Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne von § 343 Abs. 1 FamFG bei zweiwöchigem Aufenthalt eines Erblassers im Hospiz
Leitsatz (amtlich)
Unter dem "gewöhnlichen Aufenthalt" ist der tatsächliche Lebensmittelpunkt einer natürlichen Person zu verstehen, der mittels einer Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in der Zeit vor seinem Tod und zum Zeitpunkt des Todes festzustellen ist. Eine Mindestdauer des Aufenthalts ist nicht erforderlich, jedenfalls kann auch ein Zeitraum von nur rund zwei Wochen ausreichend sein, einen "gewöhnlichen Aufenthalt" zu begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ortswechsel dazu dient, sich in ein Hospiz zu begeben, mit einer Rückkehr an den bisherigen Aufenthaltsort also nicht gerechnet wird.
Normenkette
FamFG §§ 3, 5, 343 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Uelzen (Aktenzeichen 6 IV 764/17) |
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Lüneburg bestimmt.
Gründe
§ 343 Abs. 1 FamFG stellt seit seiner Reform im Zusammenhang mit der EUErbVO und im Gleichlauf mit Art. 4 EuErbVO auf den "gewöhnlichen Aufenthalt" des Erblassers ab (mit der Folge, dass ältere Entscheidungen zu § 343 Abs. 1 FamFG möglicherweise unberücksichtigt bleiben müssen, wie zum Beispiel OLG Karlsruhe, 9 AR 11/13, Beschluss vom 21. Mai 2013, zit. nach juris).
Unter dem "gewöhnlichen Aufenthalt" ist der tatsächliche Lebensmittelpunkt einer natürlichen Person zu verstehen, der mittels einer Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in der Zeit vor seinem Tod und zum Zeitpunkt des Todes festzustellen ist. Eine Mindestdauer des Aufenthalts ist nicht erforderlich, jedenfalls kann auch - wie hier - ein Zeitraum von nur rund zwei Wochen ausreichend sein, einen "gewöhnlichen Aufenthalt" zu begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - der Ortswechsel dazu dient, sich in ein Hospiz zu begeben, mit einer Rückkehr an den bisherigen Aufenthaltsort also nicht gerechnet wird (s. a. Keidel, FamFG, 19. Aufl., § 343 Rn. 69).
Das Hospiz, in dem die Erblasserin verstorben ist, liegt im Zuständigkeitsbezirk des Amtsgerichts Lüneburg mit der Folge, dass dieses für die Nachlasssache zuständig ist.
An einer Bindungswirkung des abgebenden Beschlusses (§ 3 Abs. 3 S. 2 FamFG) fehlt es schon deshalb, weil das abgebende Gericht nicht alle bekannten Beteiligten angehört hat (§ 3 Abs. 1 S. 2 FamFG).
Fundstellen
Dokument-Index HI13539830 |