Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe für einen Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
Aus der Nachrangigkeit der Prozesskostenhilfe sowie aus § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO selbst ergibt sich, dass vor der versuchten Inanspruchnahme staatlicher Mittel der Insolvenzverwalter versuchen muss, die Finanzierung der Prozessführung durch die wirtschaftlich Beteiligten zu betreiben, soweit die Kosten nicht aus der Masse aufgebracht werden können.
Normenkette
ZPO § 116
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 20 O 304/09) |
Tenor
Der Antrag des Klägers vom 26. November 2010 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.
Tatbestand
I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter/Treuhänder (§ 313 InsO) über das Vermögen des Streithelfers. Vor dem Landgericht hat er – erfolglos – einen Zahlungsanspruch in Höhe von 7.833,30 EUR nebst Zinsen geltend gemacht. Bei dem Betrag handelt es sich um den Rückkaufswert einer Lebensversicherung, für die zwischen dem Streithelfer und der Beklagten im Jahr 2004 gemäß § 165 Abs. 3 VVG a. F. ein „unwiderruflicher Verwertungsverzicht” (Anlage K 6, Bl. 25) vereinbart worden war. Mit seinem Antrag vom 26. November 2010 hat der Kläger Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren beantragt. Die von ihm ausgesprochene Kündigung des Versicherungsvertrages sei nicht gemäß § 165 Abs. 3 VVG a. F. ausgeschlossen, die Verwertungsverzichtsvereinbarung anfechtbar. Die Voraussetzungen einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO seien gegeben.
Entscheidungsgründe
II. 1. Richtig ist, dass für den Kläger als Insolvenzverwalter § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO und nicht Nr. 2 gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2005, IX ZB 224/04). Nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO kann eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen, Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Der Senat geht davon aus, dass nicht erwiesen ist, dass den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten die Kostenaufbringung nicht zuzumuten ist. Ob die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse aufgebracht werden können, kann demgegenüber dahinstehen.
Für die Frage, ob nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten ist, die Kosten für den beabsichtigten Rechtsstreit des Insolvenzverwalters aufzubringen, ist eine wertende Abwägung aller Gesamtumstände des Einzelfalls erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009, III ZB 15/09). Bei dieser wertenden Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Fall des Obsiegens, das Prozess und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen (ebenda). Die Beurteilung unterliegt der tatrichterlichen Würdigung.
a) Aus der Nachrangigkeit der Prozesskostenhilfe sowie aus § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO selbst ergibt sich ohne weiteres, dass vor der versuchten Inanspruchnahme staatlicher Mittel der Insolvenzverwalter versuchen muss, die Finanzierung der Prozessführung durch die wirtschaftlich Beteiligten zu betreiben, soweit die Kosten nicht aus der Masse aufgebracht werden können. Für ein entsprechendes Tätigwerden ist vorliegend nichts ersichtlich. Der Kläger hat nicht behauptet, die Gläubiger – im Wesentlichen handelt es sich nur um zwei – davon unterrichtet zu haben, dass die Kosten für die Führung dieses Rechtsstreits aus der Masse nicht bestritten werden könnten, und dass – jedenfalls möglicherweise – auch die Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht gegeben sein könnten. Es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Insolvenzverwalter den Versuch unternommen hätte, die Kosten von den wirtschaftlich Beteiligten zu erlangen. Gleichermaßen ist nichts dafür ersichtlich, dass dies vorliegend – ausnahmsweise – dem Kläger unzumutbar gewesen sein könnte. Ganz im Gegenteil ergibt sich aus der ungewöhnlich übersichtlichen Gläubigerstruktur, dass es dem Kläger mit sehr geringem Aufwand möglich war, den Versuch zu unternehmen, die Prozesskosten bei den Gläubigern einzutreiben (vgl. zum Ganzen BGH, Beschluss vom 25. November 2010, VII ZB 71/08). Der Senat sieht auch keinen Anlass, sich mit Ausführungen zum mutmaßlichen Interesse zu begnügen, anstatt zu erfahren, wie die betroffenen Gläubiger selbst sich zur Frage der Kostenaufbringung stellen. Prozesskostenhilfe kann schon deswegen nicht bewilligt werden.
b) Überdies ist vorliegend, ohne dass es darauf noch entscheidend ankäme, nicht ersichtlich, dass den Gläubigern die Kostenbeteiligung nicht zumutbar ist. Zumutbar ist sie denjenigen Gläubigern, welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskosten und ...