Leitsatz (amtlich)

Ein Vertrag zur Beauftragung Dritter mit der Arbeitsvermittlung nach § 37 SGB III hat öffentlich-rechtliche Rechtsnatur.

 

Normenkette

GVG § 17a; SGG § 51; SGB III § 37

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 22.08.2008; Aktenzeichen 13 O 382/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 11.9.2008 gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des LG Hannover vom 22.8.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 19.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der O. GmbH (im Folgenden O. GmbH) vertragliche Auskunfts- und Zahlungsansprüche gegen die Beklagte geltend.

Anfang des Jahres 2004 schlossen die O. GmbH und die Beklagte nach Durchführung eines Vergabeverfahrens einen "Vertrag zur Beauftragung Dritter mit der Vermittlung nach § 37 SGB III" (Anlage K1, Bl. 150 ff.), mit dem die O. GmbH die der Beklagten gem. § 35 SGB III obliegende Aufgabe übernahm, Ausbildungs- und Arbeitsuchende in betriebliche Ausbildungs- bzw. sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln (§§ 1 Abs. 1 und 2, 15 Abs. 1 und 2 des Vertrages). Für Mängelansprüche und Verjährungsfristen war die ausschließliche Geltung des BGB vereinbart (§ 2 Abs. 4). Eine Kündigung des Vertrages sollte nach §§ 92, 97 Abs. 2 SGB X erfolgen (§ 5 Abs. 2); im Übrigen sollten ergänzend die Bestimmungen des BGB gelten (§ 2 Abs. 1 lit. e). § 6 Abs. 1 des Vertrages statuierte die Pflicht der O. GmbH, die speziell an die Beklagte gerichteten gesetzlichen Bestimmungen zur Vermittlungstätigkeit, insbesondere §§ 35 Abs. 2 Satz 2, 36 SGB III zu beachten. Zudem wurde der Datenschutz mit Prüfungs- und Kontrollbefugnissen des Bundesdatenschutzbeauftragten geregelt (§ 6 Abs. 8); der Bundesrechnungshof sollte Prüfungs- und Kontrollbefugnisse nach § 54 Haushaltsgrundsätzegesetz haben (§ 7 Abs. 2).

Nachdem der Kläger mit Beschluss des AG K. vom 1.6.2005 -..., zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der O. GmbH bestellt worden ist, begehrt er im Wege einer beim LG eingereichten Stufenklage Auskunft, ob von der O. GmbH betreute Personen Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnisse aufgenommen und mindestens sechs Monate aufrecht erhalten haben, sowie gegebenenfalls die Bezahlung des hierfür anfallenden Erfolgshonorars.

Während die Parteien übereinstimmend davon ausgehen, dass der streitgegenständliche Vertrag privatrechtlicher Natur und demzufolge der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet sei (Bl. 421, 437 d.A.), hat das LG mit Beschluss vom 22.8.2008 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht verwiesen (Bl. 466 f. d.A.). Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass der streitgegenständliche Vertrag seinem Gegenstand nach dem öffentlichen Recht in Angelegenheiten der Arbeitsförderung zuzurechnen sei und deshalb gem. § 51 Abs. 1 Ziff. 4 SGG in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit gehöre. Gegen den ihr am 29.8.2008 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 11.9.2008 sofortige Beschwerde erhoben (Bl. 472 d.A.), der das LG nicht abgeholfen hat.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist gem. § 17a Abs. 4 GVG i.V.m. § 567 Abs. 1 ZPO zulässig. Sie ist in der Sache jedoch unbegründet. Das LG hat zu Recht den Zivilrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das gem. § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG zuständige Sozialgericht abgegeben.

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder zivilrechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 51 Abs. 1 SGG. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob sich ein Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtsnormen des öffentlichen Rechts bedient. Entscheidend ist demnach, welche Rechtsnormen den Sachverhalt prägen und für die Beurteilung des Klagebegehrens objektiv herangezogen werden können und müssen. Beruht die Streitigkeit - wie hier - auf einem Vertrag, so kann allerdings allein aus dem damit verbundenen Gleichordnungsverhältnis der Vertragsparteien noch nicht auf eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit geschlossen werden; vielmehr liegt es auch im Wesen des öffentlich-rechtlichen Vertrages, dass sich die Vertragsparteien grundsätzlich gleichgeordnet gegenüberstehen. Für die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an. Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (GmSOBG BGHZ 97, 312/313 f.). Da die Rechtsnatur des Vertrages somit auch nur ei...

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