Leitsatz (amtlich)
1. Der Antrag des Finanzamtes auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek ist ein Ersuchen i.S. des § 38 GBO. Damit ist der Inhalt des eigentlichen Steuerbescheids als Vollstreckungstitel der Nachprüfung durch das Grundbuchamt entzogen und das Ersuchen ersetzt aus Sicht des Grundbuchamtes den Titel. Hieraus folgt, dass die im Ersuchen als zu besichernd bezeichneten Forderungen - d.h. die Einkommenssteuerforderungen ebenso wie die Zinsen und Säumniszuschläge - beim Vollzug der Eintragung als tituliert zu behandeln sind.
2. Im "titelersetzenden" Ersuchen bereits kapitalisierte Zinsen und Säumniszuschläge sind als Hauptforderung einzutragen bzw. dieser hinzuzurechnen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 5. März 2024 wird das Amtsgericht R. - Grundbuchamt - angewiesen, gegen die vorgenommene Eintragung der Zwangssicherungshypothek unter der laufenden Nr. ... in Abteilung ... des Blatts ... des Grundbuchs von R. über 74.452,63 EUR "nebst rückständiger Zinsen in Höhe von 5.139,00 Euro (auf Einkommenssteuer 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020) und Säumniszuschlägen in Höhe von 4.420,00 Euro für das L. N.", eingetragen am 15. Februar 2024, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats einen Amtswiderspruch zugunsten der Antragstellerin einzutragen.
Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat mit Antrag vom 14. Februar 2024 (Bl. 180 d.A.) die Eintragung einer Sicherungshypothek in Höhe eines Gesamtbetrags von 84.011,63 EUR auf dem im Grundbuch von R. Blatt ... verzeichneten Eigentum des Beteiligten zu 2 beantragt. Dieses am selben Tag beim Grundbuchamt eingegangene, unterzeichnete und mit Dienstsiegel versehene Schreiben bescheinigt unter Bezugnahme auf § 322 Abs. 3 Satz 2 AO, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung der dort aufgelisteten Steuerforderungen vorliegen. Es enthält eine Aufstellung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen i.H.v. insgesamt 84.011,63 EUR, die sich aus Einkommenssteuern, Solidaritätszuschlägen, Vollstreckungskosten sowie kapitalisierten, d.h. ausgerechneten Zinsen i.H.v. insgesamt 5.139,- EUR sowie aus Säumniszuschlägen i.H.v. insgesamt 4.420,- EUR zusammensetzen.
Das Amtsgericht R. - Grundbuchamt - hat daraufhin am 15. Februar 2024 eine Zwangssicherungshypothek über 74.452,63 EUR (Spalte ...) für das Land Niedersachsen aufgrund des genannten Ersuchens vom 14. Februar 2024 in der Abt. ..., laufende Nr. ..., des vorgenannten Grundbuchs eingetragen. Mit selber Verfügung hat es die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass rückständige Zinsen und Säumniszuschläge nicht als Hauptforderung der Zwangssicherungshypothek, sondern nur als Nebenforderung eintragungsfähig seien. In Spalte ... des Grundbuchs findet sich insoweit die Eintragung: "Vierundsiebzigtausendvierhundertzweiundfünfzig 63/100 Euro Zwangssicherungshypothek nebst rückständiger Zinsen in Höhe von 5.139,00 Euro [...] und Säumniszuschlägen in Höhe von 4.420,00 Euro für das Land Niedersachsen".
Mit Schreiben vom 5. März 2024 (Bl. 186 ff. d. A.) hat die Antragstellerin Beschwerde gegen die inhaltliche Ausführung ihres Antrags eingelegt und die Eintragung eines Widerspruchs in das Grundbuch beantragt. Sie beanstandet, dass das Grundbuchamt die in ihrem Antrag bezifferten Zinsen und Säumniszuschläge nicht als Hauptschuld der Zwangssicherungshypothek, sondern nur als Nebenforderung eingetragen hat. Diese Handhabung erweise sich als unrichtig, weil die Zinsen und Säumniszuschläge bereits im Titel - hier: dem Ersuchen vom 14. Februar 2024 - kapitalisiert, d.h. darin gerade nicht in Abhängigkeit von der Hauptforderung enthalten seien.
Das Amtsgericht R. - Grundbuchamt - hat die Eintragung eines Amtswiderspruchs mit Beschluss vom 18. Juni 2024 (Bl. 190 f. d.A.) abgelehnt, der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Eigentümer ist mit Schreiben der Berichterstatterin vom 21. Juli 2024 (Bl. 12 eAkte) darauf hingewiesen worden, dass der Beschwerde stattzugeben sein könnte, weil die Zinsen und Säumniszuschläge in dem Antrag vom 14. Februar 2024 bereits kapitalisiert sind. Eine Stellungnahme hierzu ist nicht eingegangen.
II. 1. Die Beschwerde erweist sich gem. § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO als zulässig. Zwar kann ein Rechtsmittel gem. § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO grundsätzlich nicht gegen eine Eintragung im Grundbuch selbst gerichtet werden. Für den Fall, dass sich an die Eintragung ein gutgläubiger Erwerb anschließen könnte, lässt § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO jedoch die Einlegung einer Beschwerde mit dem Ziel zu, unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 GBO einen Amtswiderspruch eintragen zu lassen (s. etwa Kramer, in: BeckOK GBO, Stand: 03.06.2024, § 71 Rn. 96 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall - auch wenn das Grundbuchamt vorliegend im Rahmen der Zwangsvollstreckung tätig geworden ist - erfüllt, weil eine Zwangssicherungshypothek mit ihrer Eintragung einer durch Rechtsgeschäft bestel...