Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur nachträglichen Gesamtstrafenbildung aus Freiheitsstrafen und nach § 41 StGB verhängten Geldstrafen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bildung einer Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafen kommt bei solchen Geldstrafen in der Regel nicht in Betracht, die nach § 41 StGB als zweite Hauptstrafe verhängt worden sind, weil dadurch eigenständige Strafzwecke verfolgt werden.
2. Dies gilt uneingeschränkt aber nur bei gleichzeitiger Entscheidung über eine (Gesamt-)Freiheitsstrafe und einer daneben unter den Voraussetzungen von § 41 StGB festgesetzten Geldstrafe. Bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB müssen hingegen auch Umstände berücksichtigt werden, die erst später entstanden sind. Es ist daher im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung zu prüfen, ob die Voraussetzungen von § 41 StGB noch vorliegen.
3. Liegen die Voraussetzungen für eine gesonderte Geldstrafe gem. § 41 StGB im Zeitpunkt der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nicht mehr vor, so kann diese Geldstrafe nicht mehr gesondert bestehen bleiben, sondern ist als Einzelstrafe in die neue Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen.
Normenkette
StGB §§ 41, 53, 55
Verfahrensgang
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hannover zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Hannover hat den Angeklagten am 12.11.2012 wegen Betruges "in einem besonders schweren Fall" und wegen Untreue "in einem besonders schweren Fall" in 4 Fällen schuldig gesprochen. Unter Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 01.08.2011 und unter Einbeziehung der dort verhängten Einzelstrafen hat es den Angeklagten hierfür zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten und daneben zu einer Gesamtgeldstrafe von 600 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt. Darüber hinaus hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen Untreue "in einem besonders schweren Fall" in 2 Fällen und wegen Unterschlagung in 2 Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts lebt der Angeklagte von seiner Ehefrau getrennt und hat keine Kinder. Er ist gelernter Versicherungsfachmann und seit dem 12.09.2012 unbefristet bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt. Hierfür bezieht er ein monatliches Nettoeinkommen von 1.000 €. Der Angeklagte hat Schulden in Höhe von ca. 400.000 € und musste deshalb am 29.03.2012 die eidesstattliche Versicherung abgeben. Er beabsichtigt, mithilfe einer privaten Schuldnerberatung ein Insolvenzverfahren durchzuführen.
Strafrechtlich ist der Angeklagte erstmals mit den Taten in Erscheinung getreten, die dem einbezogenen Strafbefehl vom 01.08.2011 zugrunde lagen. Dort war der Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr unter Strafaussetzung zur Bewährung sowie daneben zu einer Gesamtgeldstrafe von 600 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt worden.
Zur Sache hat das Amtsgericht im hiesigen Verfahren folgende Feststellungen getroffen:
1. Die Schwiegereltern des Angeklagten drängten im April 2011 auf Rückzahlung eines Betrages von 20.000 €. Da er das Geld nicht zur Verfügung hatte, eröffnete der Angeklagten ein Tagesgeldkonto bei der Bank of S. Am 26.04.2011 überwies er von seinem Referenzkonto bei der B. Sparkasse 17.000 € auf das Tagesgeldkonto. Zwei Tage später ließ er den genannten Betrag wieder vom Tagesgeldkonto auf das Referenzkonto rücküberweisen und widersprach der Lastschrift vom 26.04.2011. Infolgedessen wurden 16.900 € durch die Bank of S. rücküberwiesen, so dass der Angeklagte einschließlich des auf diese Weise unrechtmäßig erlangten Geldes 20.000 € an seinen Schwiegervater überweisen konnte.
2. Der Angeklagte verwaltete seit längerer Zeit die Finanzen der Geschädigten Kaufmann, die ihm vertraute und "entsprechende Vollmachten" ausgestellt hatte. Mittels vermeintlich von der Geschädigten herrührender Schreiben ließ sich der Angeklagte deren Postsendungen und Kontoauszüge an seine Adresse schicken. Auf diese Weise ließ der Angeklagte die Geschädigte über seine nachfolgenden Taten im Unklaren. Sie wurde hierauf erst aufmerksam, als ein Teil ihres Gehalts gepfändet wurde.
Am 16.09.2009 beantragte der Angeklagte bei der C.bank einen Kredit über 30.000 € auf den Namen der Geschädigten K. Der Betrag wurde auf sein Konto ausgezahlt. Abredewidrig verwendete der Angeklagte den Betrag zur Begleichung eigener Verbindlichkeiten. Nach einem Zivilrechtsstreit nimmt die Rechtsnachfolgerin der C.bank die Geschädigte aus diesem Kreditvertrag nicht mehr in Anspruch.
3. Am 24.09.2009 erwirkte der Angeklagte bei der B.-Bank auf den Namen der Geschädigten K. einen Nettokredit über 14.000 €. Der Kreditbetrag wurde auf das Konto der Geschädigten ausgezahlt. Der Angeklagte veranlasste die Geschädigte, davon 11.600 € auf sein Kont...