Leitsatz (amtlich)

1. Ein Bescheid des georgischen Justizministeriums, in dem mitgeteilt wird, dass für das von einer Leihmutter geborene Kind in dessen Geburtsakte die Wunscheltern als rechtliche Eltern eingetragen sind, stellt keine Entscheidung dar, die nach § 108 Abs. 1 FamFG anerkannt werden kann (vgl. BGH FamRZ 2019, 890).

2. Auch eine Gesamtbeurteilung i.S.e. dreigliedrigen Prüfung der Geburtsurkunde, des ergangenen Bescheids sowie eines georgischen Urteils, in dem der Antrag der Wunscheltern auf Feststellung ihrer rechtlichen Elternschaft im Hinblick auf die bestehende Geburtsurkunde als unzulässig abgewiesen wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

3. Auf einen Hilfsantrag kann in diesem Verfahren die Vaterschaft des genetisch verwandten Wunschelternteils gemäß § 1600d Abs. 1 BGB auf der Grundlage eines in Georgien eingeholten genetischen Abstammungsgutachtens festgestellt werden.

4. Das Recht der Wunscheltern auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK sowie das Elternrecht aus Art. 6 GG werden dadurch nicht verletzt.

 

Verfahrensgang

AG Neustadt a. Rbge. (Aktenzeichen 31 F 114/19)

 

Tenor

I. Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Antragsteller vom 16. August 2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt a.Rbge. vom 10. Juli 2019 wird auf den Hilfsantrag der Antragsteller festgestellt, dass der Beteiligte zu 2 Vater des Kindes T. F., geboren am ... 2016, ist.

Die weitergehenden Anträge der Antragsteller in erster Instanz werden zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

III. Der Verfahrenswert wird auf 7.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller begehren mit ihrem Antrag vom 21. Mai 2019 die Feststellung, "die Entscheidung des Justizministeriums Georgien Nr. ... vom ... April 2019 in der Bundesrepublik Deutschland" anzuerkennen.

Der am ... 1966 in Tiflis geborene Antragsteller, der die georgische Staatsangehörigkeit hat und seit 2010 in Deutschland lebt, und die am ... 1971 in Kasachstan geborene Antragstellerin, die seit 1997 in Deutschland lebt und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, sind seit dem ... 2010 verheiratet. Sie leben mit der am ... 2016 in Tiflis geborenen T. seit deren Geburt sowie mit deren am ... 2018 geborenen Schwester A. (hierzu das Verfahren 21 UF 172/19) in einem gemeinsamen Haushalt. Die Antragsteller haben aus vorangegangenen Beziehungen volljährige Kinder.

Da sie auf natürlichem Weg keine gemeinsamen Kinder in ihrer Ehe empfangen konnten, haben die Antragsteller am ... Februar 2018 mit der M. G. einen - nach dem zeitlichen Ablauf auf die Tochter A. und eine andere Leihmutter bezogenen, aber für die Tochter T. nach dem Vorbringen der Antragsteller identischen - Service- bzw. Agenturvertrag geschlossen, wonach die Agentur verpflichtet ist, den Antragstellern als potentiellen Eltern bei der Suche und Auswahl einer Leihmutter zu helfen, einen Kontakt herzustellen sowie die Abwicklung der Leihmutterschaftsbeziehung zu begleiten. Auf der Grundlage dieses Vertrages schlossen die Antragsteller, vertreten durch Frau M. K., am ... Dezember 2015 mit der nicht verheirateten Leihmutter Frau ... S., geboren am ... 1977 in Tiflis, einen Leihmutterschaftsvertrag. Gegenstand dieses Vertrages war, dass der Leihmutter ein befruchteter Embryo (Ziff. 3.1.1 Embryotransfer) übertragen und nach der Geburt das Baby an die potentiellen Eltern übergeben wird (Ziffer 1.2). Die Leihmutter verpflichtete sich, neben besonderen Verhaltensregeln während der Schwangerschaft "bei der Geburt des Kindes" dieses an die potentiellen Eltern weiterzugeben (Ziffer 2.1.6).

Die Antragsteller als potentielle Eltern verpflichteten sich zur Zahlung eines Betrages von insgesamt 12.000 US $ an die Leihmutter, der in monatlichen Raten von 300 US $ sowie weiteren Einzelbeträgen vor und nach der Entbindung fällig war und von den Antragstellern gezahlt wurde.

Unter Ziffer 6.2. bestätigte die Leihmutter, dass "sie genug Zeit und Gelegenheit hatte, um den Vertrag kennen zu lernen, und dass sie während der Unterzeichnung voll zurechnungsfähig war. Der Vertrag wurde von ihr freiwillig, eigenhändig unterschrieben, (...)." Weiter heißt es unter Ziffer 6.2.3:

"Nach dem Art. 143, Teil II des Gesetzes Georgiens' über Gesundheitswesen' gelten als die Eltern des Neugeborenen die leiblichen Eltern (potentielle Eltern) und eine Leihmutter hat kein Recht, als Elternteil des Neugeborenen anerkannt zu werden."

In der "Einverständniserklärung" vom 4. Dezember 2015 erklärte die Leihmutter, dass sie dem am gleichen Tag geschlossenen Leihmuttervertrag zustimme und "kein Recht und/oder Anspruch auf die extrakorporal geborenen Kinder/das extrakorporal geborene Kind der Eltern [es folgen die Namen und Daten der Antragsteller] habe und haben werde (...)", wobei die Unterschriften der Leihmutter sowie der Vertreterin der Antragsteller notariell beglaubigt wurden. Im Übrigen wird auf die in Kopie und Übersetzung zur Akte gereichten Verträge Bezug genommen.

Hinsichtl...

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