Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindschaftssache: Anfechtbarkeit einer im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig errichteten Umgangspflegschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Entscheidungen im einstweiligen Anordnungsverfahren, die das Umgangsrecht betreffen, sind gem. § 57 S. 1 FamFG nicht anfechtbar. Dies gilt auch für auf der Grundlage des § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB in der seit dem 1.9.2009 geltenden neuen Fassung angeordnete Umgangspflegschaften.
2. Eine Umgangspflegschaft gem. § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB n.F. dient der Durchsetzung des dem nicht betreuenden Elternteil zustehenden Umgangsrechts und sichert dieses organisatorisch ab. Sie stellt keinen Eingriff in die elterliche Sorge des betreuenden Elternteils dar, weil das Familiengericht insoweit lediglich die grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Eltern untereinander ausgleicht.
Normenkette
FamFG § 57 S. 2; GG Art. 6 Abs. 2; BGB § 1684 Abs. 2; BGB n.F. § 1684 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 08.09.2010; Aktenzeichen 613 F 983/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Kindesmutter vom 29.9.2010 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 8.9.2010 wird als unzulässig verworfen.
Die Kindesmutter trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 1.500 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Eltern des betroffenen Kindes M. A. B., geboren am .... 2006. Der Kindesvater stammt aus Gambia, die Kindesmutter ist Deutsche. Die Kindeseltern waren und sind nicht miteinander verheiratet, lebten jedoch bis Sommer 2006 zusammen. Aufgrund einer notariell beurkundeten Sorgeerklärung vom 11.7.2006 sind sie Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge. Seit der Trennung lebt M. bei der Kindesmutter. Diese hat aus einer anderen Beziehung noch drei weitere Kinder, A. K., geboren am ..., E. K., geboren am ...., und I. K., geboren am ...., die ebenfalls in ihrem Haushalt leben.
Bezüglich des persönlichen Umgangs des Kindesvaters mit M. wurden bei dem AG - Familiengericht - Hannover seit dem Jahr 2007 bereits die Verfahren 613 F 462/07 (UG) und 613 F 2992/09 (UG) geführt, darüber hinaus ein Verfahren wegen des Verdachts der Kindeswohlgefährdung (613 F 3010/07 (SO)). In dem letztgenannten Umgangsverfahren schlossen die Kindeseltern am 24.9.2009 eine Vereinbarung, nach der der Kindesvater persönlichen Umgang mit M. jeweils freitags nachmittags für zwei Stunden erhalten sollte; ferner verpflichteten sich beide Elternteile darin zur Teilnahme an einer Trennungsberatung, um dort den weiteren Umgang zu regeln. Tatsächlich fand bis Januar 2010 allerdings lediglich ein Umgangskontakt (am 23.10.2009) statt. Seit November 2009 ließ die Kindesmutter M. nicht mehr deren bisherigen Kindergarten besuchen; im Februar 2010 meldete sie in einer anderen Kindertagesstätte an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht des Jugendamts der Landeshauptstadt Hannover vom 22.3.2010 im Vorverfahren 613 F 2992/09 (UG) Bezug genommen.
Mit Verfügung vom 12.2.2010 leitete das AG - Familiengericht - Hannover wegen der Besorgnis der Kindeswohlgefährdung von Amts wegen das vorliegende Verfahren ein und bestellte für M. erneut einen Verfahrensbeistand. Nach einer am 9.7.2010 mit den Beteiligten durchgeführten mündlichen Erörterung beschloss es am 8.9.2010 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens bezüglich der Erziehungseignung der Kindesmutter (Ziff. 3 des Beschlusses); darüber hinaus ordnete es in diesem Beschluss persönliche Umgangskontakte des Kindesvaters mit M., die bis einschließlich Dezember 2010 einmal wöchentlich nachmittags stattfinden sollen (Ziff. 1), sowie zu deren Durchführung im Wege der einstweiligen Anordnung die Einrichtung einer vorläufigen Umgangspflegschaft für die Dauer eines Jahres an (Ziff. 2).
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Kindesmutter mit ihrer Beschwerde, die sie damit begründet, dass eine Umgangspflegschaft nicht erforderlich sei; auch sei kein Sachverständigengutachten zur Frage ihrer Erziehungseignung oder gar einer Herausnahme des Kindes aus ihrem Haushalt einzuholen. Sie habe eine fürsorgliche und liebevolle Beziehung zu M., was auch der bei ihr seit zweieinhalb Jahren im Umfang von 6 Stunden wöchentlich eingesetzte Familienhelfer bestätigen könne. Im Übrigen habe sie die Sorge, ob der Kindesvater der Betreuung von M. gerecht werden würde; dieser habe kurzfristig vereinbarte Umgangstermine jeweils nicht eingehalten, weshalb das Kind dann enttäuscht gewesen sei. An Bindungstoleranz fehle es ihr jedoch vor diesem Hintergrund nicht. Schließlich habe sie dem Kindesvater Umgangskontakte im zweiwöchigen Abstand angeboten, die jedoch nur werktags von ihrer Freundin begleitet werden könnten.
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Soweit sich das Rechtsmittel gegen die im Wege der einstweiligen Anordnung erfolgte vorläufige Einrichtung einer Umgangspflegschaft (Ziff. 2 des angefochtenen Beschlusses) wendet, ergibt sich die Unzulässigkeit aus § 57 S. 1 FamFG. Danach ist eine einstweilige...