Entscheidungsstichwort (Thema)
Isolierte Auskunftsklage: Kriterien für die Beschwer des zur Auskunft Verurteilten. keine Berücksichtigung des Interesses des Auskunftsverpflichteten, die von ihm verlangte Leistung nicht erbringen zu müssen
Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei einer isolierten Auskunftsklage bestimmt sich die Beschwer des zur Auskunft Verurteilten danach, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert.
2. Das Interesse der beklagten Partei, die vom Kläger letztlich erstrebte Leistung nicht erbringen zu müssen, muss bei der Bewertung außer Betracht bleiben; denn dieses Interesse wird durch die Verurteilung zur Auskunftserteilung, die für den Grund des Hauptanspruchs keine Rechtskraft schafft, nicht berührt.
Normenkette
ZPO §§ 2-3, 511 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 02.10.2008; Aktenzeichen 19 O 347/07) |
Tenor
1. Der Streitwert für die Berufung der Beklagten wird auf 500 EUR (2 × 250 EUR) festgesetzt.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.10.2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 19. Zivilkammer des LG Hannover wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
3. Der auf den 21.4.2009 anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
Gründe
I. Die Klägerinnen sind - jeweils gemeinsam mit ihren Ehemännern - Miteigentümerinnen zweier von der Beklagten erworbenen und von dieser in Erfüllung der in notariellen Verträgen vom 3.11.2005 (Eheleute ...) bzw. 9.8.2005 (Eheleute ...) übernommenen Bauverpflichtung errichteten, aneinander angrenzenden Doppelhaushälften. Die Beklagte hat die Gebäude durch Subunternehmer bauen lassen; beide Doppelhaushälften sind abgenommen.
Die Klägerinnen, denen durch ihre Ehemänner alle Ansprüche aus dem jeweiligen Bauträgervertrag gegen die Beklagte abgetreten worden sind, vermuten Mängel im Zusammenhang mit dem für ihre Doppelhaushälften verwendeten Wärmedämmverbundsystem (im Folgenden: WDVS), die (u.a.) Gegenstand eines von ihnen gegen die Beklagte anhängig gemachten selbständigen Beweisverfahrens (Beiakte 19 OH 3/07 - LG Hannover) sind. Im vorliegenden Rechtsstreit haben sie die Beklagte auf Erteilung von Auskünften über das verwendete WDVS, insbesondere den Hersteller des Gesamtsystems bzw. - bei Verwendung von Materialien verschiedener Systeme - die Hersteller der Einzelkomponenten, in Anspruch genommen. Zur Begründung haben sie darauf verwiesen, die Auskunft der Beklagten sei erforderlich, weil der im selbständigen Beweisverfahren ernannte Sachverständige erklärt habe, einige der ihm gestellten Beweisfragen nicht vollständig beantworten zu können, da er den Hersteller des WDVS nicht kenne und ihn selbst auch nicht feststellen könne.
Die Beklagte, die ihrerseits in einem Parallelverfahren (23 O 113/06, LG Hannover - 14 U 213/07, OLG Celle) der Werklohnklage eines ihrer Subunternehmer aus einem anderen Bauvorhaben erfolgreich mit dem Einwand entgegengetreten war, das dort eingebaute WDVS sei ungeachtet einer fehlenden objektiven Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit mangelhaft, weil die in den Herstellervorschriften vorgesehenen Brandschutzbarrieren nicht eingebaut und im Übrigen unter Verstoß gegen die maßgebliche DIN-Vorschrift Komponenten verschiedener WDVS verwendet worden seien, hat prozessuale Einwendungen gegen die in Streitgenossenschaft erhobene Klage geltend gemacht und in der Sache ihre Auskunftspflicht in Abrede genommen. Sie hat gemeint, im Verhältnis zu den Klägerinnen sei sie vertraglich nicht zum Einbau eines bestimmten WDVS verpflichtet gewesen. Deshalb bestehe auch kein Anspruch der Klägerinnen auf Auskunftserteilung darüber, welche Dämmung verwendet worden sei, zumal ohnehin alle gängigen Systeme praktisch gleich seien und alle über eine Bauartzulassung verfügten. Deshalb benötige auch der im selbständigen Beweisverfahren bestellte Sachverständige keine Herstellerangaben. Vielmehr habe er bereits in ausreichender Weise die Feststellung getroffen, dass der angebrachte Dämmputz nicht erneuert werden müsse, weil die Außenhaut der Haushälften ihre Funktion erfülle. Aus demselben Grund (fehlende vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung über das zu verwendende Material) könne die ausgeführte Dämmung hier im Übrigen auch durchaus aus Komponenten verschiedener Hersteller bestehen, ohne dass dies zu einem Baumangel führe, weil mittlerweile alle Komponenten nahezu gleich und damit durchaus untereinander kompatibel seien. Allerdings werde von Beklagtenseite aus damit noch nicht eingeräumt, dass tatsächlich eine solche Ausführung gewählt worden sei.
Da die Erteilung der geforderten Auskunft lediglich Folgestreitigkeiten provoziere, verweigere die Beklagte zudem aus prinzipiellen Erwägungen nähere Angaben. Wenn es einem Erwerber darauf ankomme, die in seinem Haus verbauten Materialien zu kennen, müsse er das vor Baubeginn erfragen; nach Fertigstellung des Baus bestehe hingegen kein genereller Auskunftsanspruch mehr. Die Beklagte sei auch nicht gewillt, lediglich aus pragmatischen Gründen derartige Verhaltenswei...