Leitsatz (amtlich)
1. Eine nach § 66 StGB vor dem 01.01.2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung kann in den Fällen nicht gem. Art. 316e Abs. 3 S. 1 EGStGB für erledigt erklärt werden, bei denen nur ein Teil der Anlass und Vortaten - aufgrund derer die Sicherungsverwahrung gem. § 66 StGB a.F. angeordnet worden ist - auch unter den Katalog des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB in der seit dem 01.01.2011 geltenden Fassung fällt (sogenannten "Mischfälle‚) [obiter dictum].
2. Art. 316e Abs. 3 S. 1 EGStGB stellt auf sämtliche Fallgestaltungen des § 66 Abs. 1 bis Abs. 3 StGB ab und nicht lediglich auf solche Sicherungsverwahrungen, die aufgrund des Abs. 1 dieser Vorschrift angeordnet worden sind.
Normenkette
EGStGB Art. 316e Abs. 3 S. 1; StGB § 66
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Aktenzeichen 17b StVK 32/11) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 24.05.2011 gegen die Entscheidung aus dem Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg mit Sitz in Celle vom 13.05.2011, mit der diese es abgelehnt hat, die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungserwahrung aus dem Urteil des Landgerichts Landshut vom 25.09.1997 für erledigt zu erklären oder deren weitere Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen, wird verworfen, allerdings mit der Maßgabe, dass die verhängte Sperrfrist für eine erneute Antragstellung entfällt.
2. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 24.05.2011 gegen die Entscheidung aus dem Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg mit Sitz in Celle vom 13.05.2011, mit der diese es abgelehnt hat, die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Celle vom 06.01.2010 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 17.11.2010 zur Bewährung auszusetzen, ist erledigt.
3. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 19.05.2011 gegen den gesonderten Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg mit Sitz in Celle vom 13.05.2011 auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens wird als unzulässig verworfen.
4. Der Verurteilte hat die Kosten der Beschwerdeverfahren und die ihm insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Für die Entscheidung zu Ziff. 2. sind Kosten nicht entstanden.
5. Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).
Gründe
I. Gegen den Verurteilten wird derzeit die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt. Diese hat das Landgerichts Landshut mit Urteil vom 25.09.1997 in Verbindung mit dem Urteil vom 26.10.1998 angeordnet neben einer zugleich verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 3 Monaten wegen Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen schwerer räuberischer Erpressung.
Dem lag zum einen ein Raubüberfall auf eine Lottoannahmestelle am 24.01.1992 zugrunde, bei dem der Verurteilte das Opfer mit Faustschlägen ins Gesicht und mit Fußtritten in verschiedene Körperregionen schwer misshandelte und bei der er und ein Mittäter etwa 8.000, DM erbeuteten. Die Kammer hat hierfür eine Einzelfreiheitsstrafe von 3 Jahren verhängt.
Ferner wurde abgeurteilt ein Banküberfall, den der Verurteilte nur wenig später, nämlich am 17.02.1992 gemeinsam mit zwei Mittätern beging. Der Verurteilte drang maskiert und bewaffnet in die Schalterhalle des Geldinstituts ein und zwang eine Angestellte mit vorgehaltener - nicht ausschließbar ungeladener - Schusswaffe dazu, den Tresor zu öffnen und das dort befindliche Bargeld herauszugeben. So erlangten die Täter etwa 50.000, DM. Das Landgericht hat hierfür auf eine Einzelfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 3 Monaten erkannt.
Die Gesamtfreiheitsstrafe ist vollständig verbüßt. 10 Jahre der Sicherungsverwahrung werden am 16.09.2014 vollzogen sein.
Die Vollstreckung der Maßregel musste in der Vergangenheit mehrfach unterbrochen werden zum Zwecke der Verbüßung einer Restersatzfreiheitsstrafe sowie von drei jeweils mehrmonatigen Freiheitsstrafen, die sämtlich verhängt wurden wegen während der Haft begangener Beleidigungen. Zuletzt wurde in der Zeit vom 08.02 bis zum 07.06.2011 die Freiheitsstrafe von 4 Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Celle vom 06.01.2010 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 17.11.2010 vollstreckt.
Auch vor der Anlassverurteilung durch das Landgericht Landshut war der Untergebrachte bereits zahlreich wegen Eigentumsdelikten und wegen Verstößen gegen das Waffengesetz strafrechtlich in Erscheinung getreten. Unter anderen wurde er vom Landgericht Bayreuth am 22.07.1975 wegen schweren Raubes und wegen Diebstahls mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten belegt, die er bis zum 17.10.1980 voll verbüßt hat. Dem lag ein Raubüberfall vom 13.03.1975 zugrunde. Der Verurteilte war nachts in ein Bankgebäude eingedrungen. Als am Morgen dort der Zweigstellenleiter zum Dienstantritt erschien, bedrohte der maskierte Verurteilte diesen mit einer täuschend echt aussehenden Pistolenimitation und zwang ihn, den Tresor ...