Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Beschwerderecht des beigeordneten Anwalts gegen Ratenzahlungsaufhebung aufgrund wirtschaftlicher Änderungen
Leitsatz (amtlich)
Gegen die Entscheidung, mit der im Rahmen bewilligter VKH/PKH aufgrund veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse gem. § 120 Abs. 4 ZPO a.F. (entspricht § 120a ZPO) der Wegfall der laufenden Ratenzahlungsverpflichtung eines Verfahrensbeteiligten angeordnet wird, ist der diesem beigeordnete Rechtsanwalt nicht beschwerdebefugt.
Normenkette
ZPO a.F. § 127; ZPO § 120 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 08.02.2012; Aktenzeichen 621 F 2727/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 8.2.2012 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Das AG hatte mit Beschluss vom 5.7.2011 der Antragstellerin für das vorliegende Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe (VKH) bewilligt und ihr ihre Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet. Zugleich war ihr die Leistung monatlicher Raten i.H.v. 75 EUR auf die Verfahrenskosten auferlegt worden. Das Scheidungsverfahren ist durch noch am selben Tage rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 5.12.2011 abgeschlossen worden.
Auf Antrag der - zwischenzeitlich arbeitslos gewordenen - Antragstellerin hat das AG mit Beschluss vom 8.2.2012 den VKH-Beschluss vom 5.7.2011 dahin geändert, dass von der Antragstellerin ab März 2012 keine Raten auf die Verfahrenskosten mehr zu zahlen sind.
Gegen diesen Änderungsbeschluss hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt und behauptet, die Antragstellerin verfüge nach wie vor über erhebliche Einkünfte. Das AG hat in der Folge von der Antragstellerin erneute die Vorlage einer aktuellen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie der entsprechenden Belege gefordert. Nachdem es erneut zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Antragstellerin nach ihren aktuellen Einkünften zu Leistung von Raten auf die Verfahrenskosten nicht verpflichtet sei, hat es mit Beschluss vom 12.12.2013 der Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht abgeholfen und sodann die Akte dem Senat vorgelegt. Der Berichterstatter hat die Sache zur Entscheidung auf den Senat übertragen.
II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ist als unzulässig zu verwerfen. Ihr steht gegen eine Änderung der VKH-Bewilligung wie vorliegend gegeben in Gestalt der Herabsetzung der Ratenzahlungsauflage aufgrund verschlechterter wirtschaftlicher Bedingungen ein eigenes Beschwerderecht nicht zu.
Die Bewilligung von Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe ist gem. § 127 Abs. 2 ausdrücklich nur nach Maßgabe dessen Abs. 3 anfechtbar. Danach findet jedoch allein - und zudem unter weiteren einschränkenden Voraussetzungen - eine Beschwerde der Landeskasse statt. Nach - soweit ersichtlich - in Schrifttum wie Rechtsprechung ganz einhelliger Auffassung stellt die nachträgliche Aufhebung zunächst angeordneter Ratenzahlungen gem. § 120 Abs. 4 ZPO a.F. (entsprechend nunmehr § 120a ZPO) aufgrund ihrer ebenfalls dem kostenarmen Beteiligenden zugute kommenden Funktion einen (weiter gehenden) Akt der Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfebewilligung dar und ist insofern durch den dem Begünstigten beigeordneten Rechtsanwalt nicht anfechtbar (vgl. etwa Zöller30-Geimer, ZPO § 127 Rz. 15 und 24; MünchKomm/ZPO4-Motzer, ZPO § 127 Rz. 25; Prütting/Gehrlein4-Volker/Zempel, ZPO § 127 Rz. 27; Musielak10-Fischer, ZPO § 127 Rz. 15; Stein/Jonas22-Bork, ZPO § 127 Rz. 13 a.E.; OLG Zweibrücken - Beschl. v. 3.2.2000 - 5 WF 14/00, Rpfleger 2000, 339; OLG Schleswig - Beschl. v. 12.9.1996 - 9 W 104/96, JurBüro 1998, 92 f. = OLGReport Bremen/Hamburg/Schleswig 1996, 331 ff.; OLG Köln - Beschl. v. 24.4.1997 - 14 WF 36/97, FamRZ 1997, 1283 f.; OLG Saarbrücken - Beschl. v. 4.1.2001 - 6 WF 87/00, OLGReport Koblenz/Saarbrücken/Zweibrücken 2001, 190 f.; OLG Stuttgart - Beschl. v. 14.10.2011 - 8 WF 110/11, FamRZ 2012, 650 f.).
Etwas anderes folgt schließlich auch nicht daraus, dass dem beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten im Fall der Anordnung der vorläufigen Einstellung der Zahlungen wegen Kostendeckung gem. § 120 Abs. 3 ZPO richtigerweise eine Beschwerdebefugnis zuerkannt wird (vgl. OLG Celle - Beschl. v. 14.12.2012 - 12 WF 244/12, FamRZ 2013, 1056 ff. = MDR 2013, 306 f. = NdsRpfl 2013, 85 f. = Rpfleger 2013, 277 f. = JurBüro 2013, 208 f. = NJW-RR 2013, 1082 f. = AGS 2013, 593 ff. = juris m.w.N.). Denn die Einstellung der Ratenzahlungen wegen Kostendeckung gem. § 120 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist keine Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe i.S.v. § 127 Abs. 2 S. 1 ZPO. Sie berührt - anders als z.B. Entscheidungen gem. § 120 Abs. 4 ZPO - nicht die Prozesskostenhilfe-Grundentscheidung (OLG Celle, a.a.O., Rz. 11).
Fundstellen
Haufe-Index 7215004 |
FamRZ 2015, 355 |
JurBüro 2014, 595 |
MDR 2014, 1288 |
AGS 2014, 481 |
PAK 2014, 181 |