Verfahrensgang
LG Bückeburg (Beschluss vom 10.10.2023; Aktenzeichen 4 T 44/23) |
AG Bückeburg (Aktenzeichen 41 M 199/23) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Landeskasse vom 13. Oktober 2023 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg ≪4 T 44/23≫ vom 10. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 S. 1 GKG zulässige weitere Beschwerde der Landeskasse ist unbegründet und war zurückzuweisen. Zu Recht hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg die Kostenrechnung der Obergerichtsvollzieherin D. M. vom 14. Juli 2023 ≪DR ...≫ bestätigt. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Gerichtsvollzieherin für die elektronische Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß KV 100 GvKostG eine Gebühr in Höhe von 11,- EUR berechnet hat. Auch nach Auffassung des Senats war die Obergerichtsvollzieherin berechtigt, die tatsächlich erfolgte elektronische Zustellung wie eine persönliche Zustellung abzurechnen. Zur Vermeidung von Wiederholungen, insbesondere zur Darstellung des Meinungsstandes, wird auf die zutreffenden und ausführlichen Ausführungen des Amtsgerichts Bückeburg ≪41 M 199/23≫ in dem Beschluss vom 6. September 2023 und der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg ≪4 T 44/23≫ im Beschluss vom 10. Oktober 2023 Bezug genommen, denen sich der Senat nach einer kritischen Überprüfung unter besonderer Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens aus den nachstehenden Gründen vollinhaltlich anschließt:
Die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner und an den Schuldner liegt gemäß § 829 Abs. 2 S. 1 und 2 ZPO im Zuständigkeitsbereich der Gerichtsvollzieher [Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage, Bearbeiter Herget zu § 829 Rn. 14]. Die Zustellung erfolgt gemäß §§ 193, 193a ZPO [ders., a.a.O.], wobei es sich hierbei um eine Amtspflicht des Gerichtsvollziehers handelt und die elektronische Zustellung ermöglicht ist [Zöller-Herget, § 829 Rn. 15a; Anders/Gehle, Zivilprozessordnung, 82. Auflage, Bearbeiter Nober zu § 829 Rn. 40; BTDrs. 19/31119, S. 7]. § 193a ZPO verfolgt nach dem Willen des Gesetzgebers das Ziel, einen weiten Anwendungsbereich für die elektronische Zustellung elektronischer Dokumente zu ermöglichen [BTDrs. 19/31119, S. 5; Musielak/Voit, Zivilprozessordnung, 20. Auflage. Bearbeiter Wittschier zu § 193a Rn. 2]. Nach § 193a Abs. 2 S. 2 ZPO überträgt der Gerichtsvollzieher das vom Auftraggeber übermittelte Schriftstück in ein elektronisches Dokument und nach § 193a Abs. 2 S. 3 ZPO erfolgt eine Verbindung mit der automatisierten Eingangsbestätigung. Dabei wird die Authentizität des übermittelten Dokuments dem Empfänger allein dadurch garantiert, dass der Transfer in elektronischer Form und die Verwendung des sicheren Übertragungsweges in einer Hand, nämlich der des Gerichtsvollziehers liegen [Zöller-Schultzky, § 193a Rn. 4; Schröder-Kay, Das Kostenwesen der Gerichtsvollzieher, 15. Auflage, Bearbeiter Eggers zu Nr. 100-102 Rn. 28]. Die Zusammenführung des zuzustellenden Dokuments mit der automatisierten Eingangsbestätigung in einem sog. "Container" muss seitens des Gerichtsvollziehers mit einer qualifizierten Signatur versehen werden [BTDrs., 19/31119, S. 5; Zöller-Schultzky, § 193a Rn. 6; Anders/Gehle-Vogt-Beheim, § 193a Rn. 6]. Auf diese Weise kommt der Tätigkeit des Gerichtsvollziehers eine die Richtigkeit und Sicherheit des Zustellungsvorganges kontrollierende und schützende Funktion zu.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 GVGA (Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher vom 6. Dezember 2022) der Gerichtsvollzieher zwischen der persönlichen Zustellung und der Zustellung durch die Post nach pflichtgemäßem Ermessen die Wahl hat [Zöller-Schultzky, § 192 Rn. 4; Schröder-Kay/Eggers, Nr. 100 - 102 Rn. 19]. Soweit dem Gerichtsvollzieher die Wahl der Zustellungsart in sein Ermessen gestellt ist, kann dieses Ermessen nicht im Hinblick auf die Kosten eingeschränkt werden [Schneider/Volpert/Fölsch (Hrsg.), NomosKommentar Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage, Bearbeiter Kawell zu Nr. 100 - 102 KV GvKostG Rn. 14; Schröder-Kay/Eggers, Nr. 100 - 102 Rn. 21 m.w.N.]. Folglich darf ein Gerichtsvollzieher auch frei entscheiden, ob er ein Dokument elektronisch statt persönlich zustellt.
Die Argumentation der Landeskasse zur gebührenrechtlichen Einordnung der elektronischen Zustellung unter die Nr. 101 statt unter die Nr. 100 KV GvKostG berücksichtigt nach Auffassung des Senats die vorstehenden Gesichtspunkte nicht hinreichend. Mit den beiden Vorgerichten vertritt der Senat die Meinung, dass die persönliche Garantie des Gerichtsvollziehers für die Richtigkeit und Sicherheit des elektronischen Zustellungsvorganges gerade die Vergleichbarkeit der elektronischen Zustellung mit der persönlichen Zustellung nahelegt und nicht mit der Zustellung durch Aufgabe zur Post. Maßgebend kommt es nicht auf die generellen Dienste eines...