Leitsatz (amtlich)
1. Die im Klageerzwingungsverfahren geltenden, erhöhten Darlegungsanforderungen, wonach zur Darstellung des Sachverhalts weder auf Anlagen zu dem Klageerzwingungsantrag noch auf die Akten, frühere Eingaben oder andere Schriftstücke Bezug genommen werden darf, können nicht auf das Verfahren nach § 23 ff. EGGVG übertragen werden.
2. Ein Antrag im Verfahren nach § 23 ff. EGGVG muss gleichwohl diejenigen Tatsachen, aus denen sich die Möglichkeit einer Verletzung eines Rechtes des Antragstellers ergeben soll, so vollständig und nachvollziehbar - sei es in der Antragschrift selbst, durch beigefügte Anlagen oder Verweisung auf Schriftstücke - darlegen, dass dem Senat die Prüfung der Schlüssigkeit des Antrages möglich ist.
3. Auch im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG ist es nicht Aufgabe des Senates, sich unter Beschaffung und Auswertung von Akten oder sonstigen Unterlagen Kenntnis des dem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhaltes zu verschaffen und sich auf diesem Weg selbst die Grundlagen für die erforderliche Schlüssigkeitsprüfung herauszusuchen.
Verfahrensgang
GenStA Celle (Aktenzeichen 21 VAs 10/12) |
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 500 € festgesetzt.
Gründe
I.
In dem Verfahren 21 Js 7588/01 wurde gegen den Antragsteller mit Urteil vom 6. Dezember 2001 eine Freiheitsstrafe verhängt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB angeordnet. Es wurde festgestellt, dass die der Verurteilung zugrundeliegende Tat aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen wurde. Die Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde später für erledigt erklärt. In dem Verfahren 6 Js 8207/09 wurde der Antragsteller durch Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 26. Januar 2010 wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Höhe der verhängten Strafen und den Stand ihrer Vollstreckung teilt das Antragsvorbringen nicht mit. Der Verurteilte beantragte am 2. März 2012 bei der Staatsanwaltschaft Hildesheim die weitere Vollstreckung der Strafen in den Verfahren 21 Js 7588/01 und 6 Js 8207/09 gemäß § 35 BtMG zurückzustellen.
Die Staatsanwaltschaft Hildesheim lehnte mit Bescheid vom 11. April 2012 die beantragte Zurückstellung der Strafvollstreckung in beiden Verfahren mit der Begründung ab, dass ein Zurückstellungshindernis bestehe, weil in dem Verfahren 6 Js 8207/09 nicht festgestellt werden könne, dass die der dortigen Verurteilung zugrundeliegende Tat aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Verurteilten begangen worden ist. Die hiergegen gerichtete Beschwerde nach § 24 EGGVG wies die Generalstaatsanwaltschaft Celle mit Bescheid vom 25. Mai 2012 zurück. Hiergegen richtet sich der Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 ff. EGGVG, verbunden mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des ihn vertretenden Rechtsanwaltes.
II.
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig. Er genügt nicht den Anforderungen des § 24 Abs. 1 EGGVG. Nach dieser Vorschrift muss der Antragsteller geltend machen, durch die angefochtene Maßnahme oder ihre Ablehnung in seinen Rechten verletzt zu sein. Die bloße Behauptung einer Rechtsverletzung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr eine - wenn auch zunächst in groben Zügen - die Schlüssigkeitsprüfung ermöglichende Sachdarstellung, also der Vortrag von Tatsachen, die im Falle ihres Zutreffens ergeben, dass dem Verurteilten zumindest unter einem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt die beanspruchten Rechte zustehen und die Behörde diese verletzt (vgl. ständige Rechtsprechung des Senats, Beschlüsse vom 22. Mai 2009 - 2 VAs 6/09 - vom 13. Januar 2009 - 2 VAs 21/08 - vom 9. Dezember 2008 - 2 VAs 20/08 - und vom 21. Juli 2008 - 2 VAs 12/08 -).
An einem solchen aus sich heraus verständlichen Sachvortrag, aus dem sich ergibt, dass der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein könnte, fehlt es hier.
a) Gegenstand des Verfahrens nach § 23 ff. EGGVG ist eine unmittelbare Verletzung eines subjektiven Rechts des Antragstellers durch eine staatliche Maßnahme oder ihre Ablehnung bzw. Unterlassung. Da durch die Ablehnung der Zurückstellung der weiteren Strafvollstreckung dem Antragsteller die Wiedererlangung der persönlichen Freiheit verwehrt wird, steht eine mögliche Verletzung seiner Grundrechte in Rede. Diese Grundrechtrelevanz führt dazu, dass Art. 19 Abs. 4 GG besondere Bedeutung gewinnt und an den Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz nicht dieselben strengen Anforderungen wie im Klageerzwingungsverfahren gestellt werden können (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 5. April 2012 - 2 BvR 211/12 -). Die im Klageerzwingungsverfahren geltenden, erhöhten Darlegungsanforderungen, wonach zur Darstellung des Sachverhalts weder auf Anlagen zu dem Klageerzwingungsantrag noch auf die Akten, frühere Eingaben oder andere Schriftstücke Bezug genommen w...