Leitsatz (amtlich)
Die Revision gegen ein jugendrichterliches Urteil, mit dem lediglich § 55 Abs. 1 Satz 1 JGG entsprechende Sanktionen angeordnet worden sind, ist unzulässig, wenn sich der Begründung der Revisionsanträge nicht eindeutig entnehmen lässt, dass mit dem Rechtsmittel ein nach dieser Vorschrift zulässiges Ziel verfolgt wird.
Tenor
Die Revision wird als unzulässig verworfen.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen; seine eigenen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte selbst.
Gründe
I.
Das Jugendgericht hatte den zur Tatzeit 16 Jahre und zwei Monate alten Angeklagten des gemeinschaftlichen schweren Raubes schuldig gesprochen. Es hat dem in vollem Umfang geständigen Angeklagten 10 Tage Arbeitsleistungen auferlegt und zusätzlich auf zwei Freizeitarreste erkannt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts "in allgemeiner Form" und die Verletzung formellen Rechts, zu der er ausführt, der in der Hauptverhandlung anwesend gewesenen Erziehungsberechtigten des Angeklagten sei nicht das letzte Wort gewährt worden. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
II.
Die Revision ist gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen. Denn der Angeklagte hat es entgegen § 344 Abs. 1 StPO versäumt, in der im vorliegenden Fall erforderlichen Weise anzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage. Zwar sind die Anforderungen an die Stellung der Revisionsanträge in der Regel nicht hoch. So wird das Fehlen konkreter Anträge allgemein als unschädlich angesehen, wenn sich das Ziel der Revision aus dem Inhalt der Revisionsschrift oder dem bisherigen Verfahrensgang eindeutig entnehmen lässt (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl. , § 344 Rn. 2 m. w. N. ). Auch wird aus der Erhebung der allgemeinen Sachrüge in vielen Fällen oft auf eine umfassende Urteilsanfechtung geschlossen werden können (vgl. a. a. O. Rn. 3 m. w. N. ). Diese für den Regelfall einer Urteilsanfechtung durch den Angeklagten oder die Staatsanwaltschaft entwickelten Grundsätze können jedoch nicht auf die Fälle uneingeschränkt übertragen werden, in denen die Einlegung des Rechtsmittels einer gesetzlichen Beschränkung unterliegt, die dazu führt, dass mit ihm nur bestimmte Ziele verfolgt werden dürfen. Ein derartiger Fall ist nach § 55 Abs. 1 JGG dann gegeben, wenn in der Entscheidung lediglich Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel angeordnet oder die Anordnung derartiger Sanktionen dem Familien- oder Vormundschaftsrichter überlassen worden ist. Dann stellt es ein unzulässiges Ziel der Anfechtung dar, wenn lediglich die Übertragung der Anordnung oder der Auswahl der Maßnahmen angefochten wird, die Anordnung anderer oder weiterer Erziehungsmaßnahmen oder Zuchtmittel erreicht werden soll oder das Rechtsmittel sich gegen den Umfang der angeordneten Maßnahmen wendet, wobei es auch einen unzulässigen Angriff gegen den Umfang der Maßnahmen bedeutet, wenn mit dem Rechtsmittel nicht nur ein geringeres Ausmaß, sondern ein gänzliches Absehen davon erreicht werden soll (vgl. LG Mainz NStZ 1984, 121 i. V. m. dem Beschluss des OLG Koblenz vom 14. September 1983 - 1 Ws 558/83 - mit abl. Anm. Eisenberg in NStZ 1984, 122 f; Brunner/Dölling, JGG, 10. Aufl. , § 55 Rn. 10; Ostendorf, JGG, 2. Aufl. , § 55 Rn. 27). Wegen dieser sachlichen Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeit, derzufolge die Anfechtung nur darauf gestützt werden kann, dass die Schuldfrage rechtlich oder tatsächlich falsch beantwortet oder die Sanktion selbst rechtswidrig ist (vgl. Ostendorf a. a. O. Rn. 25; Brunner/Dölling a. a. O. ), muss das Anfechtungsziel eindeutig mitgeteilt werden.
Für das Revisionsverfahren - für das ohnehin keine den Vorschriften der §§ 317, 318 Satz 2 StPO entsprechende Regelung getroffen worden ist, sondern gemäß § 344 StPO eine Pflicht zur Begründung besteht, die die Vermutungsregelung zum Umfange des Rechtsmittels überflüssig macht - bedeutet das, dass das Anfechtungsziel so eindeutig mitgeteilt werden muss, dass die Verfolgung eines unzulässigen Ziels sicher ausgeschlossen werden kann.
Für die insoweit vergleichbare Regelung bei Rechtsmitteln des Nebenklägers nach § 400 Abs. 1 StPO ist das anerkannt, weil ein Bedürfnis der Nachprüfung der Zulässigkeit besteht, um die Verfolgung unzulässiger Ziele auszuschließen (vgl. BGH bei Miebach, NStZ 1989, 221; BGHR-StPO § 400 Abs. 1 Zulässigkeit 5; § 401 Abs. 1 Satz 1 Zulässigkeit 2; BGH NStZ 1999, 259). Ein derartiges Bedürfnis, der möglichen Umgehung der Rechtsmittelbeschränkung entgegenzuwirken, besteht auch bei der Fallgestaltung der vorliegenden Art (vgl. Dallinger/Lackner, JGG, § 55 Rn. 20).
Diesen Anforderungen an die Angabe des Ziels des Rechtsmittels des Angeklagten ist im vorliegenden Fall nicht genügt. Weder dem Antrag noch dem sonstigen Revisionsvorbringen lässt sich entnehmen, dass mit dem Rechtsmittel nicht au...