Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des Verfahrens nach §§ 645 ff. ZPO
Normenkette
ZPO § 645 ff.
Verfahrensgang
AG Hildesheim (Beschluss vom 08.01.2003; Aktenzeichen 37 FH 37010/02) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 3.764,40 Euro
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG seinen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 17.10.2002 aufgehoben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des durch das Jugendamt als Beistand vertretenen Antragstellers. Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil in der Aufhebung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses zugleich die Zurückweisung des auf Erlass dieses Beschlusses gerichteten Antrages liegt.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Das AG hat den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss zu Recht – auch hinsichtlich der vom Antragsteller geltend gemachten Unterhaltsrückstände für die Zeit von Februar bis Juni 2002 – aufgehoben.
Die Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren ist vorliegend nicht zulässig. Nach § 645 Abs. 1 ZPO ist das vereinfachte Verfahren nur statthaft, wenn der Unterhalt eines minderjährigen Kindes, das mit dem in Anspruch genommenen Elternteil nicht in einem Haushalt lebt, festgesetzt werden soll. Hierbei handelt es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung des vereinfachten Verfahrens (Musielak/Borth, 3. Aufl., § 645 ZPO Rz. 1), deren Angabe gem. § 646 Abs. 1 Nr. 9 ZPO im Antrag vorgeschrieben ist. Diese Voraussetzung muss im Zeitpunkt der Unterhaltsfestsetzung – vorliegend am 17.10.2002 – gegeben sein und ist von Amts wegen zu prüfen. Die Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren ist auf den Fall beschränkt, dass das Kind nicht im Haushalt des in Anspruch genommenen Elternteils lebt, weil das vereinfachte Verfahren allein auf den Barunterhalt gerichtet ist. Der betreuende Elternteil erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung gem. § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB durch die Pflege und Erziehung, so dass eine Barunterhaltspflicht entfällt (Musielak-Borth, 3. Aufl., § 645 Rz. 1; Coester/Waltjen in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 645 ZPO Rz. 10, § 646 ZPO Rz. 6).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich der Antragsteller seit dem 1.7.2002 beim Antragsgegner aufhält. Ob der Antragsgegner den Antragsteller zum Wechsel in seinen Haushalt überredet hat oder ob der Antragsteller – wie in der Beschwerdebegründung vorgetragen – sich derzeit in den Haushalten beider Eltern zeitweise aufhält und beim Antragsgegner lediglich die Nächte verbringt, während die Mutter den Antragsteller i.Ü. versorgt, ist für die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens nicht von Bedeutung. Da der Antragsteller zumindest auch beim Antragsgegner lebt, ist eine Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren nicht möglich. Für die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens kommt es insoweit auch nicht darauf an, ob die Mutter des Antragstellers den Unterhaltsanspruch gem. § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB im Fall eines praktizierten Wechselmodells im eigenen Namen geltend machen könnte (Palandt-Diederichsen, 61. Aufl., § 1629 BGB Rz. 31), da nach dem Wortlaut des § 645 Abs. 1 ZPO der Antragsteller nicht im Haushalt des Antragsgegners leben darf. Das vereinfachte Verfahren, das dem Mahnverfahren ähnelt, soll nicht mit schwierigen Rechts- oder Tatsachenfragen für die Festsetzung des Unterhalts belastet werden, wie sie durch den Aufenthaltswechsel des unterhaltsberechtigten Kindes entstehen können.
Dies gilt entgegen der Ansicht des Antragstellers auch für den seit Februar 2002 geltend gemachten rückständigen Unterhalt, da der Aufenthalt des Antragstellers als Zulässigkeitsvoraussetzung das Verfahren insgesamt erfasst (vgl. OLG Karlsruhe v. 25.4.2000 – 2 WF 30/00, FamRZ 2001, 767 sowie Zöller-Philippi, 23. Aufl., § 645 ZPO Rz. 1b für den Fall der Alleinsorge des Antragsgegners).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Brick Dr. Meyer-Holz Dr. Schwonberg
Fundstellen
Haufe-Index 1104306 |
FamRZ 2003, 1475 |
OLGR-CBO 2004, 15 |