Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Kostentragung von sog. Hausanschlusskosten im Rahmen eines Pauschalpreisvertrages über den Kauf und die Errichtung eines Hauses.
Leitsatz (amtlich)
Hausanschlusskosten, die dem Bauunternehmer/Verkäufer eines zu errichtenden Hauses während der Bauphase dafür entstanden sind, dass er gegenüber dem Versorgungsträger seinerseits die Errichtung der Hausanschlüsse veranlasst hat, kann der Bauunternehmer/Verkäufer im Rahmen eines Pauschalpreisvertrages grundsätzlich nicht nachträglich auf den Erwerber/Käufer abwälzen, wenn dem zugrundeliegenden Vertrag eine solche nachträgliche Übernahmeverpflichtung nicht zu entnehmen ist.
Der Erwerber darf nach dem allgemeinen Verständnis davon ausgehen, dass der Unternehmer/Verkäufer derartige Kosten im Vorfeld kalkuliert und bei der Bildung des Pauschalpreises berücksichtig hat, sodass etwaige Hausanschlusskosten mit der Zahlung des Pauschalpreises mitabgegolten sind.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Urteil vom 18.05.2021; Aktenzeichen 3 O 415/20) |
Tenor
1. Der Klägerin wird auf ihren Antrag vom 08.09.2021 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
2. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 9.217,33 EUR festzusetzen.
3. Es wird erwogen, die Berufung der Klägerin gegen das am 18.05.2021 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim - 3 O 415/20 - durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
4. Der Klägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu bis zum 04.11.2021 gegeben.
Gründe
I. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Im vorliegenden Fall ist unter keinem der vorgenannten Gesichtspunkt eine Änderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts veranlasst. Im Einzelnen:
1. Zu Recht hat das Landgericht der Klägerin den gegen die Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Hausanschlusskosten für Strom, Wasser und Fernwärme versagt, weil sie unabhängig von dem zwischen den Parteien umstrittenen Verständnis des Begriffs der "Erschließungskosten" (a) die Herstellung dieser Hausanschlüsse selbst veranlasst (b) und diese darüber hinaus gegenüber den Beklagten auch vertraglich geschuldet hat (c), sodass diese ihr obliegende vertragliche Leistungspflicht mit dem vereinbarten Pauschalpreis gemäß § 7 des zwischen den Parteien geschlossenen notariellen Vertrages (Bl. 12 ff. d. A. - im Folgenden: Notarvertrag) abgegolten ist.
a) Zwar weist die Berufung mit Blick auf § 5 Abs. 2 des Notarvertrages im Ausgangspunkt zu Recht darauf hin, dass es sich bei den geltend gemachten Hausanschlusskosten (nach öffentlich-rechtlichem Verständnis) weder um Erschließungs- noch um Anliegerbeiträge handelt. Anlieger- und Erschließungsbeiträge sind Kosten öffentlicher Einrichtungen, die durch Akte des öffentlichen Rechts auf die Eigentümer von Grundstücken im Einzugsbereich dieser Einrichtung umgelegt werden (vgl. jurisPK-BGB-Pammler, 9. Aufl. 2020, § 436 Rn. 9). Die Erschließungsbeiträge im engeren Sinne sind solche, die öffentlich-rechtlich nach § 127 BauGB erhoben werden können, d. h. für die dort aufgeführten Erschließungsanlagen. Von diesen Erschließungsanlagen sind nach § 127 Abs. 4 S. 2 BauGB als dort aufgeführte Beispiele u. a. ausdrücklich Elektrizität, Wärme und Wasser ausgenommen, sodass diese schon nicht unter die Erschließungsbeiträge im engeren Sinne fallen (vgl. BeckOK BauGB-Eiding, 52. Edition - Stand: 01.02.2021, § 127 Rn. 23). Die Anliegerbeiträge können für andere Erschließungsanlagen außerhalb von § 127 BauGB oder öffentliche Einrichtungen aufgrund von öffentlich-rechtlichen Vorschriften, insbes. kommunalen Abgabengesetzen erhoben werden, worunter auch Anlagen zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser fallen können. Entscheidend ist also die Grundlage der Leistungspflicht des Eigentümers im öffentlichen Recht. Maßgeblich ist dabei somit, dass es sich um solche Kosten handelt, die durch Bescheid der öffentlichen Hand festgesetzt werden können; privatrechtlich begründete Abgabepflichten werden nicht erfasst (vgl. dazu z. B. MüKo-BGB-Westermann, 8. Aufl. 20...