Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbung eines Notars
Leitsatz (amtlich)
1. Es stellt keinen Verstoß gegen das Verbot unzulässiger Werbung nach § 29 BNotO vor, wenn ein Anwaltsnotar in einem kirchlichen Gemeindebrief unter der optisch hervorgehobenen Überschrift "Anwaltliche Hilfe?" neben seinem Namen die Bezeichnung "Rechtsanwalt und Notar" angibt. In einem derartigen Fall, "m dem unmissverständlich auf die anwaltliche Tätigkeit verwiesen wird, kann einem Anwaltsnotar die Angabe der vollständigen Amtsbezeichnung, die er bei seiner Berufsausübung grundsätzlich führen darf, nicht untersagt werden.
2. Wegen der erkennbar nur auf die anwaltliche Tätigkeit gerichteten Werbung ist es im Ergebnis auch unerheblich, dass in der Anzeige zugleich drei Tätigkeitsschwerpunkte angegeben werden (Familien-, Medizin- und Erbrecht), was dem Notar im Rahmen einer Werbung für notarielle Tätigkeit nicht gestattet wäre.
Normenkette
BNotO §§ 29, 67; GG Art. 12
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Beschluss vom 07.11.2005; Aktenzeichen 1 R 39 R.) |
Tenor
Die Missbilligungsverfügung des Präsidenten des LG Braunschweig vom 7.11.2005 - 1 R 39 R. (UAI) - sowie die sie betätigende Beschwerdeentscheidung des Präsidenten des OLG vom 23.3.2006 - 4 R 335 SH I - werden aufgehoben.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens einschl. der notwendigen Auslagen des Antragstellers.
Der Geschäftswert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der am 20.6.1946 geborene Antragsteller ist seit dem 27.11.1979 als Rechtsanwalt zugelassen. Am 13.3.1995 wurde er zum Notar bestellt. Er hat seinen Kanzlei- und Dienstsitz in B. Disziplinarrechtlich ist er bisher nicht in Erscheinung getreten.
In der Herbstausgabe 2005 des Gemeindebriefes der Ev.-Iuth. Kirchengemeinde St. P. in B. erschien eine Anzeige des Notars mit folgendem Inhalt (Bl. 4 f. d.A. I T 39 R. (UA I):
"Anwaltliche Hilfe?
Rechtsanwalt & Notar
W. R.
Tätigkeitsschwerpunkte:
Familien-, Medizin- und Erbrecht
L., B."
Am 26.10.2005 leitete der Präsident des LG Braunschweig gegen den Notar ein Vorermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Dienstvergehens infolge unzulässiger Werbung nach § 29 Abs. 1 BNotO ein (Bl. 1-3 d.A. I T 39 R. (UA I)). Der Notar erklärte am 2.11.2005, er werde bezüglich des Anzeigentextes in Zukunft dafür Sorge tragen, dass dieser keinen Hinweis auf das Notariat mehr enthalte. Ferner werde er künftig an anderer Stelle keine Werbeanzeigen schalten, die eine andere Berufsbezeichnung als Rechtsanwalt beinhalteten (Bl. 6 f. d.A. I T 39 R. (UA I)).
Mit Verfügung vom 7.11.2005 sprach der Präsident des LG Braunschweig gegen den Notar eine Missbilligung gem. § 94 Abs. 1 BNotO unter gleichzeitiger Einstellung des Vorermittlungsverfahrens aus (BL 9 f. d.A. i T 39 R. (UA I)). Zur Begründung führte er aus, die Anzeige stelle eine unzulässige Werbung nach § 29 Abs. 1 BNotO dar, weil dieser kein begründeter Anlass zugrunde gelegen und sie lediglich allgemein dazu gedient habe, auf den Notar aufmerksam zu machen. Soweit der Notar als Rechtsanwalt geringeren Werbebeschränkungen unterliege gelte dies nur dann, wenn er nicht zugleich auf das Notariat hinweise. Da bereits eine unzulässige Werbung in der Braunschweiger Zeitung vom 12.4.2003 beanstandet worden sei, habe auf die Pflichtwidrigkeit des Handelns durch eine Missbilligung hingewiesen werden müssen.
Gegen diese ihm am 10.11.2005 zugestellte Verfügung (Bl. 13 d.A. I T 39 R. (UA I)) legte der Notar mit Schreiben vom 11.11.2005, eingegangen am 14.11.2005, Beschwerde ein (Bl. 11 f. d.A. I T 39 R. (UA I)). Hierzu machte er geltend, der Inhalt der Anzeige wende sich nach ihrer Aufmachung ausschließlich an ein Publikum, das anwaltlicher Hilfe bedürfe. Die Nennung seiner vollständigen Berufsbezeichnung sei nicht zu beanstanden, zumal er diese auch bei Bearbeitung rein anwaltlicher Mandate auf dem Briefkopf seiner Kanzlei verwende.
Mit Verfügung vom 23.3.2006 wies der Präsident des OLG Braunschweig die Beschwerde zurück (Bl. 11 f. d.A. 4 R 335 SH I). Die Anzeige verstoße gegen das Werbeverbot des § 29 Abs. 1 BNotO, weil sie dazu geeignet und bestimmt gewesen sei, nicht nur ein Publikum anzusprechen, das anwaltlicher Hilfe bedürfe, sondern zugleich einen Personenkreis, der einen Notar für eine Amtshandlung benötige. Unmittelbar in der folgenden Zeile nach der Fragestellung werde nämlich vor der Namensnennung und in einer größeren Schrift auf den "Rechtsanwalt & Notar" hingewiesen. Es handele sich deshalb nicht lediglich um die vollständige Angabe einer Berufsbezeichnung. Das Schalten einer Anzeige diene auch ausschließlich dem Zweck, Mandate zu gewinnen und vermittele den mit dem Amt des Notars unvereinbaren Eindruck der Gewerblichkeit. Hierdurch unterscheide die Anzeige sich in der Verwendung von Briefpapier, bei dem die sachliche Information des Mandanten im Vordergrund stehe.
Gegen diese ihm am 31.3.2006 zugestellte Verfügung (Bl. 13 d.A. 4 R 335 SH I) richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Notars vom 27.4.2006, eingegangen beim OLG Celle am 2...