Leitsatz (amtlich)

Zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe beim Vorhandensein nicht selbstgenutzten Grundbesitzes (hier: eines Miteigentumsanteils).

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Lehrte (Beschluss vom 16.11.2004; Aktenzeichen 8 F 8483/04)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind je zur ideellen Hälfte Eigentümer einer vermieteten Eigentumswohnung. Diese hat nach den Angaben der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Antragstellerin einen Verkehrswert von ca. 150.000 EUR und ist mit valutierenden Grundpfandrechten von ca. 144.000 EUR belastet, bei die Mieteinnahmen deutlich übersteigenden laufenden Kosten. Das AG hat Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Landeskasse.

II. Die gem. §§ 127 Abs. 3, 569 Abs. 1 S. 1 u. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das nach § 115 Abs. 1 S. 1 ZPO einzusetzende Vermögen muss zur Finanzierung der Prozesskosten verfügbar sein. Deshalb ist bei gem. § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII grundsätzlich zu verwertendem Grundvermögen erforderlich, dass die um Prozesskostenhilfe nachsuchende Partei zeitnah entweder einen Verkauf mit einem zur Deckung der Prozesskosten ausreichenden Erlös verwirklichen (vgl. Kalthoener/Büttner/WrobelSachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 326) oder sich zu unter Berücksichtigung ihrer Einkommensverhältnisse zumutbaren Konditionen gegen Bestellung eines Grundpfandrechts ein Darlehen beschaffen kann (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 115 Rz. 64). Davon kann vorliegend nach den Angaben der Antragstellerin in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 10.8.2004 und im Schriftsatz vom 4.1.2005 nicht ausgegangen werden. Dafür, dass diese Angaben nicht zutreffen, bestehen keine Anhaltspunkte. Deshalb war die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht davon abhängig zu machen, dass die Antragstellerin den von ihr getrennt lebenden Antragsgegner zur Herausgabe der von ihm verwahrten Belege über die Höhe der valutierenden Belastungen und der laufenden Kosten bewegt. Dem vom Bezirksrevisor herangezogenen Beschluss des 6. Zivilsenates des OLG Celle vom 21.10.2000 (OLG Celle v. 21.10.2002 - 6 W 121/02, OLGReport Celle 2002, 322 = MDR 2003, 356) lässt sich nicht entnehmen, dass dort die Verwertung eines Miteigentumsanteils an einem nicht selbst genutzten Hausgrundstück unabhängig von den übrigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei sowie ohne Rücksicht auf die konkrete, auch kapitalmarktabhängige Möglichkeit einer Darlehensbeschaffung als realisierbar und zumutbar i.S.d. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO angesehen wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1696666

FamRZ 2005, 1185

www.judicialis.de 2005

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