Leitsatz (amtlich)
Das Verkürzen von Besuchs und Aufschlusszeiten infolge der von der Anstaltsleitung durchgeführten Umsetzung des einheitlichen niedersächsischen Vollzugskonzepts verstößt nicht gegen die Regelungen zum Widerruf begünstigender Verwaltungsakte.
Verfahrensgang
LG Hannover (Entscheidung vom 02.12.2005; Aktenzeichen 72 StVK 293/05) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen (§ 121 Abs. 2 Satz 1 StVollzG).
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 300, EUR festgesetzt.
Gründe
1.
Der Antragsteller verbüßt zurzeit Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt H.. Zwei Drittel der gegen ihn mit Urteil vom 15. Mai 2002 wegen Vergewaltigung pp. verhängten Strafzeit von vier Jahren und sechs Monaten waren am 2. Januar 2005 verstrichen, das Strafzeitende ist auf den 2. Juli 2006 notiert. Anträge auf vorzeitige Entlassung im Wege der Strafaussetzung wurden abgelehnt.
Mit Wirkung zum 1. Juli 2005 wurde im niedersächsischen Strafvollzug das sog. Einheitliche Vollzugskonzept für alle Vollzugsanstalten verbindlich eingeführt. Ausprägung dieses einheitlichen Vollzugskonzepts ist u.a. eine Differenzierung in den sog. Basis und in den Chancenvollzug, wobei dieser gegenüber dem Basisvollzug mit dem Gewähren weiterer Lockerungen einhergeht. Vor allem aufgrund von Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Drogen wurde der Antragsteller in den sog. Basisvollzug eingestuft. In der Justizvollzugsanstalt H. wurde das neue Vollzugskonzept in Form eines Aushangs bekannt gegeben, nach dessen Inhalt Gefangene des Basisvollzugs kürzere Besuchs und Aufschlusszeiten gewährt bekommen als Gefangene des sog. Chancenvollzugs.
Der Antragsteller wendet sich in vorliegendem Verfahren nicht gegen seine Einstufung in den Basisvollzug, sondern dagegen, dass ihm infolge des neuen Vollzugskonzepts kürzere als bislang gewährte Besuchs und Aufschlusszeiten bewilligt werden. Dies beschneide in unzulässiger Weise seine sozialen Kontakte und verstoße gegen die auch im Strafvollzugsrecht zumindest entsprechend geltenden Grundsätze bzgl. des Widerrufs rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte. Die Strafvollstreckungskammer hat den hierauf gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 2. Dezember 2005 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet der Antragsteller sich nunmehr mit seiner Rechtsbeschwerde.
2.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie wurde fristgerecht eingelegt und trägt die Unterschrift eines Rechtsanwalts (vgl. nunmehr Bl. 80 VollzH). Überdies ist es im Sinne von § 116 Abs. 1 StVollzG geboten, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
3.
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
a)
Soweit der Antragsteller sich gegen die Verkürzung der Besuchszeiten und den hiermit reduzierten Automateneinkauf wendet, erscheint schon fraglich, ob diese Regelungen bereits in den Rechtskreis des Antragstellers eingreifen und unmittelbare Rechtswirkungen entfalten (vgl. hierzu OLG Celle vom 10.10.1989, 1 Ws 295/89, ZfStrVO 1990, 307). Denn eine bloße Aussicht, mit einem etwaigen Begehren nach einer längeren Besuchszeit oder einem höheren Besuchseinkauf abgewiesen zu werden, stellt regelmäßig noch keine Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung im Sinne von § 109 Abs. 1 StVollzG dar. Dass ein konkreter Antrag des Antragstellers bereits abgelehnt worden war, geht weder aus der angefochtenen und den Senat als Rechtsbeschwerdegericht in tatsächlicher Hinsicht bindenden Entscheidung der Strafvollstreckungskammer, noch aus der Rechtsbeschwerdeschrift hervor. Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an.
b)
Denn soweit der Antragsteller sich zugleich gegen eine Verkürzung der Aufschlusszeiten richtet, liegt hierin zwar eine kraft Allgemeinverfügung umgesetzte unmittelbare (weil täglich aufgrund der Hausordnung ohne das gesonderte Stellen bzw. Ablehnen eines Antrags zu spürende) Rechtswirkung auch für den Antragsteller. Aber auch dies verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
Die Strafvollstreckungskammer ist jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass weder die Vorschrift des § 14 Abs. 2 StVollzG noch die Grundsätze über die Rücknahme rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte entsprechend § 49 VwVfG verletzt sind. Denn der Antragsteller kann nicht von vornherein darauf vertrauen, dass sämtliche einmal gewährten Lockerungen und bestehenden Regelungen innerhalb des Justizvollzugs dauerhaft unabänderlich sind. Denn sowohl § 14 Abs. 2 StVollzG als auch § 49 VwVfG sehen die Möglichkeit der Rücknahme begünstigender Regelungen vor, soweit das Vorliegen neuer Umstände hierzu berechtigt. Hierbei besteht Einvernehmen dahin, dass derartige neue Umstände nicht in der Person des Antragstellers begründet sein müssen, sond...