Leitsatz (amtlich)

Werden einem Zeugen die durch sein Ausbleiben in einem Termin entstandenen Kosten auferlegt, gehören hierzu alle Kosten, welche durch die Anberaumung eines neuen Beweisaufnahmetermins entstehen. Hierzu zählen insbesondere die Reisekosten der Partei sowie ihres Prozessbevollmächtigten, eine Entschädigung für Zeitversäumnis der Partei, das Tage- und Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 RVG-VV, nicht aber gesondert Verdienstausfall für den Prozessbevollmächtigten.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 104, 380; JVEG §§ 19-20, 22

 

Verfahrensgang

LG Hildesheim (Beschluss vom 18.10.2007; Aktenzeichen 4 O 185/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Zeugen vom 17.11.2008 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 4. Zivilkammer vom 10.10.2008 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des LG Hildesheim vom 18.10.2007 von dem Zeugen H. -B. B. an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 275 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 8.1.2008 festgesetzt.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Zeuge zu 56 % und der Kläger zu 44 % zu tragen.

Die Gebühr Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG wird auf die Hälfte ermäßigt.

Der Beschwerdewert beträgt bis zu 600 EUR.

 

Gründe

I. Mit Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Hildesheim vom 18.10.2007 wurde gegen den Zeugen und Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld i.H.v. 550 EUR verhängt und ihm die durch sein Ausbleiben im Termin vom 2.8.2007 entstandenen Kosten auferlegt. Auf der Grundlage dieses Beschlusses beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung eigener Reisekosten i.H.v. 15,60 EUR sowie Zahlung eines Betrages i.H.v. 1.437,50 EUR als Zeitaufwand. Darüber hinaus wurde die Festsetzung von Fahrtkosten des Klägers mit dem eigenen Pkw i.H.v. insgesamt 492 EUR sowie Festsetzung eines Zeitaufwandes i.H.v. 720 EUR beantragt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.10.2008 hat der Rechtspfleger der 4. Zivilkammer des LG Hildesheim die von dem Zeugen an den Kläger zu erstattenden Kosten auf einen Betrag i.H.v. 493,10 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Zur Begründung hat der Rechtspfleger ausgeführt, dass die Reisekosten des Anwalts von H. bis nach B.-E. bis nach H. 237,60 EUR betragen würden. Zusätzlich seien 60 EUR Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 RVG-VV sowie ein Verdienstausfall nach § 22 JVEG mit einer Höchstgrenze von je 17 EUR pro Stunde festsetzungsfähig. Bei einem Verdienstausfall von 11,5 Stunden ergebe sich mithin ein Betrag i.H.v. 195,50 EUR und somit festsetzungsfähige Kosten des Anwalts i.H.v. insgesamt 493,10 EUR. Die Kosten des Klägers seien hingegen nicht festsetzungsfähig, weil Reisekosten zur Teilnahme an einem Verhandlungstermin auch bei anwaltlicher Vertretung grundsätzlich nicht erstattungsfähig seien. Ebenso wenig sei die Zeitversäumnis der Partei erstattungsfähig. Gegen dieses Beschluss hat der Zeuge mit Schriftsatz vom 17.11.2008 sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass durch sein Ausbleiben im Termin am 2.8.2007 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers keine Kosten entstanden seien, weil in dem Termin am 2.8. auch andere Zeugen angehört und mithin dieser Termin ohnehin mit Beweisaufnahme stattgefunden hätte. Außerdem sei der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif gewesen.

II. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.

1. Ohne Erfolg macht der Zeuge geltend, dass die in Ansatz gebrachten Kosten nicht festsetzungsfähig seien, weil im Termin am 2.8.2007 andere Zeugen vernommen worden seien. Wenn einem Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden, ist er zur Erstattung all derjenigen Kosten eines Verfahrensbeteiligten verpflichtet, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (vgl. BGH NJW-RR 2005, 725 ff. zitiert nach JURIS Rz. 18). Der anwaltlich beratene Zeuge verkennt insoweit, dass ihm nur diejenigen Kosten auferlegt worden sind, die durch sein Ausbleiben im Termin am 2.8.2007 entstanden sind. Dazu gehören nämlich die Kosten, die dadurch notwendig wurden, dass ein neuer Termin zur Vernehmung des Zeugen anberaumt werden musste. Zu den festsetzbaren Kosten zählen daher insbesondere die durch einen neuen Gerichtstermin bedingten Reisekosten einer Partei (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 380 Rz. 3).

2. Der Kostenfestsetzungsbeschluss weist aber andere schwere inhaltliche Mängel auf.

a) Zu Unrecht hat der Rechtspfleger der 4. Zivilkammer des LG

Hildesheim zugunsten des Klägers auf der Grundlage von § 22 JVEG einen Betrag i.H.v. 195,50 EUR als Verdienstausfall (des Prozessbevollmächtigten des Klägers) festgesetzt. Der Rechtspfleger hat verkannt, dass es für die Festsetzung eines Verdienstausfalls für den Rechtsanwalt...

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