Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anwaltsnotar, der sich mit anderen Anwaltsnotaren oder Rechtsanwälten zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen hat und nach dem Gesellschaftsvertrag alle Einnahmen (auch) aus dem Notariat an die Sozietät abführt, verstößt nicht gegen das Gebührenteilungsverbot des § 17 Abs. 1 S. 4 BNotO. Prüfungsmaßstab für eine solche Regelung ist § 9 Abs. 3 BNotO.

2. Allein die pauschale Abführung der Notargebühren an die Sozietät gefährdet die persönliche oder wirtschaftliche Unabhängigkeit des Notars i.S.d. § 9 Abs. 3 BNotO nicht, wenn er am Gewinn mit einem den konkreten Umständen des Einzelfalls angemessenen Anteil partizipiert.

3. Ob die Notaraufsicht von dem Notar allein wegen einer pauschalen Abführung der Notargebühren an die Sozietät verlangen kann, die Regelungen des Sozietätsvertrages vorzulegen, bleibt offen.

(Modifikation von OLG Celle, Beschluss vom 30.5.2007, Not 5/07, OLGR 2007, 709 ff., NJW 2007, 2929 ff.)

 

Normenkette

BNotO §§ 9, 17

 

Tenor

Die Weisungsverfügung des Antragsgegners vom 9.6.2009 wird aufgehoben. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens und die dem Antragsteller entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Geschäftswert: 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist mit den Rechtsanwälten R.M., S.O. und R.L.D. in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden.

Auf eine Anfrage im Rahmen einer Geschäftsprüfung teilte der Antragsteller mit, alle Einkünfte aus der gemeinsamen Berufsausübung, hierzu gehörten auch die Gebühren aus dem Notariat, seien Einnahmen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und würden deshalb nach Abzug aller Kosten geteilt.

Daraufhin erließ der Antragsgegner die angefochtene Weisung (Bl. 278 ff. SA), binnen eines Monats den Sozietätsvertrag dahin abzuändern, dass die Gebühren aus der Notartätigkeit nicht mehr pauschal und in vollem Umfang der Sozietät zuflössen, sondern gesondert verbucht und vereinnahmt würden. Der Antragsgegner führte unter Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 30.5.2007 aus (Not 5/07, NJW 2007, 2929 ff.), die Handhabung des Antragstellers verstoße gegen das Gebührenteilungsverbot nach § 17 Abs. 1 S. 4 BNotO. Danach dürften Anwaltsnotare, die mit anderen Anwälten oder auch Anwaltsnotaren in einer Sozietät verbunden seien, die Gebühren aus ihrer Notartätigkeit nicht pauschal und in vollem Umfang der Partnerschaft zufließen lassen. Trotz der Regelung des § 9 Abs. 2 BNotO sei das Notaramt als solches weder partnerschafts noch soziierungsfähig.

Gegen diese, ihm am 11.6.2009 (Bl. 281, 282 SA) zugestellte Verfügung hat der Antragsteller am 9.7.2009 (Bl. 1 ff.) gerichtliche Entscheidung beantragt.

Der Antragsteller hat dem Senat den Partnerschaftsvertrag vorgelegt (Senatsheft), aus dem sich die nunmehr gleichen Anteile der Partner am Gewinn ergibt (verbleibender Überschuss nach Abzug aller durch den Betrieb der Partnerschaft veranlassten Ausgaben von der Summe aller aus der Berufstätigkeit der Partner fließenden Einnahmen).

Zur Begründung seines Antrages führt der Antragsteller unter Bezug auf die Stellungnahme der Bundesnotarkammer vom 6.8.2009 (Bl. 27 ff.) aus, die von dem Antragsgegner zitierte Entscheidung des OLG Celle vom 30.5.2007 stehe nicht nur im Widerspruch zur bisher ganz überwiegenden Praxis, sondern auch zur herrschenden Meinung in der Literatur.

Die Entscheidung des OLG sei - soweit ersichtlich - die einzige Äußerung in der Rechtsprechung zu Vereinbarungen über die Gewinnaufteilung in Berufsausübungsgemeinschaften unter Einschluss der Notargebühren. Im Schrifttum gehe die ganz überwiegende Meinung davon aus, dass solche Vereinbarungen grundsätzlich zulässig seien, sofern die Grenzen des § 9 Abs. 3 BNotO beachtet würden.

Entgegen der Auffassung des OLG Celle greife die starre Verbotsregelung des § 17 Abs. 1 S. 4 BNotO nach dem Willen des historischen Gesetzgebers im Rahmen von Berufsausübungsgemeinschaften gerade nicht. Die Vorschrift solle in Ergänzung zu § 140 KostO vor allem verhindern, dass Vorteile im Zusammenhang mit dem einzelnen Amtsgeschäft gewährt und die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren durch faktische Gebührenvereinbarungen unterlaufen würden. Außerdem solle die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars gegenüber außenstehenden Dritten geschützt werden, weil die Amtsführung des Notars keiner externen wirtschaftlichen oder finanziellen Einflussnahme ausgesetzt sein dürfe. Aus den umfassenden Mitwirkungsverboten der § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 BNotO, § 45 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO ergebe sich, dass auch der Gesetzgeber die Personen, mit denen sich der Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden habe, nicht als außenstehende Dritte ansehe.

Die Gewinnaufteilung unter assoziierten Anwaltsnotaren sei vielmehr an dem flexibleren Maßstab des § 9 Abs. 3 BNotO zu messen, der eine Gewinnaufteilung gestatte, solange 'die persönliche und eigenverantwortliche Amtsführung, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars nicht beeinträchtigt wird'. Auch das OLG messe die Verei...

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