Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltsbeiordnung im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Auch soweit die Voraussetzungen nach § 78 Abs. 2 FamFG für eine Anwaltsbeiordnung an sich nicht vorliegen, hat diese bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit Rücksicht auf das Gebot eines fairen Verfahrens dennoch regelmäßig zu erfolgen, wenn das Gericht vor dem unter Beteiligung des Rechtsanwaltes stattfindenden Anhörungstermin weder über die rechtzeitig bewilligungsreif nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe einschließlich Beiordnung entschieden noch auf das Bestehen von Bedenken gegen eine Anwaltsbeiordnung hingewiesen hat.
Normenkette
FamFG § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Uelzen (Beschluss vom 01.02.2011; Aktenzeichen 3c F 2162/10) |
Tenor
Der Beschluss des AG - Familiengericht - Uelzen vom 1.2.2011 wird geändert und dem Antragsteller wird Rechtsanwalt R zur Vertretung im Verfahren erster Instanz beigeordnet.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die nichtehelichen Eltern des betroffenen Kindes, das im Haushalt der Kindesmutter lebt.
Die Beteiligten hatten sich in dem Verfahren 3c F 2046/05 UG des AG Uelzen am 16.8.2005 dahingehend geeinigt, dass der Antragsteller das gemeinsame Kind vierzehntägig in der Wohnung der Antragsgegnerin besuchen durfte. In dem Verfahren 3c F 2043/08 UG des AG Uelzen, in dem der Antragsteller eine Ausweitung der Umgangskontakte um Übernachtungsbesuche begehrt hatte, ist nach Vermittlung durch einen Verfahrenspfleger das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Mit seinem am 10.12.2010 beim AG eingegangenen Antrag erstrebte der Kindesvater eine Umgangsregelung, wonach der Umgang mit dem gemeinsamen Kind vierzehntägig von freitags um 18.00 Uhr bis sonntags um 18.00 Uhr sowie an den zweiten Feiertagen und in den Ferien stattfinden sollte. Gleichzeitig beantragte er die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten und legte dazu die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers vor, der er den letzten Bescheid der Agentur für Arbeit Uelzen über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beifügte.
Nach Anhörung der Kindeseltern und des Jugendamtes im Erörterungstermin am 31.1.2011 haben die Kindeseltern wöchentliche Besuchskontakte dienstags von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr in der Wohnung der Antragsgegnerin vereinbart.
Das AG hat dem Antragsteller durch den angefochtenen Beschluss antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten jedoch nach § 78 Abs. 2 FamFG versagt.
Gegen die Versagung der Anwaltsbeiordnung richtet sich die fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt; sie hat auch in der Sache Erfolg.
Das AG hat in seinem Nichtabhilfebeschluss zwar zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten für den Antragsteller an sich nicht geboten war.
Nach der seit September 2009 - also auch für das vorliegende Verfahren - maßgeblichen Regelung in § 78 Abs. 2 FamFG erfolgt für Verfahren, in denen - wie vorliegend - die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, im Rahmen der VKH die Beiordnung eines Anwaltes nur noch dann, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheint, also in qualifizierten Ausnahmefällen.
Ein derartiger Ausnahmefall liegt in der Regel nicht vor, wenn es in dem betreffenden Verfahren lediglich um die weitere Ausgestaltung eines nicht grundsätzlich in Frage gestellten Umganges zwischen minderjährigen Kindern und dem nichtbetreuenden Elternteil geht. Meinungsverschiedenheiten der Kindeseltern und der Streit der Eltern darüber, in welchem Umfang der Umgang stattfinden soll, sind in Verfahren nach § 1684 BGB, für die der Gesetzgeber bewusst keinen Anwaltszwang nach § 78 Abs. 1 FamFG vorgesehen hat, die Regel.
Ohne das Hinzutreten besonderer Umstände, die im Streitfall weder vorgetragen noch ersichtlich sind, kann in derartigen Fällen nicht von einer die Anwaltsbeiordnung rechtfertigenden Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage ausgegangen werden. Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend - die Beteiligten aus vorangegangenen Verfahren selbst über Vorkenntnisse verfügen. Der Antragsteller hat sich am 1.6.2005 an die Rechtsantragstelle gewandt und das Verfahren 3c F 2046/05 UG ausgelöst. Das Verfahren 3c F 2043/08 UG beruht auf einem vom Antragsteller schriftlich eingereichten Antrag.
Ohne Erfolg versucht sich der Antragsteller schließlich auf den Gesichtspunkt zu stützen, dass die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren ihrerseits durch eine - allerdings ihr ebenfalls nicht im Rahmen der VKH beigeordnete - Rechtsanwältin vertreten wird. Ganz bewusst anders als in § 121 Abs. 2 ZPO (der über § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG ausschließlich in - hier nicht gegebenen - Ehe- und Familienstreitsachen Anwendung findet) hält der ...