 1 PflVG, weil hierin lediglich die Verletzung einer Obliegenheitspflicht im Rahmen eines bestehenden Versicherungsverhältnisses zu sehen ist, die nicht den Bestand des Versicherungsvertrages an sich beeinträchtigt.
Normenkette
PflVG §§ 1, 6 Abs. 1; FZV § 10 Abs. 4, § 23; AKB 2008 H. 3.2.1
Verfahrensgang
LG Bückeburg (Entscheidung vom 26.02.2013) |
AG Stadthagen (Entscheidung vom 22.10.2012) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten werden das Urteil der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bückeburg vom 26. Februar 2013 und das Urteil des Amtsgerichts Stadthagen vom 22. Oktober 2012
a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz verurteilt worden ist, und
b) im Gesamtstrafenausspruch
aufgehoben.
Der Angeklagte wird insoweit freigesprochen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Es verbleibt hiernach bei der Verurteilung des Angeklagten wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20 € und den bewilligten Zahlungserleichterungen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, soweit er verurteilt ist; soweit er freigesprochen ist, fallen die Kosten des gesamten Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Landeskasse zu Last.
Gründe
Das Amtsgericht Stadthagen hat den Angeklagten wegen Betrugs und wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 20 € verurteilt und Zahlungserleichterungen bewilligt. Das Landgericht Bückeburg hat die Berufung des Angeklagten verworfen. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat zum Teil Erfolg.
1. Soweit sich die Revision des Angeklagten gegen die Verurteilung wegen Betrugs und die hierfür verhängte Einzelgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20 € wendet, ist sie allerdings unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
a) Die Generalstaatsanwaltschaft hat bereits zutreffend ausgeführt, dass die Revision erfolglos die Beweiswürdigung angreift.
Die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht ist demgegenüber auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht. Sind derartige Rechtsfehler nicht feststellbar, hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung auch dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise möglich gewesen wäre (vgl. BGH StraFo 2009, 23; NStZ-RR 2008, 146; NJW 2006, 925; NJW 2005, 2322). Nach diesen Grundsätzen ist es auch Sache des Tatrichters, die Bedeutung und das Gewicht der einzelnen be- oder entlastenden Indizien in einer Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses zu bewerten. Ist diese Bewertung vertretbar, kann das Revisionsgericht nicht auf der Grundlage einer abweichenden Beurteilung der Bedeutung einer Indiztatsache in die Überzeugungsbildung des Tatrichters eingreifen.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es revisionsrechtlich nicht angreifbar, dass das Landgericht von Zahlungsunwilligkeit des Angeklagten ausgegangen ist. Hierbei hat es die wesentlichen Indizien sowohl in einer Einzelschau als auch in der Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Gewichtung berücksichtigt. Soweit die Revision dagegen nun vorbringt, der Angeklagte habe sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden, weil er die Mietminderung auf Anraten seines Rechtsanwalts hin vorgenommen habe, handelt es sich zunächst einmal um neues tatsächliches Vorbringen, welches in den Urteilsgründen keine Stütze findet und daher im Revisionsverfahren unzulässig ist. Abgesehen davon ist der Vortrag unerheblich; denn das Landgericht hat rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der geltend gemachte Grund für die Mietminderung, nämlich der Defekt der Heizung, vom Angeklagten - auch gegenüber seinem Rechtsanwalt - nur vorgeschoben worden ist.
b) Soweit die Revision die unzureichende Sachaufklärung rügt, handelt es sich um eine Verfahrensrüge, die nicht in der nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Form erhoben und daher unzulässig ist. Die Aufklärungsrüge ist nur dann zulässig erhoben, wenn die Revision nicht nur die Tatsachen benennt, deren Aufklärung sie vermisst, und das Beweismittel angibt, dessen sich das Gericht zur weiteren Aufklärung hätte bedienen sollen, sondern zudem auch darlegt, aufgrund welcher ihm be...