Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Mindestanforderungen für eine Abhilfeentscheidung des Rechtspflegers nach § 11 Abs. 2 Satz 2, 3 RPflG.

2. Setzt der Rechtspfleger beim OLG sowohl die Kosten für das Beschwerdeverfahren als auch die Kosten für das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer in einem Kostenfestsetzungsbeschluss fest, sind auch die für das Verfahren vor der Vergabekammer festgesetzten Kosten ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrages zu verzinsen (im Anschluss an OLG München, Beschl. v. 22.9.2011 - Verg 5/11).

 

Normenkette

RPflG § 11 Abs. 2 S. 2, § 11 S. 3; GWB § 120 Abs. 2, § 78 S. 3, § 128 Abs. 4 S. 4

 

Tenor

Auf die Erinnerung der Beigeladenen wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin beim OLG vom 13.9.2012 abgeändert.

Die in dem angefochtenen Beschluss von der Antragstellerin an die Beigeladenen zu erstattenden, auf 20.985,63 EUR festgesetzten Kosten sind i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.1.2012 zu verzinsen.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

Wert des Erinnerungsverfahrens: Bis 600 EUR.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Rechtspflegerin beim OLG die von der Antragstellerin an die Beigeladenen zu erstattenden Kosten auf 20.985,63 EUR festgesetzt. Zinsen seien indes lediglich auf einen Betrag i.H.v. 12.824,37 EUR zu zahlen. Denn eine Verzinsung der festgesetzten Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer können nicht erfolgen, da sie in § 128 GWB nicht vorgesehen seien und eine analoge Anwendung der §§ 103 ff. ZPO für den Bereich der Kostenfestsetzung nach § 80 VwVfG abgelehnt werde. Dagegen richtet sich die Erinnerung der Beigeladenen, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat.

II. Die nach §§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 78 Satz 3 GWB, 103 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2 ZPO, 11 Abs. 2 RPflG, 569 Abs. 1 ZPO zulässige Erinnerung der Beigeladenen, über die der Senat zu entscheiden hat (vgl. MünchKomm/ZPO-Lipp, 3. Aufl., § 573 Rz. 13; Bassenge/Roth, RPflG, 12. Aufl., § 11 Rz. 37), hat Erfolg.

1. Der Nichtabhilfebeschluss der Rechtspflegerin vom 2.10.2012 ist verfahrensfehlerhaft. Die Verfahrensweise der Rechtspflegerin genügt nicht den an ein Abhilfeverfahren zu stellenden Mindestanforderungen.

Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2, 3 RPflG hat der Rechtspfleger einer begründeten Erinnerung abzuhelfen, weshalb es nach Einlegung einer Erinnerung einer Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bedarf. Es ist insoweit eine Amtspflicht des erkennenden Rechtspflegers, den Inhalt der Erinnerungsschrift daraufhin zu überprüfen, ob die angefochtene Entscheidung ohne Vorlage an den Richter zu ändern ist. Dies erfordert, dass der Rechtspfleger das Vorbringen eines Erinnerungsführers zu Kenntnis nimmt, das gesamte Erinnerungsvorbringen im Einzelnen prüft und darlegt, dass und aus welchen Gründen das Vorbringen eine Änderung der angegriffenen Entscheidung nicht rechtfertigt. Eine Nichtabhilfeentscheidung, die sich im Wesentlichen darauf reduziert, nur auf die Ausgangsentscheidung Bezug zu nehmen, oder die sich auf eine floskelhafte Begründung reduziert, ist einer fehlenden Begründung grundsätzlich gleichzusetzen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beschwerde keine neue Begründung enthält oder in der angefochtenen Entscheidung schon auf sämtlichen von dem Rechtsmittelführer vorgetragenen Gesichtspunkte eingegangen worden ist (st. Rspr., vgl. z.B. OLG München, Beschl. v. 4.2.2010 - 31 Wx 13/10, juris Rz. 4 f.; OLG Köln, Beschl. v. 24.8.2009 - 4 WF 88/09, juris Rz. 2 f.).

Nach dieser Maßgabe ist der formelhafte Nichtabhilfebeschluss der Rechtspflegerin vom 2.10.2012, mit der diese der Erinnerung der Beigeladenen "aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses" nicht abgeholfen hat, verfahrensfehlerhaft.

Die Antragstellerin hat in der Erinnerung insbesondere auf die - nachfolgend unter Ziff. 2 zitierte - Entscheidung des OLG München vom 22.9.2011 (Verg 5/11) verwiesen, in der die Rechtsauffassung der Beigeladenen - mit ausführlicher Begründung - bestätigt wird. Die Beigeladene hat ferner darauf hingewiesen, dass die Fundstelle, auf die die Rechtspflegerin ihre angegriffene Entscheidung gestützt hat (Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, 1. Aufl., § 128 GWB Rz. 79), nicht mehr aktuell ist und in der aktuellen 2. Aufl. die Auffassung vertreten wird, auf die sich auch die Beigeladene beruft (Willenbruch/Widdekind, Vergaberecht, 2. Aufl., § 78 GWB Rz. 29). Aus dem Umstand, dass die Rechtspflegerin in ihrer Nichtabhilfeentscheidung auf all dies mit keinem Wort eingegangen ist und stattdessen lediglich lapidar ausgeführt hat, dass der Erinnerung "aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses" nicht abgeholfen werde, muss der Senat schließen, dass die Rechtspflegerin entgegen ihrer Verpflichtung aus § 11 Abs. 2 Satz 2, 3 RPflG verfahrensfehlerhaft entweder das Erinnerungsvorbringen gar nicht zur Kenntnis genommen oder dieses zumindest nicht erwogen hat. Mit dieser Vorgehensweise hat die Rechtspflegerin das r...

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