Leitsatz (amtlich)

1. Zu dem einsetzbaren Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO zählt auch ein realisierbarer Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den anderen Ehegatten gem. § 1360a Abs. 4 BGB. Deshalb ist in einem aussagekräftigen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls nach Hinweis des Gerichts darzulegen, dass der Antragsteller außerstande ist, die Prozesskosten im Wege eines durchsetzbaren Prozesskostenvorschussanspruchs aufzubringen.

2. Zu den Voraussetzungen eines "gestellten" oder "manipulierten" Verkehrsunfalls.

 

Normenkette

ZPO §§ 114-115; BGB §§ 1363, 1360a

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Beschluss vom 26.07.2001; Aktenzeichen 3 O 87/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die gem. §§ 127 Abs. 4, 567 f. ZPO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das LG hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen. Unabhängig davon, dass bereits erhebliche Zweifel daran bestehen, ob und inwieweit die Antragstellerin ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nach tatsächlich nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (1.), hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg (2.).

1. Der Senat kann im gegenwärtigen Verfahrensstand nicht erkennen, dass die Antragstellerin i.S.d. § 114 S. 1 ZPO der Prozesskostenhilfe bedarf.

a) Für die Beurteilung dieser Frage ist zunächst nicht das Familieneinkommen beider Ehegatten, sondern nur das der Antragstellerin selbst maßgeblich (vgl. nur Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 115 Rz. 7 m.w.N.). § 115 ZPO schließt eine Zusammenrechnung der Einkommen sämtlicher Familienmitglieder aus, mögen die Einkünfte der anderen Familienmitglieder auch faktisch allen zugute kommen. Dies entspricht auch der Regelung in § 1363 Abs. 2 BGB.

Allerdings zählt zu dem einsetzbaren Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO auch ein realisierbarer Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den anderen Ehegatten gem. § 1360a Abs. 4 BGB. Deshalb ist in einem aussagekräftigen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe darzulegen, dass der Antragsteller außerstande ist, die Prozesskosten im Wege eines durchsetzbaren Prozesskostenvorschussanspruchs aufzubringen (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 115 Rz. 67 und 71a; OLG Celle, Beschl. v. 5.5.2007 - 17 WF 60/06, NJW-RR 2006, 1304). In diesem Rahmen kommt dann der Leistungsfähigkeit des Ehegatten Bedeutung zu, da ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss nicht realisierbar ist, wenn der verpflichtete Ehegatte seinerseits prozesskostenhilfebedürftig ist (vgl. z.B. Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1360a Rz. 12, sowie OLG Celle, Beschl. v. 29.7.2009 - 10 WF 222/09, NJW-RR 2010, 871).

Es ist deshalb entgegen der Ansicht der Antragstellerin in ihrer Beschwerde nicht ohne jede Bedeutung, ob und wie ihr Ehegatte angesichts der angegebenen Einkünfte ein (weiteres) Fahrzeug finanzieren kann.

b) Inwieweit dieser Punkt weiterer Aufklärung bedarf, weil es seitens des LG an einem entsprechenden Hinweis hierzu fehlt, weshalb die Antragstellerin von sich aus nicht zu den wirtschaftlichen Verhältnissen ihres Ehegatten vortragen musste (OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1414), kann dahinstehen:

Denn schon der Vortrag der Antragstellerin zu ihren eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen ist in sich wesentlich widersprüchlich und deshalb nicht nachvollziehbar. Dies rechtfertigte bereits eine Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags, weil die Widersprüche nicht aufklärbar sind. So hat das LG zu Recht mit Verfügung vom 29.4.2011 (Bl. 10/10R im PKH-Heft) eine Erklärung darüber erfordert, wie die Antragstellerin bei den angegebenen Einkünften den streitbefangenen Mercedes (E-Klasse, 3222 ccm Hubraum, 150 kW Leistung) einschließlich Steuern und Versicherung finanzieren konnte. Erst als Reaktion hierauf hat die Antragstellerin vorgetragen, das Fahrzeug mit Vertrag vom 21.12.2010 lediglich für einen Bekannten in R. erworben zu haben, um es wenige Tage später dorthin zu transportieren (Schriftsätze vom 13.5.2001, Bl. 13 PKH-Heft, und vom 11.6.2011, Bl. 76 f. d.A.). Nach diesem Vortrag bleibt aber unverständlich, warum die Antragstellerin für dasselbe Fahrzeug mit demselben amtlichen Kennzeichen ... (vgl. auch Bl. 8, 10 d.A.) bereits am 16.12.2010 ein Verwarnungsgeld und am 1.12.2010 Kraftfahrzeugsteuern für Oktober 2010 entrichtet hat (vgl. Blatt 3 und 5 des Kontoauszugs Nr. 19 vom 31.12.2010, Bl. 29 f. im PKH-Heft).

2. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist darüber hinaus ohne Aussicht auf Erfolg:

a) Einem Erfolg der Klage steht schon entgegen, dass die Antragstellerin nicht den durch den Verkauf realisierten Restwert berücksichtigt hat. Mit Schriftsatz vom 11.6.2011 (Bl. 75 f. d.A.) hat sie mitgeteilt, das streitbefangene Fahrzeug etwa 1 ½ Monate nach dem Unfallereignis verkauft zu haben (Bl. 81 d.A.). Damit wurde der Pkw nach der behaupteten Kollision vom 24.12.2010 nicht noch für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten weiter genutzt. Ein Int...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge