Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung über Zulassung eines Rechtsmittels durch das Beschwerdegericht
Leitsatz (amtlich)
Das Gericht der weiteren sofortigen Beschwerde ist nicht befugt, die Nichtzulassung dieses Rechtsmittels durch das LG in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht zu hinterfragen.
Nach Einführung der Vorschrift des § 29a FGG ist für die Annahme eines außerordentlichen Rechtsmittels allenfalls dann Raum, wenn sich das Rechtsmittel nicht auf Verletzung des rechtlichen Gehörs stützt.
Normenkette
FGG § 29a
Verfahrensgang
LG H. (Aktenzeichen 28 T 12906) |
Tenor
Die weitere sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Betroffene. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Freiheitsentziehung des Betroffenen vom 15. bis zum 16.2.2006 bis zum Erlass eines gegen ihn gerichteten Abschiebungshaftbefehls. Mit Beschluss vom 23.8.2006 hat das AG H. auf den Antrag des Betroffenen festgestellt, dass die Haft für diesen Zeitraum nicht rechtswidrig war. Der Betroffene wendet sich mit seinem Rechtsmittel nunmehr gegen einen Beschluss des LG, mit welchem seine sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des AG zurückgewiesen und nach Annahme einer auf das Polizeirecht gestützten Maßnahme die weitere sofortige Beschwerde nach § 19 Abs. 2 Satz 4 Nds. SOG nicht zugelassen wurde.
2. Das Rechtsmittel ist als weitere sofortige Beschwerde unzulässig.
Die Kammer hat ihre Entscheidung - nunmehr - auf die Annahme einer Maßnahme nach § 18 Abs. 2 Nds. SOG gestützt und hiernach die weitere sofortige Beschwerde nicht zugelassen. An diese Entscheidung, die weitere sofortige Beschwerde nicht zuzulassen, ist das weitere Beschwerdegericht ebenso gebunden (vgl. nur OLG München vom 19.6.2006, 34 Wx 7506) wie an die vom LG hierzu getroffenen Feststellungen (MeyerHolz in KeidelKuntze Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 42). Die Entscheidung über die Zulassung der weiteren sofortigen Beschwerde ist nach dem Willen des Gesetzgebers ausschließlich dem LG übertragen und nach ständiger Rechtsprechung sowohl der Anfechtung durch die Beteiligten als auch der Nachprüfung und Abänderung durch das Rechtsbeschwerdegericht entzogen (BGH FamRZ 1990, 1228. 1992, 1063. BayObLGZ 1980, 286). Hat das LG die weitere Beschwerde nicht zugelassen, ist hiernach jegliche Nachprüfung der Vorentscheidung unzulässig, weil dem Beschwerdegericht hierzu die Eigenschaft als gesetzlicher Richter fehlt (OLG München, a.a.O.). Der Senatsbeschluss in vorliegender Sache vom 19.2.2007 (Bl. 93 d.A.) steht dem nicht entgegen, denn dieser beruhte darauf, dass nicht einmal im Ansatz erkennbar war, ob es sich um ein Verfahren nach Maßgabe des Polizei oder des Ausländerrechts handelte und ob hiernach eine Zulassung der weiteren sofortigen Beschwerde überhaupt geboten war (s. hierzu auch OLG Braunschweig vom 4.2.2004 - 6 W 3203). Dies hat das LG durch seinen jetzt angefochtenen Beschluss behoben.
3. Eine hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde (etwa i.S.v. § 544 ZPO oder § 133 VwGO) ist im Recht der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht vorgesehen (vgl. Senatsbeschluss vom 20.9.2005 - 22 W 5905).
4. Das Rechtsmittel führt aber auch als außerordentliche Beschwerde nicht zum Erfolg. Zwar ist nach Einführung der Vorschrift des § 29a FGG durch das Anhörungsrügegesetz vom 9.12.2004 fraglich, ob neben dem Rechtsmittel nach § 29a FGG für eine außerordentliche Beschwerde noch Raum ist (vgl. hierzu Thür. OLG FamRZ 2006, 1228. OLG München [31. OLG Celle] FGPrax 2006, 175. OLG München [33. OLG Celle] FamRZ 2006, 896 und OLG München [34. Zivilsenat] vom 19.6.2006, a.a.O.). Der Senat neigt zu der Auffassung, dass ein außerordentliches Rechtsmittel auch zum Vermeiden einer sonst gebotenen Verfassungsbeschwerde jedenfalls dann statthaft sein könnte, wenn das Rechtsmittel sich nicht auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör stützt. Dies kann hier aber dahinstehen. Denn Zulässigkeitsvoraussetzung einer außerordentlichen Beschwerde (vgl. hierzu näher Kahl in KeidelKuntzeWinkler, FGG, 15. Aufl., § 19 Rz. 39 m.w.N.) wäre in jedem Fall das Vorliegen einer greifbaren Gesetzwidrigkeit. Eine solche ist vorliegend aber weder dargetan, noch ersichtlich.
Zwar erscheint dem Beschwerdevorbringen zufolge und nach dem Inhalt der Akten zumindest nicht ausgeschlossen, dass entgegen der hier angefochtenen Entscheidung die angefochtene Maßnahme jedenfalls ab dem Mittag des 15.2.2006 mit dem Stellen des Antrags auf Erlass eines Abschiebungshaftbefehls eine solche nach dem Aufenthaltsgesetz war und die erst am kommenden Tage vom AG durchgeführte Anhörung des Betroffenen gegen den in Haftsachen (im Übrigen sowohl nach dem Polizei als auch nach dem Ausländerrecht) stets zu beachtenden Beschleunigungsgrundsatz verstieß (vgl. hierzu und zum Erfordernis eines richterlichen Bereitschaftsdienstes nur BVerfG vom 19.1.2007, 2 BvR 120604, Nds. Rpfl. 2007, 215)....