Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 30.09.1992; Aktenzeichen 18 AktE 1/91) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluß der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 30.09.1992 – 18 AktE 1/91 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Kosten des gesamten Verfahrens von den Antragsgegnerinnen zu tragen sind.
Beschwerdewert: 100.000,– DM.
Gründe
Durch Kauf- und Abtretungsvertrag vom 21.11./07.12.1989 erwarb die Antragsgegnerin zu 2 von der … per 01.10.1989 sämtliche Aktien der Antragsgegnerin zu 1, die zum damaligen Zeitpunkt noch in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführt wurde. In der Folgezeit wurde der Konzern der Antragsgegnerin zu 1 in den Konzern der Antragsgegnerin zu 2 integriert. Zu diesem Zweck wurde der laufende Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin zu 1 durch Betriebsübertragungsvertrag vom 25.09.1990 per 01.10.1990 an die Antragsgegnerin zu 2 übertragen, mit Ausnahme von Grundbesitz, Beteiligungen und Rückstellungen, insbesondere für laufende Pensionszahlungen. Die am 01.10.1990 mit der Antragsgegnerin zu 1 bestehenden Arbeitsverhältnisse gingen gem. § 613a BGB auf die Antragsgegnerin zu 2 über. Ferner schlossen die Antragsgegnerinnen am 28.09.1990 einen Ergebnisabführungsvertrag, demzufolge die Antragsgegnerin zu 1 ebenfalls per 01.10.1990 finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in den Konzern der Antragsgegnerin zu 2 eingegliedert und zur arbeitnehmer- und funktionslosen Zwischenholding wurde. Von einer Verschmelzung der beiden Antragsgegnerinnen wurde aus bilanztechnischen und steuerlichen Gründen Abstand genommen, da es anderenfalls in der Bilanz der Antragsgegnerin zu 2, der aufnehmenden Gesellschaft, zu erheblichen buchmäßigen Verschmelzungsverlusten gekommen wäre. Während sich der Aufsichtsrat der. Antragsgegnerin zu 2 nach den Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 (MitbestG) bildet, war der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 1 zum Zeitpunkt der Eingliederung nach dem Mitbestimmungs-Ergänzungsgesetz von 1965 (MitbestErgG) zusammengesetzt. Anläßlich der Umwandlung der Antragsgegnerin zu 1 in eine GmbH gem. §§ 369 ff AktG beschloß der Vorstand der bisherigen Aktiengesellschaft im Januar 1991, für die umgewandelte, arbeitnehmer- und funktionslose GmbH von der Bildung eines Aufsichtsrates abzusehen (§ 52 GmbHG). Die Umwandlung wurde am 14.06.1991 in das Handelsregister eingetragen. Zum 30.09.1989 beschäftigte der Konzern der. Antragsgegnerin zu 1 rund 39.000 Mitarbeiter, wies ein gezeichnetes Kapital von 425 Mio. DM und eine Montanquote von 36,1 % auf. Bis zum Jahresende sank die Mitarbeiterzahl auf rund 38.000. Die Antragsgegnerin zu 2 wies per 31.12.1989 (allein) eine Mitarbeiterzahl von rund 26.000 und ein gezeichnetes Kapital von knapp 404 Mio. DM auf. Im Januar 1990 wurde das Grundkapital zur Finanzierung des Erwerbes der Antragsgegnerin zu 1 um rund 303 Mio. DM erhöht. Nach der Eingliederung des Konzerns der Antragsgegnerin zu 1 im Jahre 1990 betrug die Montanquote für den Gesamtkonzern der Antragsgegnerin zu 2 28,7 % im Inlands- und 23,4 % im In- und Auslandsgeschäft, zum 30.09.1991 betrug die Montanquote für das Inlandsgeschäft 23,9 % und die für das In- und Auslandsgeschäft nur noch 19,6 %.
Die Antragstellerinnen haben sich dagegen gewandt, daß die bisher von der Antragsgegnerin zu 1 beherrschten Unternehmen infolge der Form des Zusammenschlusses der beiden Konzerne aus der Montanmitbestimmung herausfallen.
Zu ihrem Antrag, festzustellen, daß bei der Antragsgegnerin zu 1 ein Aufsichtsrat nach den Vorschriften des MitbestErgG zu bilden sei, haben die Antragstellerinnen auf die Regelungen des § 16 II MitbestErgG verwiesen, für deren Auslegung sowohl deren Schutzfunktion als auch deren geschichtliche Entwicklung miteinzubeziehen seien. Für das Ingangsetzen der Auslaufklausel des § 16 II Nr. 2 MitbestErgG komme es nicht (mehr) darauf an, ob das bisher herrschende Unternehmen weiter herrsche, vielmehr reiche es zur 6jährigen Fortgeltung der §§ 5–13 MitbestErgG aus, wenn die Kündigung des letzten Beherrschungsvertrages zu einem montanmitbestimmten Unternehmen erfolgt sei. Das ergäbe sich daraus, daß anläßlich der Gesetzesnovelle zum MitbestErgG im Jahre 1988 auf das bis dahin in § 16 II Nr. 2 MitbestErgG (Fassung 1988) zusätzlich enthaltene Kriterium, die Beendigung der Beherrschung eines montanmitbestimmten Unternehmens „aufgrund eines Organschaftsverhältnisses”, verzichtet worden sei. Außerdem würde diese Auslegung auch durch einen Vergleich mit der Regelung des § 16 II Nr. 1 MitbestErgG gestützt. Unter Berücksichtigung der dort genannten Bezugnahme auf § 3 MitbestErgG sei zu schließen, daß § 16 II Nr. 2 MitbestErgG erst dann greifen könne, wenn im Bereich des Montan-MitbestG weniger als in der Regel 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt würden und darüberhinaus auch kein montanmitbestimmtes Unternehmen mehr beherrscht werde, d.h. wenn nur noch ein einfacheres Abhängigkeitsverhältnis vorläge. Ferner sei davon auszugehen, daß die Leitu...