Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkung an den neuen Ehegatten zwecks Absicherung. Fehlendes lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers. Herausgabepflicht unter dem Gesichtspunkt der beeinträchtigenden Schenkung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anerkennung einer Schenkung setzt ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers voraus.
2. Für die Annahme eines solchen Eigeninteresses reicht es nicht aus, wenn der Erblasser durch seine Schenkung nur seiner Zuneigung zum Beschenkten Ausdruck verleihen oder diesen versorgt wissen möchte.
3. Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei dem Beschenkten um den neuen Ehegatten des Erblassers handelt.
Normenkette
BGB §§ 2265, 2270, 2287
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 04.04.2006; Aktenzeichen 5 O 402/05) |
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet soweit die Beklagte ihre Verurteilung bekämpft, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, im Übrigen vermag die Beklagte die Kosten der Prozessführung nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen selbst aufzubringen.
I. Das LG hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte das ihr am 19.4.1989 von ihrem am 6.9.2002 verstorbenen Ehemann X. eingeräumte lebenslange Nießbrauchsrecht am Hausgrundstück L.straße 35 in N. unter dem Gesichtspunkt beeinträchtigender Schenkung herauszugeben und ebenfalls die seit dem 7.9.2003 gezogenen Nutzungen aus dem Nießbrauchsrecht zu erstatten hat. Das lebenslange Nießbrauchsrecht an dem Hausgrundstück L.straße wurde vom Erblasser zugunsten der Beklagten im Wege einer Schenkung in der Absicht bestellt, die aus dem gemeinschaftlichen Testament vom 2.5.1969 bedachten Kläger zu beeinträchtigen.
Allgemein anerkannt ist dabei, dass eine solche von § 2287 BGB geforderte Beeinträchtigungsabsicht nicht das einzige oder zumindest das treibende Motiv für die Schenkung gewesen sein muss und dass die Absicht eines Erblassers, einen Beschenkten zu begünstigen, meist in untrennbarem Zusammenhang mit seinem Wissen darüber gesehen werden muss, dass die aus dem gemeinschaftlichen Testament bedachten Erben zwangsläufig benachteiligt werden (BGHZ 59, 343 [350]). Vielmehr fordert die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung für die Anerkennung einer Schenkung ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers derart, dass die Schenkung gleichsam eine sittliche Verpflichtung seinerseits voraussetzt, die sich nur aus besonderen Leistungen, Opfern oder Versorgungszusagen ergibt, die der Beschenkte für den Erblasser erbracht hat (BGHZ 59, 343 [350]; BGH v. 23.9.1981 - IVa ZR 185/80, BGHZ 82, 274 [282] = MDR 1982, 124; v. 27.9.1991 - IV ZR 164/91, BGHZ 116, 167 [175f]). Ein lebzeitiges Eigeninteresse ist insgesamt nur dann anzunehmen, wenn nach dem Urteil eines objektiven Beobachters die Verfügung in Anbetracht der gegebenen Umstände auch unter Berücksichtigung der testamentarischen Bindung als billigenswert und gerechtfertigt erscheint. Dabei kommt den Gründen, die den Erblasser zur Verfügung bestimmt haben, ausschlaggebende Bedeutung zu. Entscheidend ist, ob diese Gründe ihrer Art nach so sind, dass der durch gemeinschaftliches Testament bindend bedachte Erbe sie anerkennen und deswegen die aus der Schenkung sich ergebende Benachteiligung hinnehmen muss (OLG Celle ZEV 2002, 22 [23]; Musielak in MünchKomm/BGB, § 2287 Rn..13). Für die Annahme eines solchen Eigeninteresses reicht es nicht aus, wenn der Erblasser durch seine Schenkung nur seiner Zuneigung zum Beschenkten Ausdruck verleihen möchte, zu dem er nach dem Tode des Ehegatten enge persönliche Bindungen entwickelt, selbst dann nicht, wenn es sich um seinen neuen Ehegatten handelt (Palandt/Edenhofer, § 2287 Rz. 7).
Für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutet dies, dass das nachvollziehbare Interesse des Erblassers, die Beklagte als seine zweite Ehefrau im Alter und angesichts ihrer bescheidenen Erwerbsunfähigkeitsrente finanziell abzusichern, kein lebzeitiges Eigeninteresse darstellt. Der Erblasser handelte vielmehr ausschließlich im Fremdinteresse der Beklagten, wobei unerheblich ist, dass dieses Interesses aus seiner Sicht plausibel und legitim sein konnte. Entscheidend ist, dass das Nießbrauchsrecht für die Zeit nach dem Tode des Erblassers nicht mit irgendwelchen Leistungen zu seinen Gunsten zu Lebzeiten verknüpft sein sollte und tatsächlich auch nicht verbunden gewesen ist. Vielmehr war die Entscheidung des Erblassers, wie die Beklagte selbst vorträgt, allein von der Sorge um ihr Wohl getragen.
Zutreffend hat das LG in seine Abwägung der möglichen Interessen des Erblassers im Zeitpunkt der notariellen Bestellung des Nießbrauchsrechts auch einbezogen, dass im damaligen Zeitpunkt nicht zu erwarten stand, dass der Erblasser zukünftig auf Pflegeleistungen oder sonstige Zuwendungen Dritter im Alter angewiesen sein werde und dass es die Beklagte sein sollte, die den nur fünf Jahre älteren Erblasser im Alter pflegen und betreuen sollte. Schließlich hat das LG auch berücksichtigt, dass das gemeinsame Vermögen der Eltern der Kläger nach dem Tode des jeweil...