Entscheidungsstichwort (Thema)
Einzelrichter im FGG-Verfahren, Ersetzung der Zustimmung zur Belastung des Erbbaurechts
Leitsatz (amtlich)
1. Der Entscheidung des Einzelrichters im Beschwerdeverfahren vor der Zivilkammer fehlt im echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine ordnungsgemäße prozessuale Grundlage, wenn die voll besetzte Kammer das Verfahren nicht zuvor durch förmlichen Beschluss auf den Einzelrichter übertragen hat.
2. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Belastung des Erbbaurechts mit einem Grundpfandrecht ist für den Umfang der Belastung nicht nur der Nennwert des Grundpfandrechts, sondern auch das Zinsrisiko mit einem Rückstand von zwei Jahren angemessen zu berücksichtigen; der Wert des Erbbaurechts ist nach den Vorschriften für die Anlage von Mündelgeld gem. § 19 Abs. 1 S. 2 und 3 ErbbRVO zu ermitteln, wobei die Belastungsgrenze des § 19 Abs. 1 S. 1 ErbbRVO keine Anwendung findet.
Normenkette
FGG § 30; ZPO § 526; ErbbRVO § 7
Verfahrensgang
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin vom 31.12.2005 wird der Beschluss der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 15.12.2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Zivilkammer des LG in ihrer vollen Besetzung zurückverwiesen, die auch über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu entscheiden hat.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde und - insoweit unter Abänderung des Beschlusses des LG vom 16.12.2005 - für das Beschwerdeverfahren vor dem LG wird auf 35.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller, dem am 4.3.2005 im Zwangsversteigerungsverfahren 10 K/03 AG Winsen das im Grundbuch von W.L. Bl. 7060 eingetragene Wohnungserbbaurecht gegen ein Bargebot von 33.000 EUR zugeschlagen worden ist, begehrt von der Antragsgegnerin als Grundstückseigentümerin die Ersetzung der Zustimmung zur Belastung des Erbbaurechts mit einer Grundschuld von 35.000 EUR nebst 15 % Zinsen jährlich zum Zwecke der Finanzierung des Meistgebotes. Als Teil des geringsten Gebotes blieben keine Rechte bestehen. Gemäß § 9 Abs. 1 des Erbbaurechtsvertrages vom 4.12.1989 wird der Grundstückseigentümer die Zustimmung zur Belastung des Erbbaurechts in der Regel nur erteilen, wenn die Belastungen innerhalb von zwei Dritteln des amtlichen Schätzwertes liegen. Die Beteiligten streiten über die Höhe des Verkehrswertes des Erbbaurechts. Der Antragsteller hält einen Betrag in Höhe der Verkehrswertfestsetzung im Zwangsversteigerungsverfahren (76.000 EUR) für angemessen, die Antragsgegnerin behauptet, der Verkehrswert übersteige das Bargebot in der Zwangsversteigerung nicht.
Das AG hat mit seinem am 4.11.2005 zugestellten Beschl. v. 25.10.2005 antragsgemäß die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Belastung des Erbbaurechts erteilt. Die dagegen von der Antragsgegnerin am 18.11.2005 eingelegte sofortige Beschwerde vom 16.11.2005 hat das LG durch einen Beschluss der Einzelrichterin vom 15.12.2005 zurückgewiesen, dem eine Übertragung der Sache durch einen Beschluss der Kammer auf die Einzelrichterin nicht vorausgegangen ist. Gegen den der Antragsgegnerin formlos am 17.12.2005 zugegangenen Beschluss der Einzelrichterin richtet sich die am 2.1.2006 eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin vom 31.12.2005.
Die Antragsgegnerin rügt unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens, dass das LG entgegen seiner Verpflichtung aus § 12 FGG ihrer Behauptung zur Höhe des Verkehrswertes nicht nachgegangen sei und dass über die Beschwerde wegen der fehlenden Übertragung der Sache auf den Einzelrichter nicht der gesetzliche Richter entschieden habe.
Die Antragsgegnerin beantragt,
1. den angefochten Beschluss aufzuheben,
2. unter Abänderung der Entscheidung des AG den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache zu erneuten Entscheidung an das LG zurückzuverweisen.
Die Antragsgegnerin teilt die Auffassung der Antragsgegnerin zum Fehlen eines förmlichen Beschlusses zur Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter. Im Übrigen ist sie der Ansicht, dass der angefochtene Beschluss inhaltlich nicht zu beanstanden sei.
II.1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. §§ 7 Abs. 3 S. 2 ErbbRVO, 27, 29 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 1 S. 1, 60 Abs. 1 Nr. 6 FGG statthaft und zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt worden.
Der Beschluss des LG vom 15.12.2005 ist der Antragsgegnerin formlos übersandt worden und bei der Antragsgegnerin nach deren nicht widerlegten Vorbringen am 17.12.2005 eingegangen, so dass die Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde vom 31.12.2005 bei dem LG am 2.1.2006 die Beschwerdefrist wahrt, §§ 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG.
Der Senat entscheidet über die sofortige weitere Beschwerde nach Anhörung des Antragstellers gem. § 30 Abs. 1 S. 1 FGG in der ...