Leitsatz (amtlich)
Kosmetikspiegel sind keine Mittel zur Körperpflege. Die Zulässigkeit ihres Besitzes und Erwerbs durch einen Strafgefangenen richtet sich daher nicht nach § 24 NJVollzG, sondern nach § 21 NJVollzG.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 13a StVK 14/21) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Landeskasse.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf bis zu 500 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin lehnte am 12. Januar 2021 den Antrag des Antragstellers auf Beschaffung eines Kosmetikspiegels im Versandhandel ab. Seinen hiergegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat die Kammer mit dem angefochtenen Beschluss als unbegründet zurückgewiesen. Hierzu hat sie ausgeführt, dass sich ein Kaufanspruch bezüglich Mitteln zur Körperpflege grundsätzlich aus § 24 Abs. 1 S. 1 NJVollzG ergebe, der Antragsgegnerin bei der Auswahl des Angebots jedoch keine Ermessens- oder Rechtsfehler unterlaufen seien. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers, der die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Es ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG geboten, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Denn die Kammer hat ihre rechtliche Überprüfung an einer nicht einschlägigen Norm vollzogen. Sie stützt sich - wie auch die Antragsgegnerin - auf § 24 Abs. 1 S. 1 NJVollzG, wonach Gefangene sich aus einem von der Vollzugsbehörde vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen dürfen. Die Regelung dient dazu, die Kontrollmöglichkeiten der Anstalt zu gewährleisten (vgl. Arloth/Krä, 5. Aufl., § 22 StVollzG Rn. 2), welche bei solchen Gegenständen besonderen Aufwand bedürfen. Insoweit kann die Anstalt nicht nur den Zeitraum und die Anzahl, sondern auch die Art und Weise des Einkaufs innerhalb des eröffneten Ermessensspielraums regeln. Auf bestimmte Gegenstände hat ein Gefangener keinen Anspruch (vgl. OLG Frankfurt am Main, ZfStrVo SH 1979, 33; OLG Saarbrücken. BeckRS 2016, 09800).
Bei einem Kosmetikspiegel handelt es sich jedoch nicht um einen der in § 24 Abs. 1 S. 1 NJVollzG genannten Gegenstände. Insbesondere handelt es sich nicht um ein Mittel zur Körperpflege. Weder den Gesetzesmaterialien zu § 24 NJVollzG noch denen des diesem als Vorlage dienenden § 22 StVollzG ist zu entnehmen, welche konkreten Gegenstände der jeweilige Gesetzgeber im Sinn gehabt hat. Schon der allgemeine Sprachgebrauch deutet darauf hin, dass es sich - anders als bei Gegenständen zur Körperpflege - um solche Produkte handelt, die unmittelbar im oder am Körper Verwendung finden (vgl. OLG Hamm, ZfStrVo 1988, 311). Die Systematik der Norm in Form der dort aufgestellten Vergleichbarkeit mit Nahrungs- und Genussmitteln legt zudem nahe, dass es sich bei Körperpflegemitteln um solche Mittel handeln muss, die einen ähnlichen Kontrollaufwand zur Folge haben, wie es etwa bei Zahnpasta (vgl. Arloth/Krä, a.a.O., Rn. 2a) oder Cremes und Lotionen der Fall wäre. Der Senat verkennt dabei nicht, dass in der Rechtsprechung auch Rasierklingen unter den Begriff der Körperpflegemittel subsumiert worden sind (vgl. OLG Dresden, BeckRS 2018, 15218). Ob der Senat diese Auffassung teilt, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Anders als Rasierklingen findet die Verwendung eines Kosmetikspiegels jedenfalls nicht unmittelbar am Körper statt.
Ob der Antragsteller einen Anspruch auf Bestellung eines Kosmetikspiegels geltend machen kann richtet sich deshalb nach § 21 NJVollzG. Zwar regelt dieser unmittelbar nur den Besitz von Ausstattungsgegenständen und äußert sich nicht zu den Möglichkeiten des Gefangenen, sich die fraglichen Sachen zu beschaffen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass diesem Recht auch ein Anspruch auf Einkauf zulässiger Ausstattungsgegenstände entsprechen muss. Anderenfalls würde die Befugnis zur Ausstattung des Haftraums mit eigenen Sachen weitgehend leerlaufen; der Gefangene wäre auf die Zuwendungen von Angehörigen angewiesen oder auf solche Ausstattungsgegenstände beschränkt, die er schon beim Strafantritt mitgebracht hat. Eine derartige Einschränkung des Anspruchs aus § 21 NJVollzG würde der Intention des Gesetzes nicht gerecht. Soweit es um die Beschaffung von nach § 21 NJVollzG zulässigen Ausstattungsgegenständen geht, muss die Vollzugsbehörde den Einkauf demnach gestatten (vgl. OLG Zweibrücken, NStZ 1986, 477 [OLG Zweibrücken 12.02.1986 - 1 Vollz (Ws) 22/86]). Dass der Antragsteller über einen Wandspiegel im Nassbereich seiner Zelle verfügt, stellt dabei einen unbeachtlichen Umstand dar (vgl. zur ähnlichen Konstellation des Kaufs einer Leselampe bei bereits ausreichender Beleuchtung im Übrigen OLG Celle, NStZ 1981, 238).
IV.
Aufgrund der eingetretenen Spruchreife hat der Sena...