Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit eines mit der Anhörungsrüge verbundenen Befangenheitsantrags
Leitsatz (amtlich)
1. Der Grundsatz, dass ein Befangenheitsantrag nach Erlass einer abschließenden Sachentscheidung nicht mehr zulässig ist, schließt auch die Ablehnung im Hinblick auf eine noch zu bescheidende Anhörungsrüge nach § 33a StPO aus.
2. Erst wenn eine Gehörsverletzung festgestellt und das Verfahren in die Ausgangslage zurückversetzt worden ist, können die an der Ausgangsentscheidung mitwirkenden Richter für die neu zu treffende Sachentscheidung abgelehnt werden.
Normenkette
StPO § 25 Abs. 2 S. 2, § 26a Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 1, §§ 33a, 356a
Tenor
Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, die Richterin am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Amtsgericht xxx wird verworfen.
Gründe
I.
Der Senat hat mit Beschluss vom 10. November 2014 den Antrag des Anzeigeerstatters auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO als unzulässig verworfen, weil im Antrag nicht alle Tatsachen angegeben waren, die zur Prüfung seiner Schlüssigkeit notwendig waren.
Hiergegen richtet sich die Ablehnung der mitwirkenden Senatsmitglieder wegen Besorgnis der Befangenheit in Verbindung mit einer Anhörungsrüge vom 1. Dezember 2014, mit welcher geltend gemacht wird, der Senat sei in seiner Entscheidung auf wesentliches Antragsvorbringen nicht eingegangen, woraus sich der Eindruck ergebe, die abgelehnten Richter hätten "offensichtlich bewusst Maßgebliches unberücksichtigt gelassen".
II.
Das Ablehnungsgesuch des Anzeigeerstatters ist verspätet und daher unzulässig (§ 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO).
Entscheidet das Gericht - wie hier - außerhalb der Hauptverhandlung im Beschlusswege, so kann ein Ablehnungsgesuch in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO nur solange statthaft vorgebracht werden, bis die das Verfahren abschließende Sachentscheidung ergangen ist (BVerfG NStZ 2007, 709; BGH NStZ-RR 2013, 289; LR-Siolek StPO 26. Aufl. § 25 Rn. 12; KK-StPO/Scheuten 7. Aufl. § 25 Rn. 12; SK-StPO/Deiters, 4. Aufl. § 25 Rn. 7; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 57. Aufl. § 25 Rn. 11; jew. mwN).
Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Ablehnung mit einer Anhörungsrüge nach § 33a StPO verbunden wird (vgl. LR-Siolek aaO.). Dies ist ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anhörungsrüge nach § 356 a StPO (BGH aaO.; BGH NStZ 2007, 416, NStZ 2008, 55; NStZ-RR 2009, 353; NStZ-RR 2012, 314); sie wird damit begründet, dass die Regelung des § 356 a StPO dem Revisionsgericht die Möglichkeit geben solle, einem Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör durch erneute Sachprüfung selbst abzuhelfen; der Rechtsbehelf diene indes nicht dazu, einem unzulässigen Ablehnungsgesuch durch die unzutreffende Behauptung der Verletzung rechtlichen Gehörs doch noch Geltung zu verschaffen (BGH NStZ-RR 2013, 289; BGHR StPO § 25 Abs. 2 Nach dem letzten Wort 1). Dies gilt aber bei einer Anhörungsrüge nach § 33 a StPO ebenso.
Für die Entscheidung nach § 356 a Satz 1 StPO, mit der das Revisionsgericht die Anhörungsrüge zurückweist, gelten die gleichen Grundsätze wie für die Entscheidung nach § 33 a StPO, auf den ein Beschwerdeführer bis zur Einführung der Vorschrift des § 356 a StPO durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3220) Gehörsverstöße im Revisionsverfahren stützen konnte (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. Juni 2007, 2 BvR 746/07, StraFo 2007, 370). Dies ergibt sich bereits aus dem einheitlichen Normzweck der durch das Anhörungsrügengesetz geschaffenen oder - wie im Fall des § 33a StPO - überarbeiteten Vorschriften: Die Anhörungsrüge bezweckt die fachgerichtliche "Selbstkorrektur" einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BT-Drucks. 15/3706 S. 13). Sie dient hingegen nicht der Beseitigung anderer Versäumnisse der Verfahrensbeteiligten (vgl. Kretschmer JR 2007, 172, 174). Die eine Nachholung rechtlichen Gehörs ablehnenden Entscheidungen nach § 356 a Satz 1 StPO oder § 33 a Satz 1 StPO lassen deshalb allenfalls eine bereits durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem die "Selbstkorrektur" durch die Fachgerichte unterbleibt; sie schaffen hingegen keine neue, eigenständige Beschwer, die eine Anwendung des Ablehnungsrechts auch im Gehörsrügeverfahren rechtfertigen würde (vgl. BVerfG aaO.). Mithin wäre die Anerkennung eines Ablehnungsrechts dahingehend, dass die an der Ausgangsentscheidung mitwirkenden Richter von der Prüfung, ob ihnen eine Gehörsverletzung unterlaufen ist, bereits über den Weg des Befangenheitsverfahrens nach § 27 Abs. 1 StPO ausgeschlossen werden können, mit dem Ablehnungssystem unvereinbar (LR-Siolek aaO.; SK-StPO/Deiters aaO.). Anderenfalls hätte es ein Verfahrensbeteiligter in der Hand, durch die bloße Behauptung einer Gehörsverletzung in Verbindung mit einem Ablehnungsgesuch, das - wie hier - seinerseits auf die behauptete Gehörsverletzung gestützt wird, die Überprüfung einer unanfechtbaren Sachentschei...