Leitsatz (amtlich)
Es reicht aus, die Erklärung gem. §§ 124 Nr. 2, 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO im Beschwerdeverfahren nachzuholen, um die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung abzuwenden. Da § 124 Nr. 2 ZPO keinen Sanktionscharakter hat, bleibt es bei der Grundregel des § 571 Abs. 2 ZPO.
Die Partei braucht die Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht zu entschuldigen.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, § 124 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Beschluss vom 07.10.2008; Aktenzeichen 3 O 365/04) |
Tenor
Der Beschluss des LG Lüneburg, Az.: 3 O 365/04, vom 7.10.2008 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 16.1.2009 wird aufgehoben.
Gründe
I. Dem Beschwerdeführer wurde mit Beschlüssen vom 31.5.2005 und 2.8.2006 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Mit Verfügung vom 26.8.2008 wurde der Beschwerdeführer unter Beifügung eines Formulars JV 205 gebeten mitzuteilen, ob und inwieweit sich seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse geändert hätten. Es wurde um Antwort innerhalb von zwei Wochen gebeten. Da diese Frist fruchtlos verstrich, wurde er mit Verfügung vom 19.9.2008 erneut um Übersendung der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gebeten. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Prozesskostenhilfe aufgehoben würde, sollte er sich nicht fristgerecht, nämlich innerhalb von 10 Tagen, äußern.
Mit dem dem Beschwerdeführer am 11.10.2008 zugestellten Beschluss vom 7.10.2008 wurde die bewilligte Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben. Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde vom 21.10.2008 hat der Beschwerdeführer zunächst in Kopie den Beschluss des AG Uelzen vom 4.4.2007 (Az.:...) über die Eröffnung seines Insolvenzverfahrens übersandt.
Mit Verfügung vom 27.10.2008 bat das LG den Beschwerdeführer um Mitteilung, warum er sich trotz zweimaliger Aufforderung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse erklärt habe. Allein der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens reiche nicht aus, da zu prüfen sei, ob einzusetzendes Einkommen gem. § 115 Abs. 2 ZPO verbleibe. Hierauf reagierte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 31.10.2008, mit dem er den Leistungsbescheid der Agentur für Arbeit U. vom 22.1.2008 sowie mit weiterem Schriftsatz vom 11.12.2008 einen Mietvertrag vom 25.1.2007 übersandte.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Der Kläger sei in grob nachlässiger Weise seiner Pflicht zur Abgabe der Erklärung gem. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht nachgekommen. Zwar könne die Beschwerde auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Die Verspätung erfülle diese Voraussetzungen nicht, da der Beschwerdeführer seinen Anspruch bereits durch die Nachlässigkeit verloren habe. Andernfalls bliebe die gesetzliche Sanktion folgenlos. Als ausreichend könne nur eine Erklärung angesehen werden, mit der neben der Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse auch eine Begründung für die Pflichtverletzung geliefert würde. Das sei hier nicht geschehen.
II. Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1, 20 Nr. 4 lit. c. RPflG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
1. Im Beschwerdeverfahren gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung kann die Partei eine nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO geforderte Erklärung auch dann nachholen, wenn sie die Frist für die Erklärung schuldhaft versäumt hat.
Nach § 124 Ziff. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat. Nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Der Kläger ist dem Verlangen des Gerichts bis zur aufhebenden Entscheidung bis zur Aufhebung derselben nicht nachgekommen. Erst mit der sofortigen Beschwerde hat er sich hiergegen gewandt. Das reicht grundsätzlich aus.
Nach § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann die Beschwerde auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Die Beschwerdeinstanz ist eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz. Die Fristen nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO sind auch keine Ausschlussfristen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 120 Rz. 29, § 124 Rz. 39; Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 120 Rz. 28). Für die Annahme von Ausschlussfristen hätte es einer entsprechenden gesetzlichen Regelung bedurft. Anders als beispielsweise in der Berufungsinstanz, wo verspätetes tatsächliches Vorbringen ausdrücklich von § 531 ZPO sanktioniert werden kann, fehlt es an einer entsprechenden Regelung in § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO. Dieser sieht nur die Einräumung von Erklärungsfristen durch das Gericht vor. Deren Sinn besteht darin, dass erforderliche Erklärungen und Nachweise binnen angemessener Zeit beschafft werden. Ein endgültiger Rechtsverlust ist mit der Versäumung der Fristen nicht verbunden. Auch die Aufhebung der Prozesskoste...