Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Pausen bei der Festsetzung von Längenzuschlägen zur Terminsgebühr des Verteidigers
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Berechnung der Hauptverhandlungsdauer für die Entscheidung über einen Längenzuschlag zur Terminsgebühr des Verteidigers sind Pausen von über einer Stunde Dauer in Abzug zu bringen. Sitzungsunterbrechungen bis zu einer Dauer von einer Stunde bleiben demgegenüber mit Ausnahme der Mittagspause unberücksichtigt.
2. Die Zeit einer Mittagspause ist bei der Berechnung der Hauptverhandlungsdauer unabhängig von der Pausendauer stets in Abzug zu bringen.
3. Als Beginn der Hauptverhandlung ist bei der Entscheidung über einen Längenzuschlag der terminierte und nicht der tatsächliche Verhandlungsbeginn am Sitzungstag anzusetzen.
Normenkette
VV-RVG Nrn. 4110-4111, 4116-4117, 4122-4123
Verfahrensgang
LG Hannover (Entscheidung vom 24.05.2016; Aktenzeichen 46 KLs 32/14) |
Tenor
Der Beschluss des Landgerichts Hannover vom 24. Mai 2016 wird aufgehoben.
Die Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts Hannover vom 27. April 2016 über die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung für den Beschwerdeführer wird dahingehend abgeändert, dass dem Beschwerdeführer über den bereits zuerkannten Betrag hinaus ein weiterer Betrag in Höhe von 256,- € zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen ist.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer, Rechtsanwalt Dr. A. aus B., war in einem Verfahren vor der 12. großen Strafkammer des Landgerichts Hannover als Pflichtverteidiger tätig und nahm als solcher unter anderem an den Hauptverhandlungen am 30. März 2016 und 31. März 2016 teil.
Mit Schreiben vom 6. April 2016 beantragte der Beschwerdeführer im Rahmen seines Antrages auf Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren für seine Teilnahme an der Hauptverhandlung am 30. März 2016 einen Längenzuschlag in Höhe von 256,- € nach Nr. 4117 VV-RVG, weil die Hauptverhandlung von 9.00 Uhr bis 18.30 Uhr und damit auch unter Herausrechnung der Mittagspause von 37 Minuten länger als acht Stunden, nämlich acht Stunden und 53 Minuten, gedauert habe. Für seine Teilnahme an der Hauptverhandlung am 31. März 2016 beantragte der Beschwerdeführer einen Längenzuschlag in Höhe von 128,- € nach Nr. 4116 VV-RVG, weil die Hauptverhandlung an diesem Tag von 9.00 Uhr bis 17.18 Uhr und damit unter Herausrechnung der Mittagspause, die 97 Minuten dauerte, länger als fünf Stunden, nämlich sechs Stunden und 41 Minuten, gedauert habe.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Landgerichts Hannover erkannte die beantragten Längenzuschläge nicht an. Für die Teilnahme an der Hauptverhandlung vom 30. März 2016 billigte er dem Verteidiger lediglich einen Längenzuschlag nach Nr. 4116 VV-RVG in Höhe von 128,- € zu. Für die Hauptverhandlung am 31. März 2016 erkannte der Urkundsbeamte keinen Längenzuschlag, sondern nur die einfache Terminsgebühr an.
Der Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 27. April 2016 liegen folgende zeitliche Abläufe zu Grunde, die als solche unstreitig sind:
Für den Fortsetzungstermin der Hauptverhandlung am 30. März 2016 waren die Verfahrensbeteiligten auf 9.00 Uhr geladen worden. Die Hauptverhandlung begann tatsächlich um 9.06 Uhr. Die Hauptverhandlung endete an diesem Tag um 18.30 Uhr. Seiner Berechnung der Dauer der Hauptverhandlung an diesem Tag hat der Urkundsbeamte den terminierten Beginn um 9.00 Uhr zu Grunde gelegt, so dass er im Ansatz von einer Hauptverhandlungsdauer von 570 Minuten ausgegangen ist. Hiervon hat er dann jedoch zum einen die Mittagspause von 12.00 Uhr bis 12.37 Uhr (= 37 Minuten) in Abzug gebracht. Zum anderen hat er die Zeiten sämtlicher sonstiger Unterbrechungen in Abzug gebracht. Dies waren an diesem Sitzungstag Pausen mit einer Länge von 11 Minuten, 28 Minuten, 19 Minuten, 21 Minuten und 13 Minuten. Über die Mittagspause hinaus hat der Urkundsbeamte mithin weitere 92 Minuten Pausenzeiten in Abzug gebracht. Im Ergebnis hat der Urkundsbeamte eine tatsächliche Hauptverhandlungsdauer am 30. März 2016 von 441 Minuten, also 7 Stunden und 21 Minuten, errechnet und seiner Festsetzung zu Grunde gelegt, womit sich lediglich ein Längenzuschlag nach Nr. 4116 VV-RVG für eine länger als fünf Stunden aber nicht über acht Stunden dauernde Hauptverhandlung ergab.
Für den Fortsetzungstermin der Hauptverhandlung am 30. März 2016 waren die Verfahrensbeteiligten ebenfalls auf 9.00 Uhr geladen worden. Die Hauptverhandlung begann tatsächlich um 9.24 Uhr. Die Hauptverhandlung endete an diesem Tag um 17.18 Uhr. Seiner Berechnung der Dauer der Hauptverhandlung an diesem Tag hat der Urkundsbeamte wiederum den terminierten Beginn um 9.00 Uhr zu Grunde gelegt, so dass er im Ansatz von einer Hauptverhandlungsdauer von 498 Minuten ausgegangen ist. Hiervon hat er dann jedoch zum einen die Mittagspause von 12.35 Uhr bis 14.12 Uhr (= 97 Minuten) in Abzug gebracht. Zum anderen hat er die Zeiten sämtlicher sonstiger Unterbrechungen in Abzug...