Leitsatz (amtlich)

1. Die Wirksamkeit der für einen Sattelzug erteilten Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO hängt im Falle der Durchführung eines Schwertransportes, ohne dass eine im konkreten Fall erforderliche Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO vorliegt, vom Inhalt der Ausnahmegenehmigung ab.

2. Hat die Genehmigungsbehörde die Geltung der fahrzeugbezogenen Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO ausdrücklich im Wege einer Bedingung von dem Bestand einer nach § 29 Abs. 3 StVO erforderlichen streckenbezogenen Erlaubnis abhängig gemacht, hat dies bei Nichtvorliegen der Erlaubnis zur Folge, dass damit auch die Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO nicht wirksam ist.

 

Normenkette

StVZO § 70 Abs. 1; StVO § 29 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Diepholz (Entscheidung vom 14.09.2010)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Diepholz vom 14. September 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Betroffene des fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges schuldig ist, dessen zulässiges Gesamtgewicht und dessen zulässige Abmessungen überschritten waren.

Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Der Betroffene ist vom Amtsgericht Diepholz wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Vorschriften über eine Überschreitung der Abmessungen und Gesamtgewichte von Fahrzeugen zu einer Geldbuße von 250 € verurteilt worden.

Dem liegt nach den Feststellungen des Amtsgerichts folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 07.10.2009 befuhr der Betroffene mit einem Sattelzug, Sattelzugmaschine mit Anhänger, in D. die S. Straße in Richtung R.. Die Fahrzeugkombination wurde als Schwertransport geführt und in D. verkehrsrechtlich kontrolliert. Dabei wurde festgestellt, dass der Sattelzug nebst Auflieger und Ladungsteilen ein Gesamtgewicht von 62.300 kg aufwies und damit das gemäß § 34 Abs. 3, Abs. 6 StVZO zulässige Gesamtgewicht von 40.000 kg um 55,75 % überschritt. Die tatsächliche Länge des Sattelzuges wurde mit 18,40 m festgestellt, womit die gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2 StVZO für dieses Fahrzeug höchstzulässige Länge von 16,5 m überschritten war.

Für den Sattelzug nebst Anhänger war von der Bezirksregierung D. unter dem 22.06.2009 eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO über eine zulässige Länge bis 18,50 m und ein zulässiges Gesamtgewicht bis 77,5 t erteilt worden. Diese Ausnahmegenehmigung galt nach ihrem Wortlaut nur unter der Bedingung, dass auch die nach § 29 Abs. 3 StVO erforderliche Erlaubnis für den jeweiligen Verkehr mit solchen Fahrzeugen erteilt wurde. Die letzte Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO für den vom Betroffenen geführten Lastzug galt nur bis zum 31.12.2008, eine nach der Verkehrskontrolle eingeholte Erlaubnis galt für den Zeitraum vom 08.10. bis zum 04.11.2009. Für die Fahrt am 07.10.2009 lag somit keine Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO vor.

Nach Auffassung des Amtsgerichts fehlte es für die Fahrt am 07.10.2009 deshalb auch an einer wirksamen Genehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO. Denn die Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO sei nur wirksam, wenn gleichzeitig auch eine wirksame Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO vorliege. Deshalb habe für den vom Betroffenen geführten Schwertransport keine gültige Betriebserlaubnis nach § 70 StVZO vorgelegen mit der Folge, dass das für Kraftfahrzeuge zulässige Gesamtgewicht von 40 t und die zulässige Länge von 16,50 m überschritten gewesen seien. Dies habe der Betroffene bei gehöriger, gebotener und zumutbarer Sorgfalt auch erkennen können.

Gegen dieses Urteil richten sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und seine Rechtsbeschwerde. Der Einzelrichter hat dem Antrag auf Zulassung stattgegeben und die Sache auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen führt lediglich zu einer klarstellenden Ergänzung des Schuldspruches. Im Übrigen ist sie unbegründet und war zu verwerfen.

1. Die durch den Tatrichter rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 34 Abs. 3, Abs. 6 Nr. 5, 69 a Abs. 3 Nr. 2, 4 StVZO. Der Betroffene hat ohne die erforderliche Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO ein Fahrzeug mit Anhänger (Fahrzeugkombination) geführt, welches die gesetzlich vorgeschriebenen Gewichts und Längenmaße überschritt.

a) Dem steht nicht entgegen, dass für die genutzte Fahrzeugkombination grundsätzlich eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO betreffend Länge und Gesamtgewicht erteilt war. Denn diese Ausnahmegenehmigung war wegen der fehlenden Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO für die konkrete Fahrt nicht wirksam.

Eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO enthält eine fahrzeugbezogene Ausnahme zur allgemeinen Verkehrszulassung eines Fahrzeuges auf öffentlichen Straßen, das die sonst zulässigen Maße und Gewichte von Kraftfahrzeugen überschreitet (vgl. König in: He...

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