Entscheidungsstichwort (Thema)

Urheberrechtsverletzung durch Werbung für das Lehrangebot einer Schule; Haftung der Anstellungskörperschaft nach § 839 BGB i.V.m. Art 34 GG

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Lehrer, der für das Fachangebot einer Schule - u.a. im Internet - wirbt, handelt in Ausübung eines öffentlichen Amtes.

Verletzt er mit einer solchen Werbung u.a. Urheberrechte Dritter, ist das jeweilige Land als Anstellungskörperschaft passivlegitimiert.

 

Normenkette

BGB § 839; GG Art. 34; UrhG § 97 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 14.07.2015; Aktenzeichen 18 O 413/14)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des LG Hannover vom 14.7.2015 wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Das...-Gymnasium in G. warb auf seinen Internetseiten u.a. mit einem von dem Kläger gefertigten Lichtbild für sein Fremdsprachenprogramm. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche im Wege der Lizenzanalogie gegen das beklagte Land geltend. Das LG hat der Klage stattgegeben.

Von einer Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. mit § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO abgesehen.

II. Die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Berufung als offensichtlich unbegründet durch einstimmigen Senatsbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO liegen aus den in dem Beschluss vom 24.9.2015 genannten Gründen vor, in dem der Senat das beklagte Land wie folgt auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung hingewiesen hat:

"Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch fordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Ferner ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Die Berufung hat nach derzeitigem Beratungsstand schließlich offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Dem Kläger dürfte der zuerkannte Ersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG i.V.m. § 839 BGB, Art. 34 GG gegen das beklagte Land zustehen.

1. Die widerrechtliche und schuldhafte Verletzung der Urheberrechte des Klägers nach §§ 13, 15, 72 UrhG durch den Schulleiter des...-Gymnasiums G. oder durch eine von diesem beauftragte Lehrkraft steht außer Streit. Die - implizite - Feststellung dieser Urheberrechtsverletzung durch das LG ist nicht angegriffen und begegnet keinen Bedenken.

2. Das LG hat zutreffend erkannt, dass das beklagte Land nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG passivlegitimiert ist.

Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dabei trifft die Verantwortlichkeit nach Art. 34 Satz 1 GG grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Diensten er steht, wenn er die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes verletzt. Dieser Anspruchsübergang erfasst auch den urheberrechtlichen Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG (BGH, Urteil vom 16.1.1992 - I ZR 36/90, juris Tz. 17 ff.; Urteil vom 20.5.2009 - I ZR 239/06, juris Tz. 10 ff.; von Wolff in: Wandtke/Bullinger, UrhR, 4. Aufl., § 97 UrhG Rn. 20).

Das beklagte Land räumt ein, dass die Gestaltung der schulischen Homepage von dem Schulleiter im Regelfall an eine oder mehrere Lehrkräfte delegiert wird. Dass dies vorliegend anders gewesen wäre, macht es nicht geltend. Bei dem Schulleiter und den Lehrkräften des...-Gymnasiums G. handelt es sich um Beamte im staatsrechtlichen, jedenfalls aber im haftungsrechtlichen Sinn, deren Anstellungskörperschaft das beklagte Land ist.

Das LG hat weiter zutreffend erkannt, dass der jeweilige Beamte, der das von dem Kläger gefertigte Lichtbild zur Bewerbung der an dem...-Gymnasium G. angebotenen Fremdsprache Spanisch auf die Internet-Seiten dieser Schule eingestellt hat, dabei in Ausübung seines öffentlichen Amtes gehandelt hat.

Ob ein bestimmtes Verhalten einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amtes anzusehen ist, bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinne die Person tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist, und ob bejahendenfalls zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dementsprechend handelt in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes jeder, der ihm übertragene Aufgaben der gesetzgebenden und rechtsprechenden Gewalt oder Hoheitsaufgaben auf dem Gebiet der vollziehenden Gewalt wahrnimmt. Wahrnehmung von Hoheitsaufgaben der vollziehenden Gewalt sind alle dienstlichen Tätigkeiten auf diesem Gebiet mit Ausnahme der Wahrnehmung bürgerlich-rechtlicher (fiskalischer) Belange auf dem Boden des bürgerlichen Rech...

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