Leitsatz (amtlich)

Das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249 ff. FamFG) ist unzulässig, wenn dem Elternteil, bei dem sich das minderjährige Kind aufhält, im Zeitpunkt des Erlasses des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses oder zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht die elterliche Sorge oder zumindest die Vermögenssorge zusteht. Eine beantrage Beistandschaft endet gemäß § 1715 Abs. 2 BGB kraft Gesetzes, wenn dem Obhutselternteil die elterliche Sorge insoweit nicht mehr zusteht.

Das Familiengericht oder der Beschwerdesenat sind zur eigenständigen Prüfung der sorgerechtlichen Verhältnisse berufen.

 

Verfahrensgang

AG Dannenberg (Aktenzeichen 51 FH 46/19)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dannenberg (Elbe) vom 25. Juli 2019 aufgehoben und der Antrag auf Festsetzung des Unterhalts im vereinfachten Unterhaltsverfahren als unzulässig abgewiesen.

II. Gerichtskosten werden in beiden Instanzen nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

III. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird in beiden Instanzen auf 4.472 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das antragstellende Kind begehrt, vertreten durch den Landkreis ... als Beistand, die Verpflichtung der Kindesmutter, der Antragsgegnerin, zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts ab März 2019.

Das Kind hielt sich zunächst im Haushalt der Kindesmutter auf, der die alleinige elterliche Sorge für ihre Tochter zustand. Mit Beschluss vom 27. Januar 2016 hat Amtsgericht G. der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge, die Schulangelegenheiten und das Recht zur Antragstellung entzogen und auf das Jugendamt übertragen. Das Jugendamt hatte das Kind vorerst im Haushalt der Kindesmutter belassen. Aus Anlass von in dem gesonderten Verfahren vor dem Amtsgericht (... F ... EASO) gegen die Mutter und deren Ehemann erhobener Vorwürfe hat das Jugendamt das Aufenthaltsbestimmungsrecht dahingehend ausgeübt, dass es L. in einer Wohngruppe untergebracht hat. Ihre Tochter sollte ausweislich des Clearingsberichts vom 21. November 2018 in dieser Wohngruppe nicht zuletzt vor den fortdauernden Streitigkeiten der Eltern geschützt werden.

In dem vor dem Amtsgericht N. geführten Verfahren ... F ... SO hatte der Vater beantragt, ihm das alleinige Sorgerecht für die Teilbereiche Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Schulangelegenheiten und Stellung von Anträgen nach dem SGB VIII zu übertragen. Die Kindesmutter ihrerseits hatte beantragt, ihr die alleinige elterliche Sorge zu übertragen.

Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 4. März 2019 folgende Sorgerechtsregelung getroffen:

"Dem Vater wird das alleinige Sorgerecht für das Kind L., geb. am ...1.2008 in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitsfürsorge, Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten und Recht zur Stellung von Anträgen nach dem SGB VIII übertragen.

Dem Vater wird aufgegeben, öffentliche Hilfen in Anspruch zu nehmen und zwar Hilfen zur Erziehung nach Weisung des für seinen Wohnort zuständigen Jugendamtes.

Im übrigen üben die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus.

Der Antrag der Mutter wird zurückgewiesen."

Das Amtsgericht hat seine Entscheidung u.a. damit begründet, dass die Voraussetzungen für eine Abänderung der bisherigen Sorgerechtsentscheidung gemäß § 1696 Abs. 2 BGB nunmehr vorlägen, weil der Vater eine ausreichende Beziehung zu seiner Tochter habe, während auf Seiten der Kindesmutter weiterhin erhebliche Defizite in der Erziehungsfähigkeit fortbestünden. Gemäß §§ 1680 Abs. 3, 1666 BGB sei das Sorgerecht dem Vater zu übertragen, weil dies trotz möglicher Loyalitätskonflikte dem Kindeswohl nicht widerspreche.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindesmutter hat das Oberlandesgericht O. mit Beschluss vom 28. Mai 2019 den Beschluss des Amtsgerichts N. vom 4. März 2019 wie folgt geändert.

"Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - N. vom 4. März 2019 dahingehend geändert, dass auch der Antrag des Vaters auf Übertragung des Rechts der Aufenthaltsbestimmung, des Rechts der Gesundheitsvorsorge, des Rechts zur Beantragung von Hilfen nach dem SGB VIII sowie des Rechts auf Regelung schulischer Angelegenheiten für das Kind L., geb. am ... Januar 2008, zurückgewiesen wird."

Zu der Anordnung unter Ziffer 3 des Beschlusses des Amtsgerichts N. hat sich die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht ausdrücklich verhalten. Den Gründen der Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Voraussetzungen für eine Änderung einer Entscheidung zum Sorgerecht gemäß § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB, mithin triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe, nicht vorlägen. Hierzu verweist das Oberlandesgericht vor dem Hintergrund diverser Beschwerdeverfahren in den vergangenen Jahren darauf, dass die Eltern ihre Konflikte auf Kosten des emotionalen Wohls ihrer Tochter austragen. Mit einem dauerhaften Aufenthalt von ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge