Leitsatz (amtlich)
Inhaltskontrolle eines Ehevertrages, der den Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt auf das Existenzminimum beschränkt und darüber hinaus lediglich nachteilige Regelungen für einen Ehegatten enthält
Die kompensationslose ehevertragliche Beschränkung des Anspruches auf Betreuungsunterhalt auf das Existenzminimum führt bei nicht auszuschließendem Kinderwunsch zur Unwirksamkeit der entsprechenden Regelung, wenn bereits bei Vertragsschluss absehbar war, dass berufliche Einschränkungen aufgrund der Kinderbetreuung nur einen Ehegatten treffen würden.
Diese Unwirksamkeit erfasst bei vereinbarter salvatorischer Klausel nicht den gesamten Vertrag.
Ein in der Gesamtschau für einen Ehegatten allein nachteiliger Ehevertrag ist nur dann insgesamt unwirksam, wenn er Ergebnis einer ungleichen Verhandlungsposition ist (vgl. BGH FamRZ 2013, 195 ff., FamRZ 2017, 884 ff.).
Normenkette
BGB §§ 138-139, 1408, 1585c
Verfahrensgang
AG Celle (Beschluss vom 12.12.2017; Aktenzeichen 23a F 20019/17) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Ehefrau wird der Teilbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Celle vom 12. Dezember 2017 geändert. Der Ehemann wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde - verpflichtet, der Ehefrau Auskunft zu erteilen über sein Einkommen in Form einer systematischen Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben und zwar
hinsichtlich der Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit durch Vorlage der Verdienstabrechnungen Oktober 2016 bis Februar 2018,
hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit durch Vorlage der Jahresabschlüsse der E. GmbH für 2016 und 2017 und der E. A. GbR für 2016 und 2017, falls 2017 noch nicht vorliegend, jeweils der betriebswirtschaftlichen Auswertungen 2017 der E. GmbH und der E. A. GbR,
hinsichtlich der Entnahmen aus den vorgenannten Gesellschaften für die Jahre 2014 bis 2018 durch Vorlage der jeweiligen durch den Steuerberater gefertigten Zusammenstellung,
hinsichtlich der Kapitalkontenentwicklung 2014 bis 2017 der vorgenannten Gesellschaften durch Vorlage der jeweiligen durch den Steuerberater gefertigten Zusammenstellung,
hinsichtlich etwaiger Steuerzahlungen durch Vorlage der Steuererklärungen 2016 und 2017 sowie der Steuerbescheide 2016 und 2017, falls die Steuerbescheide noch nicht vorliegen, eine entsprechende Steuervorausberechnung.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden unter den Eheleuten gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt EUR 10.000,-.
Gründe
I. Die Ehefrau wendet sich gegen einen im Scheidungsverbundverfahren ergangenen Teilbeschluss, durch den ihre Anträge auf Auskunft zum Zugewinnausgleich und zum nachehelichen Unterhalt abgewiesen worden sind.
Die Eheleute schlossen am 5. Juli 2001 die Ehe, der zwei am 1. April 2004 und am 26. April 2006 geborene Kinder entstammen. Sie leben jedenfalls seit Februar 2016 voneinander getrennt, der Scheidungsantrag des Ehemannes ist der Ehefrau am 2. Februar 2017 zugestellt worden.
Anlässlich der Heirat schlossen die Beteiligten am 26. Juni 2001 einen notariellen Ehevertrag, auf den verwiesen wird (Anlage zum Schriftsatz vom 9. Mai 2017, Bl. 15 ff. des SH-UE) und in dem es unter anderem heißt:
"...
Für unsere Ehe soll grundsätzlich der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelten. Wenn jedoch unsere Ehe anders endet als durch den Tod eines Ehegatten, findet ein Zugewinnausgleich nicht statt. ...
...
Der Versorgungsausgleich wird ausgeschlossen, ebenso die spätere gerichtliche Abänderung dieses Ausschlusses.
...
Wir sind beide vollschichtig berufstätig und verzichten gegenseitig auf jeglichen nachehelichen Unterhalt und nehmen den Verzicht gegenseitig an. Ausgenommen hiervon ist der Fall, daß ein Ehegatte in Not gerät. Eine derartige Notlage liegt dann vor, wenn dem Ehegatten der monatliche notwendige Eigenbedarf - Selbstbehalt - nach der überwiegend verwendeten Unterhaltstabelle, derzeit die Düsseldorfer Tabelle, nicht zur Verfügung steht. An Unterhalt wird dann geschuldet die Differenz zwischen den tatsächlichen Einkünften des Ehegatten und dem Betrag des notwendigen Eigenbedarfs. ... Dieser notwendige Unterhalt kann nur dann verlangt werden, wenn der bedürftige Ehegatte zum Zeitpunkt des Verlangens Kinderbetreuungsunterhalt nach den §§ 1570, 1572 Nr. 2 BGB verlangen könnte.
...
Sollte eine dieser Vereinbarungen unwirksam sein oder werden, so sollen die übrigen Vereinbarungen davon unberührt bleiben.
..."
Die Ehefrau ist gelernte Hotelfachfrau und absolvierte bei Heirat eine während der Ehe nach dem Besuch der Hotelfachschule abgeschlossene Ausbildung zum Betriebswirt für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Im Anschluss daran nahm sie eine Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsführung in einem Unternehmen der Systemgastronomie auf. Nach Geburt des ersten Kindes gab sie diesen Beruf auf; sie war sodann zumindest auf Teilzeitbasis im Autohaus des Ehemannes beschäftigt; zudem ließ sie sich während der Ehe zur Yogalehrerin ausbilden.
Der Ehemann war bereits bei Heirat geschäftsführender Gesellschaf...